Dienstag, 13. August 2013

Ein halbwegs einfaches Zentralschloss für Modellbahnen: Projektierung Teil 2

Das ist das letzte Posting zu meinem Versuch, mit möglichst einfachen Mitteln ein Zentralschloss oder Schlüsselwerk zu bauen. Die Beschreibung der Konstruktion ist in vier vorhergehenden Postings zu finden, im letzten Posting und in diesem hier beschäftige ich mich mit der Projektierung von Zentralschlössern. Nach den ersten beiden Beispielen im letzten Posting kommen hier nun Projektierungsvorschläge für die Beispiele C. und D.

Beispiel C.

Der Schritt vom vorherigen zu diesem Beispiel ist nicht schwierig – nur die Menge der Weichen, Fahrwege und Signale erhöht sich.


Hier ist der Verschlussplan samt Schlüsselformen – drei Anmerkungen dazu:
  • Die W3 soll auch bei einer Fahrt in oder aus Gleis 1 Flankenschutz bieten.
  • Die W4 hingegen ist keine Flankenschutzweiche (dazu liegt sie zu weit hinten), daher muss sie nur bei Fahrten im Gleis 1 korrekt stehen und verschlossen sein.
  • Die drei ganz rechten Spalten sind nur nötig, wenn der Verschluss von Gegenfahrten im Zentralschloss stattfinden soll; wenn er im Signalstellwerk erfolgt, können sie entfallen (siehe Erklärung beim Beispiel B.). Die (einfache!) Projektierung eines Einfahrt/Ausfahrt-Hilfsschlüssels überlasse ich dem geneigten Leser:
FahrwegSig-schl.
W1+
W1–
W2+
W2–
W3+
W3–
W4+
Gl.1 v.Re
Gl.2 v.Re
Gl.3 v.Re
W-schl.
 
p
q
r
s
t
u
v
 
 
 
Gl.1 v. Reb (A 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.2 v. Rea (A 1fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.3 v. Reb (A 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.1 n. Rec (H1 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.2 n. Red (H2 1fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.3 n. Ree (H3 2fl.)
 
 
 
 
 
 

Beispiel D.

Der ganze Bahnhof sieht so aus:


Wie oben schon angemerkt, ist es eher unwahrscheinlich, dass ein so vollständig signalisierter Bahnhof nur ein Zentralschloss im Mittelstellwerk hätte – aber möglich ist es, und wir wollen hier übungshalber auch eine solche Anlage projektieren.

Bei der Projektierung für einen ganzen Bahnhof müssen über die Weichenstellungen hinaus auch Gegenfahrten auf Bahnhofsgleisen und eventuell weitere feindliche Fahrstraßen ausgeschlossen werden. Diese Ausschlüsse werden, weil sie sich nicht aus den Weichenstellungen ergeben, als „besondere Fahrtausschlüsse“ bezeichnet.
  1. Offensichtlich müssen Gegeneinfahrten auf dasselbe Bahnhofsgleis von jeder Sicherungsanlage ausgeschlossen werden (dagegen sind Ausfahrten von einem Bahnhofsgleis in beide Richtungen erlaubt).
  2. In vielen Ländern ist oberhalb einer relativ niedrigen Streckengeschwindigkeit auch ein „Durchrutschweg“ (auch Schutzweg oder Schutzstrecke genannt) hinter dem Zielpunkt einer Zugfahrt vorgeschrieben. Wenn dieser Durchrutschweg in eine andere Fahrstraße hineinreicht, muss diese ausgeschlossen werden (überlappende Durchrutschwege hingegen werden im Allgemeinen zugelassen).
  3. Zuletzt werden Durchfahrten über nicht durchgehende Hauptgleise häufig ausgeschlossen.

Alle solchen Ausschlüsse sind symmetrisch, d.h. wenn eine Fahrt X eine Fahrt Y ausschließt, dann schließt auch Y X aus. Das erspart bei der Zusammenstellung der besonderen Ausschlüsse die Hälfte der Arbeit!

