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Montag, 2. April 2012

Simmering Verschiebebahnhof, 1983

Am 30. Juni habe ich endlich Sicherungsanlagen am Simmeringer Verschiebebahnhof fotografiert. Die meisten der folgenden Außenaufnahmen sind allerdings vom 26.2., als ich die umliegenden Betriebsstellen der Abzweigung Kledering, in Simmering Ost und auf der Abzweigung Hasenleiten besucht habe. Das alte Gebäude des Verschiebebahnhofs sah mit seinen Flügeln eher wie eine Burg aus:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

In der Fahrdienstleitung stand ein Rankapparat mit diversen Spezialitäten:
  • Richtung Erdbergerlände gab es einen Felderstreckenblock, allerdings ohne Ss-Feld. Die Information über das Endfeld von Hasenleiten war über ein "Spiegelfeld" auch in der Fahrdienstleitung sichtbar (ein besseres Foto davon weiter unten).
  • Von und nach Simmering Ost waren Zustimmungsfelder vorhanden, da ja zwischen den Bahnhöfen keine Hauptsignale standen und daher beide Bahnhöfe ihre Fahrstraßen gemeinsam festlegen mussten. Während die Felder allerdings in Simmering Ost als "Erlaubnisfelder" bezeichnet waren, heißen sie hier ganz normal "Zustimmungsfelder". Außerdem ist – sehr untypisch, aber eben auch möglich – das Za-Feld oberhalb des damit gekuppelten Ba-Feldes eingebaut:

Befehlswerk Fdl, Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Der rechte Teil des Befehlswerks diente für Fahrten Richtung Nickelsdorf über die Abzweigung Kledering und früher einmal für Fahrten nach Oberlaa. Letzteres Gleis war allerdings im Zuge des Baus des neuen Klederinger Verschubbahnhofs außer Betrieb genommen worden, und am Befehlswerk waren die entsprechenden Aufschriften teilweise überklebt.

Die Felder Richtung Abzweigung Kledering machen mir allerdings etwas Kopfzerbrechen:
Für eine Fahrt nach Nickelsdorf musste ja in der Abzweigung Kledering das Feld "Za an Simm.Vbf. z.Ff" geblockt werden. Wir müssen einmal annehmen, dass dieses Feld mit dem hier sichtbaren "Ze v. Abzw.Kledg." korrespondierte (weil am Stellwerk kein Zustimmungsfeld zu finden ist – siehe später). Das Ze-Feld ist aber mit einer Doppeltaste mit dem Ba-Feld verbunden. Was spielt sich also bei einer Ausfahrt ab?
  • Die Abzweigung stellt ihre Fahrstraße, legt sie fest und gibt dann die Zustimmung an den Verschiebebahnhof.
  • Nun gibt hier der Fahrdienstleiter den Befehl an das Stellwerk und blockt zugleich das Zustimmungsfeld zurück!
Aus Sicht der Abzweigung ist damit die Zustimmung nicht mehr erforderlich – trotzdem darf die Fahrstraße noch nicht aufgelöst werden, weil die Ausfahrt ja noch gar nicht stattgefunden hat! Allerdings ist dies sicher zumindest dadurch verhindert, dass wegen der fehlenden Zugfahrt die Tastensperre in der Abzweigung noch gar nicht gesprungen ist. Ich meine aber, dass das nicht alleine als Verschluss ausreicht: Die Fahrstraßenauflösung in der Abzweigung muss auch noch davon abhängig sein, dass das Ausfahrsignal im Verschiebebahnhof auf Halt steht!

Eine Möglichkeit wäre, die Fahrstraßenauflösung in der Abzweigung in Falle der gemeinsamen Fahrt von der Grundstellung des Ff-Feldes am Stellwerk 2 abhängig zu machen; oder auch direkt über einen Kontakt von der Grundstellung des Signalhebels. Da gibt es sicher noch mehr Möglichkeiten.

