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Freitag, 13. Mai 2016

Schweiz 1988: Mechanisches Stellwerk mit Semaphoren in St.Blaise

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Ergänzung 15.5.2016: Hanspeter Thönis Kommentare habe ich nun auch hier in den Text eingearbeitet, der dadurch durchgängig lesbarer ist.

Ergänzung 10.9.2024: Christian Lennartz hat mir verraten, woher das sechste Bild ist: Aus Cressier an der Strecke Biel – Neuchâtel. Ich habe das nun ergänzt.

Am Tag zuvor waren wir in St.Blaise durchgefahren, wo alte Flügelsignale an uns vorbeigehuscht waren – am nächsten Tag musste ich sofort dorthin zurückkehren. Auf der Fahrt dorthin habe ich aus dem Steuerwagen auf der Jura-Fuss-Linie einige der vielfältigen Schweizer Signalbegriffe aufgenommen. Am ersten Bild habe ich grade noch zwei Vorsignale in den Stellungen "Ankündigung freie Fahrt" (Fahrbegriff 1*) und "Warnung" erwischt:

Vorsignale, 17.8.1988

Links neben der entgegenkommenden Re 4/4 11243 ist zu sehen (leider weiß ich den Bahnhof nicht mehr):
  • Freie Fahrt (Fahrbegriff 1),
  • darunter "Geschwindigkeitsankündigung 90km/h" (Fahrbegriff 5*)

Einfahrsignale, 17.8.1988

Bei der Ausfahrt aus demselben Bahnhof sieht man (Klick auf das Bild zeigt es in etwas größerer Auflösung)
  • "Geschwindigkeits-Ausführung 90km/h" (Fahrbegriff 5),
  • darunter wieder eine "Ankündigung freie Fahrt" (Fahrbegriff 1*),
  • darunter den leuchtenden Abfahrbefehl.
  • Am Boden direkt neben dem Ausfahrsignal steht ein Zwergsignal in Stellung "Fahrt".
  • Für das Gleis rechts daneben erkennt man das haltzeigende Hauptsignal mit Vorsignal in Stellung "Warnung".

Ausfahrsignale, 17.8.1988

Wo das folgende kombinierte Signal mit immerhin acht Optiken in Stellung frei steht, weiß ich ebenfalls nicht mehr:

Kombiniertes Signal, 17.8.1988

Diese Ae4/7 ist mir zu nahe vor die Kamera gefahren:

Ae4/7, ?, 17.8.1988

Im Bahnhof vor St.Blaise habe ich nur einmal schnell abgedrückt:

Mechanisches Stellwerk, Cressier, 17.8.1988

Aber als nächstes fahren wir schon am Einfahrsignal von St.Blaise vorbei:

Einfahrsignal D1/2, Durchfahrsignal Dd, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Vor den Bildern zeige ich den Gleisplan – zuerst im Original auf der Gleistafel bei einer Durchfahrt Richtung Neuchâtel:


Hier ist meine schematische Darstellung. Strichliert sind die abgebauten Gleise eingezeichnet, die man auf der Gleistafel durch ihre Überklebung erkennen kann. Nur diese früheren Gleise erklären, wieso der Bahnhof mit zweiflügeligen Semaphoren als Einfahrsignale und zweibegriffigen Ausfahrsignalen ausgestattet war. Durch den Rückbau ist aus dem ehemaligen Bahnhof mit Ausweichgleisen nun praktisch ein Blockposten mit Lade- und Abstellgleis geworden, der sich betrieblich kaum mehr verwenden lässt (Klick darauf öffnet ein lesbares PDF):


Mein erstes Bild von außen auf die Sicherungsanlage:

Stellwerk, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Von hinten nach vorne sieht man hier einen Streckenblockapparat, darunter Fahrstraßenhebel und davor die Hebelbank mit den roten Signalhebeln und den blauen Weichenhebeln. Erstaunlicherweise ist der Hebel für die Weichenverbindung 1/2b umgestellt: Es muss also auf diesem "Rest eines Bahnhofs" ausgerechnet damals eine Rangierbewegung stattgefunden haben! (Denn der Fahrdienstleiter hat sicher nicht wegen mir die Weichen umgestellt – leider bin ich des Französischen überhaupt nicht mächtig, und ich kann mich erinnern, dass der Bedienstete kein Wort deutsch sprach). Hinter dem Hebel sieht man die Zahnstange, die durch das Umstellen nach oben gezogen worden ist und die über die Gestängeleitung nach draußen die beiden Weichen umgestellt hat:

Blockapparat und Hebelbank, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Interessant ist übrigens, was sich in so einem Stellwerk im Laufe der Zeit an zusätzlichen Einrichtungen ansammelt. Ich habe einmal den linken oberen Teil des vorigen Bildes herausgeschnitten und vergrößert – hier sieht man das Ergebnis: Ein Tohuwabohu an Schaltkästen mit und ohne Schalter, Sicherungen, dazwischen Kabel, Kabelrohre, Kabelkanäle (ein alter aus Holz, neue aus Kunststoff), und ganz rechts eine Klingel, für was auch immer:

Elektrisches, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Hier sieht man die Gleistafel mit den Signal- und Gleisbelegungsanzeigen – Richtung Neuchâtel ist gerade ein Zug unterwegs. In der Mitte hat leider wieder mein Blitz zugeschlagen, dafür sieht man die abgeklebten früheren Gleise umso besser:

Signaltafel, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Hier sind zwei Bilder nur der beiden Gestängeweichenhebel, diesmal beide in der Grundstellung. Auf dem linken ist nur die Weichennummer 3 angeschrieben, auf dem rechten aber in voller Schönheit "Aiguilles 1/2b", also "Weichen 1/2b":

Weichenhebel 3 und 1/2b, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Auf dem linken Hebel ist eine Hilfssperre angebracht, offenbar weil die Fahrleitung geerdet ist: "Voie 3 interdite" ("[Fahrt auf] Gleis 3 untersagt") und "Attention | Ligne à la terre" ("Achtung | Leitung an der Erde") steht auf den beiden Schildchen:

Weichenhebel, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Hier ist der Blockapparat für den Streckenblock zu sehen. Die äußeren, durch Tastensperren gesicherten Felder sind die Endfelder, die inneren beiden die Anfangsfelder des Streckenblocks. Ob durch diese Felder auch die Fahrstraßenhebel elektrisch festgelegt wurden, weiß ich nicht – bei den Anfangsfeldern kann ich mir das kaum vorstellen, weil sie ja dann das Umstellen der Weichen verhindert hätten, bis der Zug den Nachbarbahnhof erreicht hätte; bei den Endfeldern hingegen wäre es möglich. Vielleicht waren auch die beiden mittleren Blockfelder früher dafür vorgesehen (ich werde allerdings bald Bilder einer ähnlichen Anlage zeigen, wo nur vier Blockfelder vorhanden sind und auch keine weiteren Platz hatten – daher scheint mir das hier eher unwahrscheinlich).

Hanspeter Thöni: Bei kleinen Stationen mit nur einem mechanischen Stellwerk wurden in der Schweiz relativ selten Festlegungen eingebaut. Au ZH hatte z. B. eine, da die Ausfahrweiche sehr weit vom Stellwerk entfernt lag. Da wurde ein Gleichstrom-Blockfeld verwendet, um den Fahrstrassenhebel festzulegen. Beim Umbau der Stellwerke auf elektrische Antriebe und Signale (hier in St.Blaise nicht der Fall) wurde zum Teil die Festlegung nachgerüstet – allerdings dann nicht auf die Fahrstrassenhebel, sondern auf die Signalhebel. Die Hebelsperre verhindert in diesem Falle das Zurücklegen des Signalhebels. Da man nun im Gefahrenfall den Signalhebel nicht mehr zurücklegen konnte, werden im Tastenkasten pro Signal zwei zusätzliche Tasten benötigt:
  • Nothalt (mit Vergreifschutz).
  • Notauflösung (plombiert).
An diesen zwei Tasten kann man die nachgerüstete Festlegung erkennen – hier in St.Blaise gab es so etwas aber nicht:

Blockapparat und Fahrstraßenhebel, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Die Fahrstraßen schauen wir uns gleich genauer an, aber hier möchte ich auf den speziellen Hebel ganz rechts hinweisen, der folgende Aufschrift trägt (die kleinen Ziffern der Fahrstraßenhebelbezeichnungen kann ich leider nicht entziffern, ich habe sie daher durch Fragezeichen ersetzt):
  • Apparell et Block en service | Manoeuvrer leviers de parcours a?, c?, d?, b?
  • Position intermédiaire. Manoeuvrer leviers de signaux A1, C1, Ad, D1, B1, Dd.
  • Apparell et Block exclus.
Also:
  • Stellwerk und Streckenblock in Betrieb. Bedienen der Fahrstrassenhebel a?, c?, d?, b?
  • Zwischenstellung. Bedienen der Signalhebel A1, C1, Ad, D1, B1, Dd.
  • Stellwerk und Streckenblock ausser Betrieb.

Hebel zum Sperren der Sicherungsanlage, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Die Beschriftung neben diesem rechtsäußersten Hebel klingt so, als ob dieser vor dem Bedienen der Signalhebel in die Mittelposition zu bringen wäre. Das ist aber nicht so, wie man am folgenden Bild einer Durchfahrt erkennen kann: Hier sind die Signalhebel Dd, D1/2 und B1/2 nach unten umgelegt, der rechte Hebel steht aber eindeutig nach oben, also auf "Stellwerk und Streckenblock in Betrieb". Wozu die Mittelstellung dient und was ihre Beschriftung bedeutet, ist mir daher vollkommen unklar.