Im Beispiel führen diese Regeln zu folgenden besonderen Fahrtausschlüssen zwischen den beiden Bahnhofsköpfen:
  • Einfahrten von Re:
    • Gl.1 v. Re schließt aus: Einfahrt Gl.1 v. Li (wegen 1. – Gegeneinfahrt), alle Ein- und Ausfahrten Richtung Li auf Gl.2 und 3 (wegen 2. – Durchrutschweg hinter R1!), Ausfahrt Gl.1 n. Li (wegen 3. – keine Durchfahrt) – also tatsächlich alle Fahrten am linken Bahnhofskopf, allerdings aus verschiedenen Gründen.
    • Gl.2 v. Re schließt ebenfalls alle Fahrten am linken Bahnhofskopf aus außer der Ausfahrt Gl.2 n. Li für eine Durchfahrt (Durchfahrten auf durchgehenden Hauptgleisen will man wirklich immer zulassen!).
    • Gl.3 v. Re schließt wieder alle Fahrten am linken Bahnhofskopf aus.
  • Ausfahrten nach Re:
    • Gl.1.n.Re schließt zwei Einfahrten aus, nämlich Gl.1 v.Li (wegen 3.) und Gl.2 v.Li (wegen 2.), aber nicht Gl.3 v.Li, weil dort der Durchrutschweg ins Gleis 3a führen kann (wenn das nicht aus anderen Gründen – Ladegleis? – nicht erlaubt ist, was wir einmal nicht annehmen). Ausfahrten nach Li sind alle erlaubt.
    • Gl.2.n.Re schließt nur die Einfahrt Gl.1.v.Li (wegen 2.) aus. Die Durchfahrt mit Gl.2 v.Re und die Einfahrt auf Gl.3 sind erlaubt, und die Ausfahrten sowieso.
    • Gl.3 n.Re schließt schließlich aus: Gl.1 v.Li (wegen 2.), Gl.2 v.Li (auch wegen 2.), Gl.3 v.Li (wegen 3.).

Weil alle diese Ausschlüsse symmetrisch sind und wir hier nur mehr Ausschlüsse zwischen den beiden Bahnhofsköpfen untersuchen mussten, haben wir damit auch die Ausschlüsse der Fahrten von und nach Li fertig analysiert.

Ein möglicher Verschluss- und Projektierungsplan für diesen Bahnhof ist hier dargestellt:



Zweirichtungsprojektierung


Die Einrichtungsprojektierung erfordert in vielen Fällen jeweils zwei Schubstangen, die exakt dieselben Weichen verschließen, nämlich für jede Richtung einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Zusätzlich sind weitere Verschlüsse nötig, um diese beiden Schubstangen gegeneinander zu verriegeln – entweder im Signalstellwerk, oder durch zusätzliche vertikale Schieber im Zentralschloss. Das macht solche Schlösser gerade für einfache Verhältnisse ziemlich aufwendig, wie man an den Beispielen B. und C. im letzten Abschnitt gesehen hat.

Bei der Zweirichtungsprojektierung wird dagegen für jede Verbindung zwischen zwei Punkten nur eine Schubstange für beide Richtungen vorgesehen – allerdings wird dann die Freigabe der Signale bei mehr als zwei Gleisen und bei Gruppenausfahrsignalen schwieriger. Weil die Zweirichtungsprojektierung aber in manchen Fällen doch einiges an Aufwand spart, projektieren wir jetzt zwei Zentralschlösser damit durch.

Beispiel B. mit Zweirichtungsprojektierung


Für die zwei möglichen Gleise sehen wir zwei Fahrstraßenschieber vor; die Weichenschlüssel für die eine Weiche bleiben wie gehabt:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von und nach Gl. 1
 
 
von und nach Gl. 2
 
 

So weit, so gut – aber welche Signalschlüssel verwenden wir?