In der Gegenrichtung, für eine Fahrt von Nickelsdorf in den Verschiebebahnhof, gab es ein Za-Feld, das mit einem "Es"-Feld mit einer Doppeltaste gekoppelt war. Ich unterstelle einmal, dass Es "Einschalter" bedeutet: Die Zustimmungsabgabe an die Abzweigung (die dort ja das Freistellen des Einfahrsignals in den Verschiebebahnhof ermöglichte) war erst möglich, wenn in der Fahrdienstleitung das Ba-Feld entblockt und das Fa-Feld (vom Stellwerk her) geblockt waren. Danach wurde die Zustimmung abgegeben und zugleich die Isolierschienen so geschaltet, dass sie bei der Fahrstraßenauflösung in der Abzweigung mitwirkten. Das ist allerdings nur eine Theorie meinerseits ... mein Tagebuch schweigt dazu:

Befehlswerk Fdl, Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Im folgenden Bild sehen wir einige Details von der linken Seite des Blockapparats:
  • Das Spiegelfeld "E von El" = "Endfeld von Erdbergerlände", das durch rote Flügel einen kommenden Zug anzeigen kann.
  • Das oberhalb des Ba-Feldes "von Simmering Ost" angebrachte Za-Feld, das wohl mit dem dortigen Ee-Feld korrespondierte.
  • Diverse "Wecker" (die schwarzen Kästen), Weckertasten Richtung Stellwerk, Deblockiertasten und Umschalter:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Am Stellwerk 1 gab es die üblichen Blockfelder für Befehlsempfang, Fahrstraßenfestlegung und Tastensperre, daneben aber auch zwei Zustimmungsfelder Richtung Simmering Ost. Es waren hier also mindestens drei Felder an einer Fahrt beteiligt (in Simmering Verschiebe: Zustimmungen in Fdl und Stw.1, daneben Erlaubnisfelder in der Fdl Simmering Ost), und weil wir in das blockfelderlose K47 am Stellwerk 2 in Simmering Ost nicht hineinschauen können, mögen die Abhängigkeiten noch komplizierter gewesen sein – ich gebe es daher auf, dieses Zusammenspiel zu enträtseln!

Interessant sind die Felder Richtung Erdbergerlände: Ts- und Ss-Felder sind, wie öfters üblich, oberhalb der jeweiligen zu sperrenden Felder aufgebaut. Dass dabei zwei oben gebaute Felder sich aber ein gemeinsames Gehäuse teilen, habe ich sonst nirgends gesehen:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Die Hebelbank war damals noch voll besetzt:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Im Februar davor habe ich das zugehörige Einfahrsignal A aus Richtung Erdbergerlände (und Hasenleiten) fotografiert – das ist vermutlich das Signal mit dem größten Abstand zur Gleisachse, das ich je gesehen habe:

Simmering Verschiebebahnhof, 26.2.1983

Auch die Ausfahrsignale waren mir ein Foto wert. Das mittlere Signal ist ein zweiflügeliges ungekuppeltes Signal, weil einflügelig Richtung Erdbergerlände oder zweiflügelig Richtung Simmering Ost ausgefahren werden konnte:

Ausfahrsignale H1-4, H5, H6 und im Hintergrund H8-12, Simmering Verschiebebahnhof, 26.2.1983

Kurz vor dem Stellwerk, das man hier auch halbwegs sieht, stand ein altösterreichisches Verschubformsignal:

Verschubsignal V1-4, Simmering Verschiebebahnhof, 26.2.1983

Am anderen Ende, am Stellwerk 2, stand ebenfalls ein regelgerecht aufgebauter Blockapparat – erstaunlicherweise, denn es gibt keine Felder für die Kommunikation mit der nahen Abzweigung Kledering. Der Blockteil Richtung Oberlaa ist de facto außer Betrieb, weil das Gleis nicht mehr vorhanden ist, am Stellwerk merkt man aber nichts davon. Was ich sonst nirgends gesehen habe: Ein Schildchen "Verschlusswechsel" an jedem Verschlusswechsel (was ist ein Verschlusswechsel? Mhm ... ich merke, ich muss doch irgendwann eine einfache Einführung in mechanische Stellwerke und Blockfelder schreiben ...):