Der spezielle Hebel ist die Stellwerks/Blockdurchschaltung. Nennen wir ihn DS-Hebel. Durchschaltung bedeutet:
  • Die Blockstrecke verlängert sich vom rückliegenden zum nachfolgenden Stellwerk.
  • Alle Signale zeigen dauernd Fahrt.
  • Die Station ist quasi nicht mehr existent.
Einführung der Durchschaltung:
  1. Sicherstellen, dass alle Blockstrecken frei sind (Anfangs- und Endfelder in Grundstellung);
  2. Telefonisch mit Nachbarstationen sicherstellen, dass keine Züge abgelassen werden;
  3. Jetzt kommt die Beschriftung auf dem DS-Hebel zum Zug: Einstellen der Fahrstrassenhebel a2, c2, d1, b1. Dies sind die Fahrstrassen der geraden Durchfahrten.
  4. Nun wird der DS-Hebel in die Zwischenstellung gebracht. Dadurch werden die Blockleitungen erst einmal unterbrochen. In dieser Zwischenstellung müssen nun alle Signale auf Fahrt gezogen werden (A1, C1, Ad, D1, B1, Dd; die 1 ist der Fahrbegriff). Danach kann der DS-Hebel auf die unterste Stellung gesetzt werden. Dadurch werden die Signalhebel in gezogener Stellung verschlossen. Die Blockleitungen werden elektrisch durchgeschaltet, d.h. pro Fahrrichtung wird das Anfangsfeld der rückliegenden Station mit dem Endfeld der folgenden Station verbinden.
  5. Telefonische Meldung an die Nachbarstationen, dass die Station nun durchgeschaltet und unbedient ist.
Rücknahme der Durchschaltung:
  1. Mit den Nachbarstationen telefonisch klären, ob die Blockstrecken frei sind und keine Züge abgelassen werden.
  2. DS-Hebel auf Mittelstellung zurückstellen.
  3. Alle Signalhebel auf Halt.
  4. DS-Hebel auf Grundstellung.
  5. Fahrstrassenhebel zurückstellen.
  6. Nachbarstationen informieren.
Jetzt gibt es aber noch ein Problem, welches mich schon lange interessiert, wo ich aber leider die Lösung auch nicht kenne. Da es keine solchen Anlagen mehr gibt, ist es auch kaum mehr zu klären, wie das gelöst wurde – es sei denn, jemand wüsste noch Bescheid: Durch das Fahrtziehen des Ausfahrsignales würde ja normalerweise die Wiederholsperre beim Anfangsfeld aktiviert, welche eine erneute Fahrstellung des Ausfahrsignales nach Rücknahme der Durchschaltung verhindern würde! Ich selber sehe zwei Möglichkeiten um das zu lösen:
  1. Mechanische Verhinderung der Auslösung der Wiederholsperre durch die mittlere Hebelstellung des DS-Hebels (das stelle ich mir etwas kompliziert vor).
  2. In der mittleren DS-Hebelstellung werden im Block Anfangs- und Endfeld elektrisch miteinander verbunden. Somit müsste man bei der Auflösung nach Punkt 3 (Signalhebel auf Halt) nacheinander das Anfangsfeld blocken (entblockt Endfeld) und dann gleich wieder das Endfeld blocken (entblockt Anfangsfeld). Damit hätten wir die Grundstellung wieder erreicht. Dass das geht, müsste jedoch allerdings auch noch die Tastensperre elektrisch ausgelöst werden.
Siehe dazu auch den Kommentar von Florian Listl!

(Für eine analoge Einrichtung auf einem österreichischen Stellwerk siehe übrigens dieses Posting über St.Martin am Grimming. Eine gleichartige Einrichtung in England ist der "king lever", der in diesem Posting von der Epping-Ongar Railway kurz beschrieben ist; interessanterweise ist die zweistufige Bedienungsweise des king levers sehr ähnlich dem, was Hanspeter hier für die Durchschaltung beschreibt.)

Hebelbank, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Oben auf der Gleisanzeige sieht man bei genauem Hinschauen, dass neben den Signalsymbolen D1/2 und B1/2 die grünen Lampen leuchten:


Ein weiteres Detail, das mir unklar ist, ist die Bedienung der zweiflügeligen Semaphore: Denn für jeden von ihnen ist offenbar nur ein Hebel vorhanden, obwohl ein solches Signal ja drei Stellungen haben kann. Natürlich ist der Fahrbegriff 2 ("Geschwindigkeits-Ausführung 40km/h" heißt er heutzutage offiziell) nach den Rückbauten nicht mehr nötig – ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dabei auch die Signalhebel der Formsignale getauscht oder gar versetzt wurden: Ich denke also, dass man mit den vorhandenen Hebeln früher bei den Formsignalen alle drei Begriffe stellen konnte. Nur – wie? Nach längerem Betrachten mehrerer Bilder, insbesondere jenes vom Signalantrieb (kommt im nächsten Posting), scheint es mir am ehesten so, dass die Steuerung des unteren Flügels erst am Signalantrieb erfolgt – wenn das Durchfahrsignal freigestellt wird, wird der untere Flügel senkrecht festgelegt, andersfalls bewegt er sich in die schräge Stellung. Aber diese Vermutung ist, das muss ich deutlich sagen, sehr spekulativ ...

