In Waidhofen an der Ybbs trifft die Ybbstalbahn auf die Rudolfsbahn. Der Gleisplan war – wie man bei sporenplan.nl sehen kann – wegen dieses Anschlusses, aber auch wegen der Industriebetriebe in Waidhofen relativ umfangreich (auch heute noch ist die Indsutrie in Waidhofen wichtig; unter anderem sind die Türen der "Dostos"=Doppelstockwaggons, mit denen ich täglich zwischen Grafing und München pendle, aus Waidhofen!).
Ich bin von Gstadt her hinter einer 2091 nach Waidhofen gekommen:
2091.012 vor 6964, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
2091.012 vor 6964, Kreuztafel, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
2091.012 vor 6964, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
In der Fahrdienstleitung stand ein übliches Befehlswerk der Bauart 5007, allerdings mit einem zusätzlichen Befehlsabgabefeld für Einfahrten der Ybbstalbahn. Hier sehen wir es bei einer Zugskreuzung:
- Von Selzthal ist der Befehl auf das Gleis 1 (umgelegte Knagge!) abgegeben, und die Fahrstraße ist festgelegt.
- Von Amstetten ist der Befehl auf das Gleis 3 abgegeben, und auch hier ist die Fahrstraße festgelegt. Hier sieht man auch auf der Signalanzeige, dass das Einfahrsignal auf frei steht und der Block noch belegt ist.
Befehlswerk, Fdl, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Am Stellwerk 1 stand eine übliche 5007er Anlage für Lichtsignale. Links an der Hebelbank, hinter dem großen Madnerhebel, verstecken sich sich mehrere Knaggen, mit denen Verschubsignale gestellt werden konnten:
Hebelbank und Blockapparat, Stw.1, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Hier sieht man die Signalanzeige oberhalb des Blockapparats. Neben dem Signal H3 ist eine Anzeige "Ze" angebracht – für Einfahrten auf dieses Gleis war eine Zustimmung vom Stellwerk 2 nötig, weil eine Weiche zum Ladegleis 5 innerhalb des Ausfahrsignals lag. Für die Verschubsignale gab es (unüblich) eigene Bezeichnungen V3o, V1o und V2-6o. Dabei kann das o eigentlich nur für "ost" stehen, weil die Verschubsignale am Stellwerk 2 als V2-4w, V1w und V3w bezeichnet waren – nur: Der Amstettner Bahnhofskopf lag nicht östlich, sondern nordwestlich! Komisch.
Direkt auf dem Blockapparat war ein kleines Bedienpult angebracht, mit folgenden Tasten:
- RBT = Rückblocktaste Richtung Amstetten;
- ZRG = Zustimmungsrückgabe-Gruppentaste;
- ZT = Zustimmungstaste; zusammen mit der ZRG kann die Zustimmung zurückgegeben werden, damit Stellwerk 2 die Weiche im Gleis 3 wieder frei bedienen kann;
- HAGT = Haltgruppentaste;
- SGT = Signalgruppentaste;
- ST/A = Signaltaste A;
- ST/H = Signaltaste H;
Signal- und Blockanzeige, Stw.1, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Im Untergeschoss spannen sich die Stelldrähte der Weichen und Riegel von oben nach unten:
Stw.1, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Neben dem Stellwerk 1 war hier ein Ladegleis geerdet:
Ausfahrsignal H3, Stellwerk 1, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Bei der Einfahrt in die Ladegleise waren zwei Sperrschuhe angebracht, wobei der hintere auf einen Anlaufblock gebaut ist. Der Sinn davon ist, dass langsam daran anlaufende Wagen nicht sofort entgleisen, sondern möglichst nur aufgehalten werden sollten, um eine Beschädigung des danebenstehenden Gebäudes zu verhindern.
Ortsbediente Gleissperrschuhe ohne und mit Anlaufblock, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Hinter dem Stellwerk 1 und dem Heizhaus lagen damals noch zwei alte Drehscheiben:
Zwei Drehscheiben, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Am Schmalspurbahnhof stand eine 2095 mit dem nächsten Zug nach Lunz bereit:
2095.008, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Bei zwei Ladegleisen am Bahnhofskopf Richtung Selzthal gab es für Österreich unübliche Gleissperrschuhe, die vom Stellwerk aus gestellt wurden. Sie waren offensichtlich zu Reichsbahnzeiten gebaut worden, was man auch am Antrieb des ersten Sperrschuhs sieht, der eindeutig ein deutscher Winkelhebelantrieb ist:
Ferngestellter Gleissperrschuh SP3, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Signal des ferngestellten Gleissperrschuhs SP5, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Am Stellwerk 2 stand ebenfalls ein 5007er Stellwerk. Hier sieht man durch's Fenster von links nach rechts an Blockfeldern ein Za-Feld, dann das Be-Feld für Einfahrten auf der Ybbstalbahn und schließlich die übliche Fünferkombination Ts+Be+Ff+Be+Ts für eine eingleisige Strecke:
Blockapparat im Stellwerk 2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Die gesamte Anlage habe ich am späten Nachmittag etwas dunkel erwischt:
Hebelbank und Blockwerk, Stw.2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Oberhalb des Blockwerks war auch hier die Signalanzeige, auf der man die "w"-Bezeichnungen der Verschubsignale sieht ("w" = "Westlich" am südöstlichen Bahnhofskopf?!), sowie darunter das Einfahrsignal Y der Ybbstalbahn.
