Dieses Posting über mechanische Sicherungsanlagen in den Niederlanden zeigt einen Teil der Anlagen in Simpelveld, dem zentralen Bahnhof der ZSLM. Die Erklärungen werden kürzer sein als in den bisherigen Postings, und auf die letzten beiden Punkte meiner meiner Liste gehe ich dann im nächsten – auch bilderreichen – Text ein.
In Simpelveld habe ich nur ganz kurz in der Fahrdienstleitung vorbeigeschaut. Der Raum ist ziemlich eng, die Fotos daher eher schräg aufgenommen. Man sieht am ersten Bild, dass für die Bahnhofsblockung die in Deutschland übliche "Einzelblockung" verwendet wird, also ein eigenes Blockfeld je Gleis. Auch hier ist wie in Wijlre-Gulpen zu erkennen, dass der Blockapparat an der Decke aufgehängt ist, während der Schieberkasten auf 3414-typischen Ständern steht:
Befehlswerk, post T, Simpelveld, 16.8.2015
Ganz links auf dem Blockwerk ist allerdings ein "unerwartetes" Blockfeld vorhanden, nämlich ein "Voorbijgang"-Feld für einen Streckenblock. Wenn man sich die originale Bedienungsanleitung von Simpelveldaus dem Jahr 1960 ansieht, dann fehlt dieses Feld dort noch. Wieso ist es hier montiert – und ist es Teil eines voll ausgebauten Felderstreckenblocks?
Befehlswerk, post T, Simpelveld, 16.8.2015
Ein Blick auf den Blockaufsatz zeigt, dass das der Fall ist: Hier sind zwei weitere Felder montiert, die als Bezeichnungen "Enkelsp. Spv" und "Blok n.Spv" angeschrieben haben. Die Blockfelder sind von einer Bauart, bei der die Blocktaste unterhalb des Blockfeldes angebracht ist (ähnlich wie viele Tastensperrfelder auf österreichischen Blockanlagen); und natürlich können solche Felder keine mechanischen Verriegelungsaufgaben wahrnehmen, weil keine Druck- und Riegelstangen bis in den Schieberkasten hinabreichen. Was aber kann der Grund für diese Blockfelder sein? - leider habe ich bei meinem Besuch in Simpelveld nicht danach gefragt; wenn ich raten müsste, würde ich Folgendes meinen:
Das Stellwerk in Wijlre-Gulpen ist ja bei normalem Betrieb der Museumsbahn mit einem Zug Richtung Schin op Geul nicht besetzt, der Streckenblock am post II muss aber trotzdem korrekt bedient werden. Die Felder hier am post T "simulieren" in diesem Fall die Fahrdienstleitung in Wijlre, d.h., der Fahrdienstleiter bedient die Felder hier, als wäre er in Wijlre-Gulpen. Weil aber nur ein Zug auf der Strecke sein kann (das muss in irgendeiner Vorschrift festgelegt sein), ist es eigentlich egal, wann er die Felder blockt; deshalb braucht auch das "Voorbijgang"-Feld keine Tastensperre (die ja vom Zug in Wijlre entblockt werden müsste – was sich mit einer Gleichstromübertragung nicht sicher bewerkstelligen lässt; und wegen der fehlenden Zugschlussprüfung auch keine definitive Information ist – eine Tastensperre dient ja nur der Zugmitwirkung an der Blockfreigabe, nicht aber als Grundlage für eine automatische Blockfreimeldung!):
Wecker und unerwartete Streckenblockfelder am Befehlswerk, post T, Simpelveld, 16.8.2015
Das sind leider alle meine Fotos aus der Fahrdienstleitung in Simpelveld – aber die Apparate stehen ja sicher noch lange.