... und falsch: Die Signalhebel sind sogenannte Umkehrsignalhebel. Man erkennt das an den kleinen Umschalthebeln neben dem Bezeichnungsschild. Ist dieser Hebel oben, wird Fahrbegriff 1 gestellt, ist er unten, Fahrbegriff 2. Auf den Schildern gibt es daher einen Trennstrich:
  • Oben steht Fahrbegriff 1 (z.B. A1) sowie die dazugehörigen Fahrstrassen.
  • Unten steht Fahrbegriff 2 mit den Fahrstrassen.
Um nun die zwei verschiedenen Begriffe stellen zu können, wird die Drehrichtung der Seilscheibe umgekehrt. Auch der Verschlussbalken wird je nach Hebelstellung, beim Betätigen der Handfalle, aus der Mitte nach oben oder unten bewegt. Somit kann im Verschlusskasten sichergestellt werden, dass nur der richtige Signalbegriff gezogen werden kann.
Am Signal hat die Kurvenscheibe für die Flügelstellung die 5 Positionen (von Anschlag zu Anschlag):
Halt – Fahrt 1 – Halt – Fahrt 2 – Halt
In Grundstellung ist die mittlere Halt-Position erreicht. Je nach Drehrichtung des Seilzuges wird nun also Fahrt 1 oder Fahrt 2 gestellt. Die äusseren beiden Positionen werden bei Drahtbruch, durch den Reissweg der Spannvorrichtung, erreicht, so dass in diesem Falle das Signal sicher auf Halt kommt.
 

Zwei eingescannte Seiten von Hanspeter zeigen der Aufbau zweier solcher Hebeltypen. Die tatsächliche "Umkehrmechanik" ist mir nicht klar – Hanspeter hat mir nun aber dazu eine Reihe von Bildern und ein Video geschickt, die ich in einem weiteren Posting präsentieren werde. Dort wird diese sehr interessante Getriebemechanik erklärt.

Auf dem folgenden Ausschnitt aus dem Bild der Hebelbank in Grundstellung oben erkennt man jedenfalls, dass die Signalhebel alle im gleichen Abstand aufgebaut sind, also keine Doppelsteller wie z.B. beim deutschen Einheitsstellwerk vorhanden sind. Außerdem sieht man, dass die zwei mittleren Hebel keine nach unten gehenden Drahtzüge besitzen, sondern nur durch Federn gespannte Bremsbänder. Das ist natürlich so, weil die beiden Ausfahrsignale durch Lichtsignale ersetzt wurden:

Detail der Hebelbank, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Schön sichtbar ist das Fabriksschild von Hasler in Bern, der offenbar die Blockfelder in Lizenz von Siemens gebaut hat. Dass am Blockapparat irgendetwas "Patent Hasler" ist, würde mich eher wundern, und die anderen Anlagenteile sehen sehr nach "Patent Bruchsal" aus – der Stellwerkstyp dürfte Bruchsal J sein. Florian schreibt in seinem Kommentar unten dazu noch: "Hasler scheint tatsächlich der Hersteller vom Blockkasten zu sein, die haben wohl einfach nicht dazugeschrieben, wem das Patent gehört. Wenn man den Blockkasten aufmacht, kommt aber astrein der normale Siemens-Block zum Vorschein. Da hab ich mich in Wildegg am Museumsstellwerk gleich wie zuhause gefühlt :)":

Firmenschild am Blockapparat, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Zu den Fahrstraßen: Nach dem Rückbau der zwei Gleisverbindungen sind natürlich weniger Fahrstraßen übriggeblieben, es ist aber nach Schweizer Manier noch immer eine mehr vorhanden, als man in anderen Ländern erwarten würde:
  • d1 de Cornaux sur voie 1 | D1
  • c2 à Cornaux de voie 2 | C1
  • b1 à Neuchâtel de voie 1 | B1
  • b5 à Neuchâtel de voie 5 | 4/Sb. | B2
  • a2 de Neuchâtel sur voie 2 | A1
Auch hier ist also eine Ausfahrt aus dem Ladegleis 5 möglich, wegen der fehlenden Weichenverbindungen allerdings nur mehr in Richtung Neuchâtel

Oberhalb der Fahrstrassenhebel sieht man auch hier wieder die 'fiktive Gleisbelegung' (siehe Grenchen Süd). Hier hat diese noch ihre Berechtigung. Wie man auf der Gleistafel sieht, sind die Bahnhofsgleise weiss aufgemalt, sie haben also keine Gleisfreimeldung! Nur die gelben Teile (Weichen und Kurzabschnitte) sind isoliert. Die fiktive Gleisbelegung ist jedoch mehr eine Erinnerung als eine Sicherheitsfunktion. Sie ersetzt daher keinesfalls die hier nötige visuelle Kontrolle, ob die zu befahrenden Gleise frei sind, bevor das Signal auf Fahrt gestellt wird.

Florian schreibt dazu in seinem Kommentar: "Und Bayern hat[te] mit der Schweiz sicherungstechnisch in d[ies]en Jahren irgendwie sehr viel gemeinsam. Wo sonst z.B. gibt es die mechanische Belegtabhängigkeit derart ausgeprägt?" Leider habe ich in Bayern versäumt, solche Anlagen aufzunehmen. Eine Fotoserie von "Kay" ist aber hier im DSO zu bewundern; im Bahnhof Großkarolinenfeld ist eine solche "mechanische Gleisbelegung" kurz erklärt. Aber wir schweifen ab ... zurück zu Fahrstraßen und fiktiver Gleisbelegung in St.Blaise:

Fahrstraßenhebel, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Hier ist noch einmal die ganze Anlage bei einer Durchfahrt zu sehen:

Hebelbank, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Und aus irgendeinem Grund habe ich die Details eines Schaltschranks aufgenommen.