Signalanzeige, Stw.2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Unterhalb der Anzeige ist wieder das kleine Stellpult:
- RBT
- ZAG = Zustimmungsabgabe-Gruppentaste
- ZT
- HAGT
- SGT
- ST/Z und darüber die ST/Y
- ST/R
Stellpult, Stw.2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Am Stellwerk 2 gab es auch noch zwei Schrankenkurbeln und ein Motorantrieb für einen Schranken:
Schrankenkurbeln und -antrieb, Stw.2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Hier sieht man die etwas verwickelten Schranken, die von den Handkurbeln angetrieben werden:
Schrankenanlage, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Schrankenanlage, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Und vor dem Stellwerk hat sich jemand nett um den Blumenschmuck gekümmert:
Stellwerk 2, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Auf diesem Bild des Bahnhof sieht man ein interessant gestrichenes Stellgewicht: Die Trennlinie zwischen schwarz und weiß geht weder parallel zum Boden noch parallel zum Stellhebel, sondern rechtwinklig dazu! Das ist zulässig, weil die Grundstellung auch dadurch gekennzeichnet sein kann, dass der schwarze Teil des Stellgewichts näher am Gleis ist – allerdings war diese Regel eigentlich nur für Weichen der Bauart Xa mit Schwinggewicht gedacht!
Bahnhof, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Zuletzt sieht man hier noch einen Zug, der gegen halb sieben beim Signal Y in den Bahnhof einfährt:
2095.005 vor 6966, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Mit diesem 4030er habe ich schlussendlich Waidhofen verlassen:
4030.224, Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986
Ergänzung 14.9.2014: In Waidhofen ist die "Fahrdienstleitung" für den kleinen Rest der Ybbstalbahn in einen einzigen Schrank zusammengeschrumpft worden: Links unten sieht man das Befehlsabgabefeld für eine Einfahrt und daneben, in einem eigenen Gehäuse, den Induktor. Darüber ist die Signalanzeige für das Einfahrsignal Y und das Verschubsignal VL angebracht, das hier mit dem Schlüssel auf Frei gestellt ist. Damit der Befehl abgegeben werden kann, muss dieser Schlüssel im Zentralsschloss oben umgesperrt. Zusätzlich muss natürlich die Einfahrweiche 201 in einer der beiden Stellungen versperrt sein, und natürlich muss auch der Sperrschuh 202 aufliegen. Auch alle anderen Utensilien für den Betrieb sind vorhanden: Sprechstelle, Fernsprecher, Fahne, Taschenlampe mit Rot- und Grünblende und der Abfertigungsstab – sozusagen eine "Fahrdienstleitung in the box":
"Schmalspur-Fahrdienstleitung", Waidhofen.a.d.Ybbs, 8.6.2009 (Foto: Philipp Ringseisen)
Das Stellen des Signals erfolgt noch immer vom Stellwerk 2 aus. Das Blockfeld ist mit "Be von Lunz" beschriftet, die Knagge zum Stellen des Signals Y ist unten am Schieberkasten neben den Knaggen für die Verschubsignale angebracht:
Blockapparat und Hebelbank, Stw.2, Waidhofen.a.d.Ybbs, 8.6.2009 (Foto: Philipp Ringseisen)
Ergänzung 15.11.2014: Am Blockapparat befindet sich noch immer das Ze-Feld für das Gleis 3 an das Stellwerk 1. Zur Auflösung schreibt Hr. Hinterhofer: "Zug fährt auf Gleis 3 ein – löst die Zustimmung auf – Stellwerksmitarbeiter auf Stw.2 drückt gleichzeitig die Tasten ZAG und ZT und legt die Knagge zurück":
Blockapparat, Stw.2, Waidhofen.a.d.Ybbs, 8.6.2009 (Foto: Philipp Ringseisen)
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