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Die Hebelbank ist voll besetzt, ganz hinten sieht man eindeutig die Hebel für Einfahrvorsignal und zweiflügeliges Einfahrsignal von Oberlaa:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Ergänzung 19.1.2015: In einem Kommentar unten hat jemand gefragt, wozu die roten Knaggen gut sind. Hier sind herausvergrößerte Bilder dieser Knaggen:




Dazu nun einmal eine prinzipielle Erklärung dazu in drei Punkten:

1. Die Abhängigkeiten in einem 5007er-Stellwerk von den Fahrstraßenschiebern bis zum Signalhebel für eine Fahrtrichtung (z.B. Ausfahrten) sind so:
F1li, F1re, F2li, ... ⇒(verschiebt) N ⇒(legt fest) Ff-Feld ⇒(gibt frei) Signalschieber ⇐(verschiebt) Signalhebel.
In Worten: Bei jedem Verschieben eines Fahrstraßenschiebers (links oder rechts) wird der Neutralschieber mitverschoben. Beim Blocken des Ff-Feldes wird er festgelegt (und damit mittelbar der verschobene Fahrstraßenschieber), andererseits wird der Signalschieber freigegeben. Beim Umlegen des Signalhebels wird dieser verschoben (was nicht geht, wenn das Ff-Feld entblockt ist). Zusätzlich zu diesen Abhängigkeiten gibt es noch eine ganze Reihe weitere – z.B. auf jeden Fall mit den Be-Feldern! –, die ich aber hier nicht erkläre.

2. Wenn aus einem Bahnhof auf einer Seite zwei Strecken nach X und Y führen (Abzweigbahnhof), dann wird es für jede der Strecken ein Ff-Feld geben. Jedes Ausfahrsignal muss nun also freigestellt werden können, wenn das eine oder das andere Ff-Feld geblockt sind. Solche "mechanischen Oder-Konstruktionen" machen immer Schwierigkeiten, wie man etwa am Neutralschieber sieht. Wenn das Ausfahrsignal für die eine Strecke einflügelig, für die andere aber zweiflügelig freigestellt wird, dann geht das ganze noch leicht: Der Signalschieber wird im einen Fall nach links, im anderen nach rechts verschoben, und jede dieser beiden Bewegungen kann man von einem anderen Ff-Feld abhängig machen.
F1li, F1re, F2li, ... ⇒(verschiebt) NX ⇒(legt fest) FfX ⇒(gibt frei) Signalschieberli ⇐(verschiebt) Signalhebel 1-flügelig.
F3li, F3re, F4li, ... ⇒(verschiebt) NY ⇒(legt fest) FfY ⇒(gibt frei) Signalschieberre ⇐(verschiebt) Signalhebel 2-flügelig.
3. Aber was tut man, wenn auf beide Strecken das Signal "gleich" freigestellt werden soll (i.d.R. zweiflügelig, weil beide Ausfahrten über gekrümmte Weichenstränge führen)? Dann führte man diese zusätzlichen Knaggen ein. Die Abhängigkeiten sind nun:
F1li, F1re, F2li, ... ⇒(verschiebt) NX ⇒(legt fest) FfX ⇒(gibt frei) Signalschieber+Knagge "nach X"li (gibt frei) Signalhebel 2-flügelig.
F3li, F3re, F4li, ... ⇒(verschiebt) NY ⇒(legt fest) FfY ⇒(gibt frei) Signalschieber+Knagge "nach Y"re (gibt frei) Signalhebel 2-flügelig.
Man erkennt, dass die "Abhängigkeitsrichtung" zwischen Signalschieber und Signalhebel nun umgekehrt ist: Vorher hat der Signalhebel den Signalschieber verschoben, nun muss sich zuerst der Signalschieber nach links oder rechts bewegen, der in beiden Stellungen dann den Signalhebel freigibt. Der Grund ist eben, dass die gleiche Bewegungsrichtung des Signalhebels nicht eine jeweils verschiedene Bewegung des Signalschiebers hervorrufen kann.