Beim Sicherungskasten sieht man auch noch ein paar Details. Einzelne Sicherungen sind plombiert, da deren Entfernung zur 'Manipulation' benutzt werden könnte. Die linke Seite sind Keramiksicherungen mit Sicherungsdraht, das sind Steuerungsstromkreise. Rechts sieht man Röhrensicherungen mit 1 Ampere für die Signallampenstromkreise. Diese müssen sehr präzise auslösen, da sichergestellt werden muss, dass bei einem Kurzschluss (z.B. im Signallampensockel) die Sicherung sicher anspricht, damit das Stellwerk die Signalstörung auch mitbekommt:

Schaltschrank mit Sicherungen, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Sicherungen, St.Blaise CFF, 17.8.1988

Im nächsten Posting gehen wir aber nach draußen und sehen uns einige Außenanlagen an!

Mittwoch, 11. Mai 2016

Schweiz 1988: Bilder im Vorbeifahren

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Vier Bilder im Vorbeifahren:

Integra-Schalterwerk, Pieterlen, 16.8.1988

Hanspeter Thöni: Das Bild aus Pieterlen zeigt ein interessantes Detail: Obwohl der Zug eingefahren war (das Foto wurde ja aus dem Zug gemacht, man sieht das belegte Bahnhofsgleis, das Ausfahrsignal zeigt Fahrt), ist der ankommende Blockpfeil noch rot. Genau unterhalb des Blockpfeiles sieht man im Tastentableu eine weisse Lampe leuchten. Das ist die Lampe 'Rückmelden möglich'. Darunter befindet sich die Rückmeldetaste. Das wiederum bedeutet, dass die Strecke zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit einem automatischen Block ausgestattet war, da die Strecken keine Gleisfreimeldung hatten. Der Beamte musste also zuerst den Zugschluss kontrollieren, bevor er die Strecke per Rückmeldung freigeben durfte (diese Tatsache hat mich nun noch zu einer Ergänzung in Grenchen Süd bewogen).

Details des Integra-Schalterwerks, Pieterlen, 16.8.1988

Bahnhof, Pieterlen, 16.8.1988

Der folgende Schnappschuss in Biel Mett zeigt die Blumen vor der Fahrdienstleitung schöner als das Schalterwerk im Innern:

Integra-Schalterwerk, Biel Mett, 16.8.1988

Und zuletzt noch ein Blick aus der Ferne auf die mit fünf Semaphoren bestückte Signalbrücke im Rangierbahnhof von Biel – weitere Fotos davon kommen in einigen Wochen:

Signalbrücke, Biel/Bienne Rbf, 16.8.1988

Dienstag, 10. Mai 2016

Schweiz 1988: Umgebautes mechanisches Jüdel-Stellwerk in Grenchen Süd

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Ergänzung 15.5.2016: Hanspeter Thönis Kommentare habe ich nun direkt in den Text (kursiv) eingearbeitet, was ihn viel lesbarer machen sollte!

Von Brig sind wir nach meiner Erinnerung über Lausanne und sonstwie in die Gegend von Biel gegondelt, ohne dass ich was Sinnvolles fotografiert hätte. Nebenher abgefallen sind Schnappschüsse wie die folgenden:

SBB Be4/4? 1615, wo?, 16.8.1988

SBB Ae4/7 10955, wo?, 16.8.1988

Die Schweizer haben sozusagen die Idee der englischen "Ground Frames" minimalisiert, bis nur noch ein Hebel übrig geblieben ist: Viele Weichen hatten solche freistehenden Hebel erhalten – ob aus Gründen der Effizienz oder des Arbeitsschutzes, weiß ich leider nicht – ich würde vermuten, aus beiden.

Hanspeter Thöni: Der 'Einzel Ground-Frame' hat noch einen Vorteil: Man kann daran eine Aufschneidung erkennen, da das Ausscheren der Scheibe plombiert werden kann.

Weichenhebel, Biel/Bienne, 16.8.1988

Weichen, Biel/Bienne, 16.8.1988

SBB Ee 3/3 16400, Biel/Bienne, 16.8.1988

In Grenchen Süd habe ich die alte Sicherungsanlage aufgenommen. Sie war offenbar die Adaption eines mechanischen Stellwerks mit elektrischen Weichenantriebe, die über zweckentfremdete, blau lackierte Fahrstraßenhebel gestellt wurden. Für die Fahrstraßenfestlegung waren wie üblich grüne Hebel zuständig, während rote Hebel die Signale stellten.