Vom post T aus habe ich mich dann auf den Weg zum post I gemacht. Unterwegs habe ich einige der Außenanlagen aufgenommen. Zur Zuordnung der Bilder, aber auch um einige Besonderheiten zu erklären, ist hier ein Gleisplan (Klick öffnet eine lesbares PDF-Datei):
Hier sieht man die Ausfahrsignale Richtung Kerkrade und Deutschland. Statt des Signals CKR3 ganz rechts stand hier früher ein Ausleger mit zwei Flügeln für die Richtungssignalisierung auf die beiden Strecken nach Kerkrade und Richterich. Am Stellwerk befinden sich auch, wie wir sehen werden, noch immer zwei getrennte Signalhebel für diese beiden Fahrmöglichkeiten, sodass sich die Frage stellt, wie mit diesen beiden Hebeln ein- und derselbe Signalflügel auf frei gestellt werden kann – das sehen wir uns dann im nächsten Posting an. Das Signal C1 steht wegen besserer Sichtbarkeit links vom Gleis 1; ein kleiner schräger Pfeil am Signal weist darauf hin, dass es für dieses Gleis gilt:
Ausfahrsignale C1, C2 und CKR3, Simpelveld, 16.8.2015
Hier sieht man dieses Signal von hinten, mit den typischen schrägen Streifen am Signalflügel:
Ausfahrsignal C1, Simpelveld, 16.8.2015
Ausfahrsignal C1, Simpelveld, 16.8.2015
Zwischen den Gleisen 1 und 2 steht dieses niedrige Rangiersignal. Die beiden Pfeile zeigen an, dass es für beide Gleise gilt – es ist also sozusagen ein "Gruppenrangiersignal". Im Gegensatz zu den deutschen Sperrsignalen, die auch bei Zugfahrten gestellt werden und daher mit der Fahrstraßenlogik zusammenwirken müssen, sind Rangiersignale wie in den Niederlanden oder auch in Österreich unabhängig von Weichenstellungen und können daher leicht mit ziemlich beliebiger Bedeutung aufgestellt werden (ein etwas extremeres Beispiel waren etwa die beiden parallelgeschalteten (Licht-)Verschubsignale am Penzinger Verschiebebahnhof, die im wesentlichen signalisierten "keine Zugfahrt eingestellt, Verschub auf diesem Bahnhofskopf erlaubt"). Auch hier in Simpelveld muss durch "gegenseitige Rücksichtnahme" sichergestellt werden, dass nicht zwei Rangiergarnituren auf Gleis 1 und 2 das Signal als Auftrag verstehen und zugleich losfahren:
Rangiersignal R1-2, Simpelveld, 16.8.2015
Das hohe Rangiersignal Q gibt gar den Verschub auf allen Gleisen von 3 bis 18, also zwischen allen Bahnhofsgleisen – außer 1 und 2 – und allen Gleisen in Richtung Heizhaus frei:
Rangiersignal Q3-18, Simpelveld, 16.8.2015
Der Antrieb des Signals ist ziemlich einfach und vollständig offen. Der Signalkörper wird indirekt über einen Kurbel um 90° verdreht, wenn sich die Antriebsscheibe um 180° dreht. Dadurch ist die Stellung des Signals übrigens ziemlich unabhängig von einer eventuellen Wärmedehnung der Stelldrähte – in den Endstellungen der Antriebsscheibe ist der Verbindungshebel zur Kurbel ja nahezu im Totpunkt:
Signalantreb am Rangiersignal Q3-18, Simpelveld, 16.8.2015
Hier sieht man die kleine Rangierlok bei einer Fahrt:
Rangierlok 332-3 vor Rangiersignal Q3-18, Simpelveld, 16.8.2015
Umstellen der ortsbedienten Weiche 12B, Simpelveld, 16.8.2015
Rangiersignal Q3-18, Simpelveld, 16.8.2015
Rangierlok 332-3 am Rangiersignal Q3-18, Simpelveld, 16.8.2015
Als nächstes folgen einige Bilder von Weichenstellvorrichtungen und Weichenriegeln:
Die Weiche 12A ist ortsbedient, hat aber einen Riegel (wie im vorherigen Posting erklärt, haben die Weichen keine Spitzenverschlüsse, sodass sie für alle Zugfahrten geriegelt werden müssen).