Das Problem ist, dass
  • für Einfahrten zwei verschiedene Schlüssel nötig sind, weil das Einfahrsignal A für Gleis 1 einflügelig, für Gleis 2 aber zweiflügelig, also mit zwei verschiedenen Hebeln (oder Schlüsselschaltern bei elektrischer Bedienung) freigestellt werden muss;
  • für Ausfahrten aus beiden Gleisen die gleiche Bedienung nötig ist, nämlich Freistellen des einflügeligen H1-2.
Eine mögliche Lösung ist die Verwendung eines „Gruppenschlosses“ für das Ausfahrsignal. Wenn wir dort etwa ein Gruppenschloss „ac“ einsetzen, dann können folgende Signalschlüssel verwendet werden:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von und nach Gl. 1
a (A 1fl. [a]; H1-2 [ac])
 
von und nach Gl. 2
c (A 2fl. [c]; H1-2 [ac])
 

Sowohl der Schlüssel a als auch der Schlüssel c (aber nur diese beiden) sperren das Schloss am Signalhebel von H1-2, das also für beide Ausfahrten freigestellt werden kann. Zugleich erkennt man, dass Gegenfahrten nicht mehr gestellt werden können, weil ja nur ein Schlüssel pro Fahrweg vorhanden ist – es wird also erzwungen, dass nur entweder das Einfahrsignal oder das Ausfahrsignal freigestellt werden kann.

Beispiel C. mit Zweirichtungsprojektierung


Auch dieses Beispiel lässt sich mit Zweirichtungsprojektierung projektieren:
  • Jedes der Ausfahrsignale erhält natürlich ein Schloss mit eigener Schlüsselform.
  • Für das zweiflügelige Freistellen des Einfahrsignals in Gleis 1 oder 3 verwenden wir ein Gruppenschloss „ac“, damit die beiden Ausfahrsignale die verschiedenen Schlüssel a und c verwenden können:
FahrwegSig-schl.
W1+
W1–
W2+
W2–
W3+
W3–
W4+
W-schl.
 
p
q
r
s
t
u
v
v.u.n. Gl.1a (A 2fl. [ac], H1 [a])
 
 
 
 
v.u.n. Gl.2b (A 1fl. [b], H2 [b])
 
 
 
 
v.u.n. Gl.3c (A 2fl. [ac], H3 [c])
 
 
 
 

Man sieht, dass dieses Zentralschloss – bei gleicher Sicherheit! – signifikant kleiner als bei Einrichtungsprojektierung wird: Statt 13 Schlössern und 16 Schiebern hat es nur 10 Schlösser und Schieber.

Im Beispiel D. kann die Zweirichtungsprojektierung allerdings ihre Vorteile nicht mehr ausspielen, weil die besonderen Verschlüsse für Fahrten auf verschiedenen Bahnhofsköpfen doch getrennt realisiert werden müssen. Und weil dabei Einfahrt und Ausfahrt für jedes Bahnhofsgleis wegen der Gegeneinfahrten, aber auch wegen der Durchrutschwege praktisch immer verschiedene besondere Verschlüsse benötigen, müssen dafür auch zwei verschiedene Schlüssel verwendet werden. Eine Zweirichtungsprojektierung ist dann praktisch nie mehr möglich.


Damit beende ich nach sechs Postings meinen Versuch, ein „erschwingliches“ Zentralschloss oder Schlüsselwerk für Modellbahnen zu konstruieren. Wenn jemand Lust hat, kann er gerne nach meinen Plänen so etwas bauen – oder auch, weil ihm nun klar geworden ist, dass meine Entscheidungen (für Material, Fertigung, Konzept oder was auch immer) genau „falsch herum“ sind, genau das Gegenteil entwerfen – wie immer das dann aussieht. Mehr, als dass irgendwo irgendwer ein Stückchen mehr versteht, was sich in so einem Stellwerk eigentlich abspielt oder abspielen kann, wollte ich auch hier nicht erreichen.

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