Die 'umfunktionierten' Fahrstrassenhebel waren eine Spezialität, die z.B. auf der Linie Luzern-Olten durchgängig vorhanden war. Beim Umbau auf elektrische Weichenantriebe wurden dabei die grossen Hebel durch solche Hebel ersetzt. Der Hebel bewegt sowohl den Verschlussbalken wie auch die Ansteuerung der Kontakte in der oben aufgesetzten Hebelsperre:

Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Hier sieht man die Fahrstraßenhebel etwas näher – wir werden uns die möglichen Fahrstraßen gleich genauer ansehen und dabei auf einige schweizerische Spezialitäten stoßen. Über den Fahrstraßenhebeln befinden sich drei Blenden, die rot oder weiß anzeigen können. Ich denke, sie zeigen nur mechanisch an, ob auf ein (Haupt-)Gleis eine Fahrstraße eingestellt ist; die genaue Funktion weiß ich leider nicht.

Die rot/weissen Farbscheiben sind die Anzeige der sogenannten 'Fiktiven Gleisbelegung.' Das ist ein Überbleibsel aus der Zeit, wo nicht alle Geleise isoliert, also mit Gleisfreimeldung versehen waren. Eine Einfahrt in ein Gleis kann nur gestellt werden, wenn die Scheibe weiss ist. Beim Stellen der Einfahrt (relevant ist der Fahrstrassenhebel) wechselt die Scheibe auf Rot. Beim Zurücklegen bleibt die Scheibe rot. Erst wenn man nun eine Ausfahrt stellt, wird beim Zurücklegen der Ausfahrt-Fahrstrasse die Scheibe wieder weiss. Die zweite Funktion dieser Belegteinrichtung ist die mechanische Fahrstrassenreihenfolge. Damit wird verhindert, dass man zuerst eine Ausfahrt und dann eine Einfahrt auf ein Gleis stellt. In der Schweiz hat man die sog. Vereinfachte Fahrstrassenreihenfolge angewendet: Eine Ausfahrt lässt sich immer stellen, auch wenn vorher keine Einfahrt eingestellt wurde (also die Scheibe weiss ist). Um ein Gleis zu belegen oder freizumachen (wenn mit Rangierfahrten Fahrzeuge entfernt oder hineingestellt wurden), muss man eine blinde Ein-/Ausfahrt machen (also nur den Fahrstrassenhebel, ohne Signalbedienung).

Auf dem Hebelaufsatz für die Fahrstraßenhebel ist oben ein kleines Integrapult für einen Bahnübergang in einem benachbarten Bahnhof angebracht – das muss wohl Bettlach sein – Grenchen Süd selbst kann es nicht sein, da passen weder die Gleisnummern noch die Weichen noch die Signalbezeichnungen, und der Abzweigbahnhof Lengnau ist es sicher nicht; aber leider ist das Bild so unscharf, dass man die Kilometerangabe über den beiden Tasten nicht lesen kann. Wieso aber wurde dieser Bahnübergang nicht von "seinem Bahnhof" gesteuert? – war der Bahnhof nicht besetzt? Wie funktioniert dann aber der Streckenblock, der offenbar noch Einzelzustimmung verwendete – siehe das Detailbild weiter unten? ... irgendwas passt da nicht zusammen.

Bettlach dürfte mit automatischen Durchgangsbetrieb ausgestatten gewesen sein. Somit brauchte das Stellwerk nicht bedient zu werden. Dass für Stationen, welche eine Durchschaltung hatten, in einer bedienten Station ein Domino-Pult mit ein paar wenigen Bedienung (Barrieren, Nothalt usw.) vorhanden war, war damals vielfach so. Im Tösstal in Bauma gab es das bis 2014. Für alles andere musste das Stellwerk lokal bedient werden. Die Einzelzustimmung beim Block kommt nur bei Einspurbetrieb zum Tragen. Im Doppelspurbetrieb werden keine Zustimmungen benötigt. Der automatische Betrieb kann nur bei Doppelspurbetrieb verwendet werden.

Das Bild von Pieterlen im nächsten Post hat mir noch gezeigt, dass der Block noch nicht automatisiert war. Die Strecken hatten also noch keine Gleisfreimeldung (hätte mir vorher schon auffallen können, da auf dem Bild oben klar und eindeutig eine Rückmeldungslampe mit zugehöriger Rückmeldetaste zu sehen ist). Das Stellwerk in Bettlach kann also keinen 'automatischen Durchgangsbetrieb' gehabt haben, sondern nur einen 'Durchgangsbetrieb'. Der Unterschied liegt darin, dass die Station in diesem Falle nicht Blockstelle sein kann. Es kann ja keiner den Zugschluss kontrollieren, wenn die Station nicht bedient ist. Die Rückmeldedistanz verlängert sich daher bis zur nächsten bedienten rückliegenden Station.

Außerdem waren auf diesem Pult auch rechts unten die Tasten für die Tag/Nachtumschaltung der Signale und die Weichenbeleuchtung hier in Grenchen Süd angebracht:

Fahrstraßenhebel und Überwachungspult, Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Die Gleistafel habe ich leider mit einer Blitzlichtreflexion verunziert. Hier ist auf beiden Seiten eine Einfahrt gestellt:

Gleis- und Signaltafel, Grenchen Süd, 16.8.1988

Den Gleisplan habe ich hier noch einmal lesbarer nachgezeichnet (Klick öffnet lesbares PDF):


Interessant ist die Bezeichnung der Signale: Sie haben alle den Index 1/2, was keine Gleisnummern sind, sondern noch von den alten Bezeichnungen für Semaphore (Flügelsignale) herrührt und "1 oder 2 Flügel" Fahrbegriff 1 (frei) und 2 (40 km/h) bedeutete.