Man kann sich natürlich Mechaniken überlegen, wo das geht, indem z.B. die Neutralschieber den Signalschieber "umkuppeln". Bei den Deutschen Einheitsstellwerken gab es m.W. für Sonderfälle solche "Kupplungsmechaniken", aber im Regel-5007er-Stellwerk eben nicht. Und die eine Knagge umzulegen, ist auch nicht so viel Arbeit für den Stellwerker.

Nun müssen wir diese Erkenntnisse an den konkreten Knaggen in Simmering überprüfen – dazu ist der Gleisplan bei sporenplan.nl sehr hilfreich, auf dem auch die Signale eingezeichnet sind:
  • Schon das erste Detailbild oben passt nicht so recht auf diese Erklärung: Links kann man "Ausfahrt n.EL [=Erdbergerlände] H[?]1-4"entziffern, rechts "n.EL g[?]H[?]6[?] H7-12" – es scheint sich um einen Signalschieber zu handeln, der allerdings zwei oder sogar drei verschiedene Signale freigibt.Welches Problem hier gelöst wurde, ist mir nicht klar.
  • Das zweite Detailbild hingegen passt genau auf die beschriebene Situation: R5 und R6-12 zeigen sowohl bei einer Fahrt nach Oberlaa wie auch Richtung Nickelsdorf zwei Arme, es gibt aber für jede der Richtungen ein eigenes Ff-Feld.
  • Das dritte Detailbild scheint eine etwas komplexere Situation zu zeigen: Über beiden Knaggen steht R1-4. Die rechte Knagge hält sich wieder an die Erklärung: Rechts neben ihr steht "Nickelsdorf Gl.1-4 Oberlaa Gl.1-3", also jene Gleise, wo zweiflügelig freizustellen ist. Rechts von der Knagge steht ziemlich sicher Oberlaa Gl.4, also die Fahrstraße für einflügeliges Freistellen. Daneben gibt es aber noch einer zweite Knagge, die ebenfalls mit R1-4 beschriftet ist. Ich glaube rechts von ihr den Text "Ober..." zu erkennen, aber nicht, was darunter steht – was diese zweite Knagge tut, ist mir unklar.

An Signalen habe ich nur das Ausfahrsignal R1-4 samt davorstehendem Verschubsignal V1-4 fotografiert (interessanterweise stand hier ein deutsches Verschubsignal vor einem österreichischen Hauptsignal, während es auf der Westseite genau umgekehrt war: Österreichische Verschubsignale, deutsche Hauptsignale):

R1-4 Richtung Nickelsdf/Oberlaa, Simmering Verschiebebahnhof, 26.2.1983

Am 30.6. habe ich eine meiner Freundinnen bei der Ausfahrt vom Gleis 5 fotografiert:

1042.537 mit 65433 Richtung Erdbergerlände, Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Und vermutlich auch in Simmering Verschiebe entstanden diese Bilder eines ausgebauten und eines eingebauten Schienenkontaktes:

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

Simmering Verschiebebahnhof, 30.6.1983

5 Kommentare:

  1. S.g. Herr Müller, ich rätsle schon die ganze Zeit über den Sinn der rot lackierten Knaggen unterhalb des Blockapparates am Stellwerk 1 (2 Stück) und auch am Stellwerk 2 (4 Stück), können Sie mir dabei weiter helfen?

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    1. Das ist eigentlich ganz einfach: Es hat zu tun mit ... ah, ich ergänze lieber das Posting mit zwei Bildern und ein wenig Text! Bis gleich ...
      ... Eine längere Erklärung sowie deren Anwendung auf diesen Bahnhof habe ich nun eingefügt!

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  2. Lieber Harald
    bezüglich Formverschubsignal.. als Jung-FDL frag ich dich, kommt daher "Scheim steht" ?

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    1. Aber ja doch - lustig, dass ihr das noch immer sagt's ...

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  3. naja.. offiziell natürlich mit Wortlaut (Zustimmung zum verschub für ... von... NACH (keiner weiß warum nicht BIS) ... erteilt.
    Praxis: Scheibn steht 207, verschubweg frei

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