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Freitag, 14. März 2014

Mechanische Endstellwerke und Formsignale im Jahr 2014: Braunau am Inn

Selten komme ich noch dazu, Stellwerksanlagen aufzunehmen. Vor ein paar Wochen allerdings bin ich in einem der letzten österreichischen Bahnhöfe vorbeigekommen, der noch mechanische Endstellwerke und einige Formsignale besitzt: In Braunau am Inn läuft der Betrieb noch ziemlich genau so wie in den letzten 100 Jahren. Die Bahnhofsanlage ist aber sogar noch interessanter:
  • Aus der Anschlussbahn der Aluminiumwerke (AMAG – Vereinigte Metallwerke Ranshofen – Berndorf) sind signalmäßige Einfahrten in den Bahnhof möglich;
  • Knapp vor dem Bahnhof liegt die Abzweigung Dietfurt (Abzw. Mining 1), die als Stellwerk in die Bahnhofsblockung eingebunden ist.
Hier sieht man einen originalen Lageplan der Anlage, in zwei Teilen aufgenommen:

Lageplan, Braunau am Inn, Februar 2014
Lageplan, Braunau am Inn, Februar 2014

In der Fahrdienstleitung steht ein klassisches Befehlswerk:

Befehlsapparat, Fdl, Braunau am Inn, Februar 2014

Die Anordnung der Blockfelder ist ein wenig "durcheinander":
  • Ganz links sind die drei Felder für das Stellwerk 2 Richtung Simbach.
  • Dann folgen die drei Felder für Einfahrten auf das Signal A (also aus Ried oder Steindorf) für das Stellwerk 1.
  • Danach folgen drei Felder für die Abzweigung Dietfurt (der Ortsname ist hier falsch mit "h" am Ende geschrieben).
  • Und zuletzt wieder Felder für das Stellwerk 1, diesmal für die Einfahrten auf Signal B aus der Anschlussbahn der AMAG ("Alu Ranshofen").

Befehlsapparat, Fdl, Braunau am Inn, Februar 2014

Am Blockaufsatz befindet sich eine kleine Anzeige- und Bedientafel für die Signale, Ersatzsignale und den Streckenblock Richtung Ried.

Signalanzeigen, Braunau am Inn, Februar 2014

Hier ist noch einmal der Blockaufsatz, auf dem man links oben die Blockanbindung Richtung Simbach sieht. Da Richtung Deutschland kein ZG-Block besteht, ist hier wohl eine "Ad-Hoc-Schaltung" zur Bedienung und Anzeige in Betrieb. Auf dem kleinen Bedienpult sind zwei Tasten angebracht, links eine "RWT" (Richtungswechseltaste) und rechts eine "BGT" (Blockgruppentaste), die gemeinsam zum Richtungswechsel dienen:

Blockaufsatz, Braunau am Inn, Februar 2014

Hier sieht man das Detail einer Ausfahrt nach Simbach – unten ist der Fahrstraßenknebel für Gleis 1 auf "A" für "Ausfahrt" umgelegt, das Befehlsabgabefeld ist geblockt (weiß), und das Fahrstraßenauflösefeld ist entblockt, weil am Stellwerk 2 das entsprechende Fahrstraßenfestlegefeld geblockt ist. Ganz links befindet sich ein Knebel zur Freigabe des Schlüssels der Mittelweiche 31:

Befehlswerk links, Braunau am Inn, Februar 2014

Auf der rechten Seite des Befehlswerks ist der Fahrstraßenknebel für eine Fahrt von oder nach Ried durch die Abzweigung Dietfurt noch umgelegt, und die Fahrstraße ist dort auch nicht aufgelöst. Sonst befinden sich alle Blockfelder und Knebel in der Grundstellung:

Befehlswerk rechts, Braunau am Inn, Februar 2014

Zu Fuß habe ich mich dann auf den Weg zur Abzweigung Dietfurt (oder, offiziell, "Abzweigung Mining 1") gemacht. Dort befindet sich eine Hebelbank, der man noch ansieht, dass hier einmal mehr als die zwei Weichenhebelplätze besetzt waren: Eine ganze Menge an Signalhebeln und Riegelhebeln hatten hier Dienst getan:

Hebelbank und Blockapparat, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Heute befinden sich auf der Hebelbank nur mehr zwei Schalter für die beiden elektrisch angetriebenen Weichen. Obwohl die Abzweigung unter der "Befehlsgewalt" der Fahrdienstleitung liegt, ist sie eine eigene Betriebsstelle – das sieht man auch daran, dass ihre Weichen die Nummern 1 und 2 tragen, die es auch im Bahnhof selbst noch einmal gibt:

Weichenschalter, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Am Blockapparat sieht man die zwei verschiedenen Bauarten von Tastensperr-Feldern: Das für Fahrten von Braunau Richtung Ried oder Steindorf ist neben dem Be-Feld angebracht, während jenes für Fahrten nach Braunau am Blockaufsatz montiert ist. Die Signale der Abzweigung hießen übrigens früher offenbar A, B und Z – am Lageplan sind sie noch so bezeichnet, allerdings mit dem Zusatz BS (für Blocksignal?) –, wurden aber dann regelkonform auf A1, B1 und Z1 umgetauft. Am Blockapparat wurden die Einser etwas freihändig dazugemalt. Interessant ist noch die Bezeichnung des Ff-Feldes, nämlich "D": Das scheint mir eine etwas frei erfundene Bezeichnung für Fahrstraßen in Dietfurt zu sein (am Befehlswerk in der Fahrdienstleitung ist das entsprechende Auflösefeld korrekt mit "a1,b1,z1" beschriftet):

Blockapparat, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Hier sind noch zwei Bilder des minimalistischen Gleisanzeigers:

Gleisanzeiger, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Gleisanzeiger, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Die Signale werden über das folgende kleine Pult gestellt (die Ersatzsignale allerdings direkt aus der Fahrdienstleitung):

Signalpult, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Direkt neben dem kleinen Stellwerksgebäude der Abzweigung steht das Einfahrvorsignal a von Braunau. Gleich daneben kann man in der Gegenrichtung das Signal Z1 erkennen (ich hätte es als Deckungssignal bezeichnet, aber die Abkürzung "BS" am Lageplan lässt vermuten, dass es offiziell ein "Blocksignal" ist). Es steht erstaunlich nahe vor der Spitze der Trennungsweiche 2 – sicher viel näher als der übliche "Gefahrpunktabstand" vom 100m:

Einfahrvorsignal a, Abzw.Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Von Dietfurt bin ich dann wieder zurück nach Braunau marschiert. Am Weg dorthin habe ich einige Signale aufgenommen. Das erste war das Vorsignal zum Einfahrsignal B aus der AMAG-Anschlussbahn – in diesem Fall eine einfache feste Scheibe, seit die Kreuztafeln (wann immer das war) abgeschafft worden sind:

Einfahrvorsignal-Scheibe b aus der Anschlussbahn der AMAG, Braunau am Inn, Februar 2014

Braunau ist ganz sicher der letzte österreichische Bahnhof mit zwei Form-Einfahrsignalen auf derselben Seite (oder weiß jemand noch so eine Situation?) (Ergänzung 24.4.2024: Das war 2014 falsch und ist es heute noch – Oberwart gebührt diese Ehre! Danke an zwei Kommentatoren, die das angemerkt haben):

Einfahrsignale B und A, Braunau am Inn, Februar 2014

Das Einfahrsignal A steht eher unüblich zwischen vielen anderen Gleisen – man wird ein wenig an die "Eisenbahnlandschaft in Linz" erinnert:

Einfahrsignal A, Braunau am Inn, Februar 2014

Im Bahnhof habe ich noch das Stellwerk 1 besucht. Die Hebelbank dort schaut noch aus wie in der "guten alten Zeit": Nicht einmal Leerplätze für Ausfahrsignalhebel sind hier sichtbar – vermutlich waren beim Umzug in dieses "neue" Stellwerksgebäude (wann? sechziger, siebziger Jahre?) die Ausfahrsignale schon Lichtsignale, und die Hebelbank wurde neu aufgebaut:

Hebelbank und Blockapparat, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Von rechts nach links sieht man hier
  • den Hebel für das Einfahrvorsignal a,
  • den Doppelhebel für das Einfahrsignal A
  • und den Hebel für das zweiarmige gekuppelte Einfahrsigal B von der AMAG her:

Hebelbank und Blockapparat, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Nur ein Schlüssel für einen Sperrschuh wird über ein Schloss am Schieberkasten mechanisch festgelegt, wie man man vorherigen Bild sieht. Die anderen Schlüssel für eine ganze Reihe von Sperrschuhen (siehe Lageplan weiter oben!) sind in elektrischen Schlüsselsperren auf dem Blockaufsatz verschlossen:

Blockapparat, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Auch hier ist eines der Tastensperrfelder von der Bauart, die am Blockaufsatz montiert ist:

Blockaufsatz, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

An den Sperrenschildern über den Fahrstraßenknebeln sieht man, dass man zu den Aluminiumwerken nicht nur von den signalisierten Gleisen 3, 1, 2 und 4 ausfahren kann, sondern auch von Gleis 6. Aber da bei Ausfahrten Richtung AMAG kein Signal freigestellt wird, erfolgt hier nur eine mechanische Festlegung – im Prinzip ist das eigentlich eine gesicherte Verschubfahrt. Der Wecker über dem Gleisanzeiger dient aus irgendwelchen Gründen als Bilderrahmen für Bananen-, Orangen- und ähnliche Aufkleber:

Gleisanzeiger, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Und hier "steht eine Einfahrt in die Erste" (also auf das Gleis 1):
  • Be-Feld entblockt,
  • Ff-Feld geblockt,
  • Signalhebel "A 1-Arm" nach oben umgelegt,
  • Vorsignalhebel "a" nach oben umgelegt:

Einfahrt, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Das Signalpult habe ich leider mit einer vollen Blitzreflektion aufgenommen – schlecht, aber jetzt ist es passiert ...

Signalpult, Stw.1, Braunau am Inn, Februar 2014

Hier sieht man neben dem Stellwerksgebäude das Vorsignal z1 für das Deckungssignal in Dietfurt:

Stellwerk 1, Vorsignal z1 von Dietfurt, Braunau am Inn, Februar 2014

Und hier rastet sich die 2016.070 vor dem Stellwerk aus:

2016.070 vor dem Stellwerk 1, Braunau am Inn, Februar 2014

Hier wird tatsächlich offenbar einer Garnitur ein Waggon beigestellt oder entzogen – während am Gleis 2 still das Verschubsignal vor sich hinleuchtet:

Ein wenig Verschub, Braunau am Inn, Februar 2014

Die Mittelweiche 31 direkt vor der Fahrdienstleitung hat ihren Stellbock auf dem erhöhten Bahnsteig. Daher muss die Stellstange (was man nicht sehr gut sieht) in einem Winkel nach oben geführt werden:

Weiche 31, Braunau am Inn, Februar 2014

Am der Stellgewicht ist eine "angesägte Stützgabel" angebracht (etwas Ähnliches sieht man in diesem Posting). Ihr Zweck ist wohl, dass bei umgestellter Weiche der Stellhebel samt Gewicht etwas steiler nach oben steht, damit niemand – insbesondere kein Reisender – darüberstolpert:

Weiche 31, Braunau am Inn, Februar 2014

Leider habe ich keine Zeit gehabt, auch noch das Stellwerk 2 zu besuchen – daher gibt es davon nur diese Außenaufnahme mit einem ankommenden 5047:

5047.093, Stellwerk 2, Braunau am Inn, Februar 2014

Zum Schluss noch ein Bild von der Innbrücke zwischen Simbach und Braunau:

Ein 5022 auf der Innbrücke, Braunau am Inn, Februar 2014

Dienstag, 11. März 2014

Oberdrauburg, 1987

Oberdrauburg hatte 1983 noch mechanische Endstellwerke – eine Kombination aus einem Befehlsstellwerk der Bauart 5007 und einem Wärterstellwerk der Bauart SBW500. 1987 hatte es aber ein neues Mittelstellwerk erhalten – allerdings war auch die "neue" Technik relativ altmodisch: Die elektromechanische Bauart 212 basiert auf Schieberkasten und Blockfeldern der alten 5007er-Stellwerke (und wird daher schon seit einiger Zeit als EM5007 bezeichnet):

Stellwerk, Fdl Oberdrauburg, 23.4.1987

Die Anzeigetafel war mit Feldern der Bauart VGS80 aufgebaut:

Stellwerk, Fdl Oberdrauburg, 23.4.1987

Stellwerk, Fdl Oberdrauburg, 23.4.1987

Stellwerk, Fdl Oberdrauburg, 23.4.1987

Die Auflösetaste, die man früher auf einem hölzernen Blockaufsatz untergebracht hätte, ist hier ganz einfach in einem leeren Blockfeld untergebracht – damit erspart man sich jede Art von Aufsatz:

Stellwerk, Fdl Oberdrauburg, 23.4.1987

Und dann bin ich wohl in den bereitstehenden Zug gesprintet, aus dem ich dieses letzte Bild auf das Bahnhofsgebäude geschossen habe:

Bahnhof Oberdrauburg, 23.4.1987