Der folgende Ausschnitt aus dem vorletzten Bild zeigt die Fahrstraßenhebel, anhand derer wir eine Fahrstraßentabelle aufstellen können:

Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Hier ist einmal eine kurze Tabelle, aus der wir zwei Spezialitäten der Schweiz ersehen können. Die Fahrmöglichkeiten auf den durchgehenden Hauptgleisen 1 und 2 sind offensichtlich. Auch die Fahrmöglichkeiten auf Gleis 3 sind nicht unerwartet: Auf dieses Ausweichgleis kann von beiden Seiten eingefahren werden und auch auf beiden Seiten ausgefahren. Erstaunlich (für Nicht-Schweizer) sind aber die Ausfahrten von Gleis 5: Zum ersten ist dieses Gleis das Ladegleis direkt am Güterschuppen, also ein Nebengleis. In anderen Ländern sind Ausfahrten aus solchen Gleisen nicht möglich – nicht mehr möglich, denke ich, denn vor 120 und mehr Jahren dürfte das noch zulässig gewesen sein. Noch erstaunlicher ist, dass eine der beiden Ausfahrtstraßen vom Gleis 5 über einen Entgleisungsschuh führt – aber auch das ist in der Schweiz nicht ungewöhnlich, wie man auch an diesem Unfallbericht sehen kann

Dass aus dem 'Rampengleis' nur eine Ausfahrt, aber keine Einfahrt vorhanden ist, war in der Schweiz die Standardausführung. Die Entgleisungsvorrichtung/Entgleisungsschuh wurde benötigt, da vom Zwischengleis (zwischen 1 und 5) kein Flankenschutz zum durchgehenden Hauptgleis vorhanden war:


Hier ist mein Versuch, den Verschlussplan des Stellwerks für die Fahrstraßen aus den sichtbaren Beschriftungen zu rekonstruieren. Die kursiven Einträge sind von mir ergänzt. Die Pluszeichen (+) sind nicht neben den Fahrstraßenhebeln angeschrieben, sondern von mir zur Klarstellung eingetragen – offenbar werden auch hier, wie auf manchen österreichischen Anlagen, nur die Weichen vermerkt, die gegen die Grundstellung stehen müssen. Bei Einträgen mit Fragezeichen bin ich mir unsicher, ob hier ein Verschluss hergestellt wird.

Was aber bedeuten die rot markierten Einträge? Die roten Fahrstraßen sind – so schließe ich aus dem Gleisplan – im Zuge des Gleiswechselbetriebs (in der Schweiz nennt man das "banalisierter Verkehr") der Einführung des Gleichstromblocks dazugekommen: Z.B. kann von Gleis 2 nach Lengnau nicht nur auf das linke Regelgleis ausgefahren werden (wo alle befahrenen Weichen in der Grundstellung stehen), sondern auch auf das rechte Gleis, wo die Weichenverbindung 16/17 gegen die Grundstellung stehen muss. Und die rot angeschriebenen Weichen sind jene, die für die jeweilige "rote" Fahrstraße gegen die Grundstellung stehen müssen – das können weniger (z.B. bei b3f) oder mehr (etwa bei c2f) sein.

Die Strecke ist allerdings nicht banalisiert, also mit echtem Gleiswechselbetrieb versehen. Das sieht man, da nur ein Einfahrsignal vorhanden ist. Bei einer Banalisierung benötigt man pro Gleis ein Einfahrsignal.

Als das Stellwerk gebaut wurde, gab es nur Fahrstrassen vom bzw. auf das linke Gleis. Ein signalmässiges Fahren auf das 'falsche' Gleis war nicht möglich. Im normalen Doppelspurbetrieb ist es auch in diesem Zustand nicht möglich. Später, als der Gleichstromblock eingeführt wurde, wurde hier die Möglichkeit geschaffen, mittels Streckensperre ein Gleis quasi 'ausser Betrieb' zu nehmen und auf dem verbleibenden Gleis Einspur zu fahren. Nun gab es aber ein Problem: Wir brauchen Fahrstrassen für diese 'falschen' Fahrten. Da gab es nun zwei Möglichkeiten: Häufig hat man zusätzliche Fahrstrassenhebel für diese Fahrten eingebaut. Hier hat man aber eine andere Möglichkeit gewählt: Man sieht auf dem Fahrstrassenhebel rechts, dass zwei Fahrstrassen auf der gleichen Hebelstellung liegen oben: a2 und a2f. a2 bedeutet von Signal A nach Gleis 2, a2f bedeutet von Signal A nach Gleis 2 vom falschen Gleis aus. Das gleiche sieht man bei den Ausfahrten b3 und b3f. Und hier kommt die Farbe ins Spiel: die 'falsche' Fahrstrasse ist in Rot angeschrieben. Diejenigen Weichen, die nun für die falsche Fahrstrasse umgelegt werden müssen, sind daher ebenfalls in Rot angeschrieben.