Weiche 12A, Simpelveld, 16.8.2015
Die Bezeichnung 12A weist darauf hin, dass eine weitere Weiche 12B gemeinsam mit dieser hier durch einen Hebel am Stellwerk bedient wird – in diesem Fall gibt es also einen gemeinsamen Riegelhebel, und daher müssen beide Riegel in den Drahtzug eingeschleift sein. Man sieht auf dem folgenden Bild schön, dass der Drahtzug aus dem Riegelantrieb nicht zum Stellwerk zurückkehrt, sondern weiter zur Weiche 12B läuft:
Durchgangsriegel an der Weiche 12A, Simpelveld, 16.8.2015
Interessanter ist die nächste Weiche mit der Bezeichnung 13A, die auch daraufhin weist, dass hier eine weitere Weiche 13B gemeinsam mit dieser bedient wird. Bei der Weiche 13A sind aber Zugfahrten über beide Stränge möglich (siehe den Gleisplan oben), sodass sie nicht nur gemeinsam mit 13B geriegelt, sondern auch gestellt werden muss. Und tatsächlich sehen wir hier einen Durchgangsweichenantrieb, also einen Antrieb, der mit einem weiteren "in Serie" verbunden ist! Ich kenne diese Verbindung zweier gegenüberliegender Weichen sonst nur von Stellwerken mit Gestängeleitung – in Großbritannien ist der Antrieb zweier Weichen einer Gleisverbindung über einen gemeinsamen Hebel die Regel. An Weichen mit Antrieb durch Doppeldrahtzug habe ich das nirgends gesehen – mit einer Ausnahme: Auf der schmalspurigen Ybbstalbahn wurden an einigen Gleisverbindungen jeweils zwei 9SA-Antriebe mit einem Hebel gestellt. In den Niederlanden war diese Anordnung allerdings auf Normalspurbahnen weit verbreitet: Auf klassiekebeveiliging.com finden sich eine ganze Reihe von entsprechenden Stellwerken samt Gleisplänen, davon einige mit 3414-Siemens&Halske-Stellwerken wie in Lunetten oder Nieuwe Schans:
Durchgangsantrieb an der Weiche 13A, Simpelveld, 16.8.2015
Zuletzt ist hier noch die Weiche 14 mit ihrem Weichensignal zu sehen.
Weichensignale waren in früheren Zeiten in den Niederlanden offenbar (auch) bei mechanischen Stellwerken kaum vorhanden. Auf klassiekebeveiliging.com sieht man etwa bei Bildern der Bahnhöfe Vork und Elst, dass hier "nach englischer Manier" Weichensignale vollkommen fehlen. Interessanterweise waren die Niederlande aber nicht so durchsignalisiert wie die britischen Bahnhöfe mit ihrer Kaskadenlogik (bei der Signale auch für Rangierfahrten wegen dauernd wirksamer Abhängigkeitslogik relativ billig zu ergänzen sind). Es stellt sich die Frage, wie in früheren Zeiten Rangierfahrten sicher durchgeführt werden konnten: War – im Gegensatz zu Deutschland und Österreich – immer der Stellwerkswärter "Verschubleiter", da nur er die Stellung der Weichen sicher wissen konnte? Und wie war das insbesondere beim Abstoßen bei nicht ortsbedienten Weichen?
Wie auch immer, heutzutage sind offenbar Weichensignale vorgeschrieben, die symmetrisch "links" und "rechts" anzeigen können:
Weichensignal an der Weiche 14, Simpelveld, 16.8.2015
Und hier ist der Riegel an der Weiche 14 zu sehen. Offenbar gibt es hier zwei Rollen, die die Riegelstangen für die eine Weichenstellung von oben, für die andere von unten festlegen (meine Annahme, dass die oberen Ausschnitte an den Riegelstangen in Wijlre-Gulpen von einer vorherigen Verwendung herstammen, ist vielleicht falsch: Hatte nicht eher der dortige Antrieb auch eine weitere Riegelrolle zum Verriegeln der ablenkenden Stellung, die sich über den Riegelstangen befand und daher in diese obenliegenden Ausschnitte eingriff?):
Riegelantrieb der Weiche 14, Simpelveld, 16.8.2015
Zuletzt sieht man hier noch einige Drahtzüge und -verbindungen:
Drahtzüge, Simpelveld, 16.8.2015
Drahtverbindungen, Simpelveld, 16.8.2015
Und nun nähern wir uns dem post I ...
Doppeldrahtzüge vor dem Post I, Simpelveld, 16.8.2015
Post I, Simpelveld, 16.8.2015
... dessen Stellwerksanlage ich im nächsten Posting vorstelle!