Was allerdings die rote Weichennummer 8 bedeuten soll, ist mir nicht klar. Man sieht diese rote 8 sowohl neben den Fahrstraßenhebeln wie auch direkt bei den Aufschriften neben dem Weichenhebel.

Die rote Weiche 8 bedeutet genau das, was Florian Listl bereits in seinem Kommentar geschrieben hat, nämlich "dass +/- Stellung hier vertauscht sind, sprich, die Weiche in Grundstellung abzweigend steht."

Interessant sind zuletzt auch noch die Signalbezeichnungen: Hier sind wieder die möglichen Fahrbegriffe angezeigt. Wenn zwei Fahrstraßen derselben Hebellage (also eine "schwarze" und eine "rote"), aber verschiedene Signalstellungen (etwa bei c2 und c21) brauchten, dann waren einfach beide Ziffern angegeben, z.B. C1/2; die korrekte Auswahl des Signalbildes erfolgte ja sowieso über die jeweils eingestellte Fahrstraße (Klick öffnet lesbares PDF):


Diese zusätzlichen Fahrstraßen auf das oder vom jeweiligen Gegengleis werden allerdings, wie man am Bildausschnitt weiter oben sehen kann, von denselben Fahrstraßenhebeln in derselben Stellung verschlossen – da aber Weichen dort anders stehen müssen als bei den Fahrten auf das oder vom Regelgleis, kann der Verschluss nicht mechanisch über das Verschlussregister erfolgen! Offenbar ist also die "mechanische" Anlage schon teilweise auf elektrischen Verschluss der Weichen umgebaut worden.

Nein, der Verschluss ist doch (auch) mechanisch gelöst: Nun haben wir jedoch das Problem, dass z.B. bei den Fahrstrasse a2 und a2f die Weichenverbindung ½ je nach Verwendung anders liegen müssen. Daher hat man spezielle Verschlussstücke oder auch 'Löcher' in die Verschlussbalken gebaut, welche dafür sorgen, dass die Weiche bei dieser Fahrstrasse in beiden Lagen verschlossen wird. Ob die Weiche richtig liegt, kann jetzt aber nur noch elektrisch geprüft werden, dass wird in der Signalfreigabe erledigt. In diesem Stromkreis werden auch die Blockbedingungen sowie die Gleisfreimeldung geprüft. Der Verschluss erfolgt also immer noch mechanisch.

Und ein solches Loch sieht man tatsächlich auch auf dem Foto des Schieberkastens weiter unten – hier ein Ausschnitt davon:


Hier sieht man die Hebel für Ein- und Ausfahrsignal auf Seite Bettlach und daneben zwei Weichenhebel. Der linke davon ist für die Weiche 9 und den dahinterliegenden Entgleisungsschuh (Es!) zuständig, der rechte für das Weichenpaar 7/8. Alle Hebel können durch Hebelsperren blockiert werden:

Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Die Möglichkeit von gesicherten Fahrten im Einspurbetrieb erkennt man auch auf dem Kasten für die Streckenblocksteuerung, den ich aus dem vorigen Bild herausvergrößert habe: Für beide Streckengleise 184 und 284 Richtung Bettlach kann hier getrennt die "freie Bahn", also die Erlaubnis zu Fahrten Richtung Bettlach, angefordert werden; und umgekehrt die Zustimmung zu Fahrten von Bettlach nach Grenchen Süd gegeben werden. Eine gleichartige Bedienung ist auf der linken Seite der Anlage für die Streckengleise 186 und 286 Richtung Lengnau vorhanden.

Eine Einzelzustimmung (pro Zug) im Einspurbetrieb gab es nur beim OH-Block (genannt Chrüzliblock). Das ist hier aber nicht die verwendete Blockart. Beim Doppelspurblock mit Streckensperre (wie hier in Grenchen Süd) musste nur eine Zustimmung erteilt werden, wenn die Fahrrichtung gewechselt werden sollte (nur bei Einspurbetrieb möglich):

Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Man erkennt übrigens, dass diese Bauart der Jüdel-Stellwerke der direkte Vorläufer der deutschen Einheitsstellwerke sind: Von den Verschlussbalken bis zu den Blockwellen im Hintergrund und natürlich auch der Anordnung der Schieberkastens und den Fahrstraßenhebeln auf den vorherigen Bildern ist alles von den Einheitsstellwerken her wohlvertraut:

Schieberkasten, Sicherungsanlage, Grenchen Süd, 16.8.1988

Von wem diese konkrete Anlage ursprünglich gebaut wurde, weiß ich leider nicht – auf dem ersten Bild ist zwar das Fabriksschild am Rahmen mit drauf, aber es ist praktisch nicht entzifferbar. Mit (zu?) viel Phantasie könnte man aber in der Mitte den Namen Jüdel erkennen.

Das Stellwerk ist definitiv Jüdel, wenn noch die alten Weichen-/Signalhebel da wären, sähe man das besser:


Zuletzt ist hier noch ein Bild des Bahnhofs zu sehen, mit der Weichenverbindung 12/13 im Vordergrund:

Bahnhof, Grenchen Süd, 16.8.1988