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Freitag, 16. November 2012

Die Schwarz-Weiß-Trennlinie auf Stellgewichten österreichischer Weichen

Ich habe zwar schon einmal über die Anstriche von Weichengewichten gepostet ("Die Schwarz-Weiß-Trennlinie auf Stellgewichten ortsbedienter Weichen"), aber dabei habe ich offensichtlich bei weitem nicht alle Spielarten dieses Themas betrachtet. Beim Herumblättern in meinen eigenen Postings bin ich nämlich über das folgende Foto aus Oberdrauburg gestolpert – das ist ja wohl ein "verquerer" Anstrich eines Weichengewichts!

Weiche 3, Oberdrauburg, 16.2.1983

Also habe ich mich jetzt einmal durch meine Scans durchgeackert und geschaut, ob's noch andere, mehr oder weniger interessante Fotos zu diesem Thema gibt. Insgesamt bin ich auf ungefähr 45 Bilder gestoßen, die's mir wert sind hier herausgepickt zu werden. Etwa zwei Drittel davon habe ich schon an diversen Stellen gepostet, der Rest gehören zu Bahnhöfen, über die ich erst im Lauf der nächste Monate einen Text schreiben werde. In den meisten Fällen sind natürlich die Weichen und ihre Gewichte nicht zentrales Thema des jeweiligen Fotos gewesen – dann kommt man hier in den Genuss irgendeines anderen Motivs, das auch interessant sein könnte: Eine Dampflok, ein alter Wagen der Pöstlingbergbahn oder ein sechsachsiger Dampfkran bei der Arbeit ...

Aber fangen wir von vorne an: Wo steht denn eigentlich, dass die Stellgewichte von Weichen schwarz-weiß markiert sind? Die V2 – die Signalvorschrift der ÖBB – enthält dazu nichts, denn diese Markierung ist kein Signal (oder Kennzeichen – früher wurde das unterschieden). Fündig wird man in der V3. In der von 1980 heißt es nur lapidar im §4 (2):
Die Grundstellung der Weichen ist im Lageplan angegeben, außerdem ist sie bei ortsbedienten Weichen am Stellgewicht [...] erkennbar.
Genaueres über die Art der Markierung wird hier nicht festgelegt. In meinem alten Exemplar der V3 von 1962 (das vollgeklebt ist mit Berichtigungen) heißt es aber im Punkt 35 "Grundstellung":
Die Grundstellung nur örtlich bedienter Weichen ist am schwarz-weiß gestrichenen Stellgewicht in der Weise erkennbar, daß dessen schwarz gestrichene Hälfte dem Erdboden oder dem zugehörigen Gleis zugewendet ist.
Das Gewicht auf dem ersten Foto hält sich genau an die zweite Möglichkeit dieser Regel: Weil der Weichenbock um 90° verdreht aufgestellt ist, hängt das schwingende Gewicht immer parallel zur Wand des Bahnhofs und damit zu den Bahnhofsgleisen. Wenn es wie im Bild hängt, ist der schwarze Teil näher beim Gleis – die Weiche ist in der Grundstellung oder Plus-Stellung. Wenn es auf die andere Seite hängt, ist der weiße Teil näher beim Gleis, d.h., die Weiche steht gegen die Grundstellung oder in der Minus-Stellung.

Vielleicht ist es hilfreich zu verstehen, wie sich das Weichengewicht bei einer solchen Weiche bewegt – ich habe hier eine Darstellung der Bewegungen versucht:
  • Zuerst wird das Gewicht "leer" um die schrägstehende Achse 1 am Antriebshebel nach oben gehoben.
  • Dann wird die Weiche umgestellt, indem das Gewicht samt dem Antriebshebel um die Welle 2 nach unten bewegt wird – zuerst mit etwas Schwung angeschoben, dann fallen gelassen.
Update: Siehe einen der Kommentare – der Ablauf ist hier "didaktisch" dargestellt. In der Praxis wird schon während der Drehung um die Achse 1 das Gewicht nach unten gedrückt, sodass eine durchgehende Bewegung entsteht.
Man sieht, dass nach dem Umstellen der oben angebrachte Griff wieder nach oben steht – das Gewicht bleibt also bezüglich "oben-unten" in derselben Lage:

Umstellen einer Weiche mit Schwinggewicht

Ortsbediente Weichen in Italien verwenden übrigens standardmäßig diese Art von Mechanik.

Weil wir nun schon bei Weichen mit schwingenden Gewichten sind, folgen hier weitere Fotos davon.

Hier sieht man die Regelanordnung einer Weiche der Bauart Xa mit schwingendem Gewicht. Der Anstrich ist bei solchen Gewichten sinnvollerweise mit einer senkrechten Trennlinie aufgebracht, wobei in der Grundstellung der schwarze Teil näher am Gleis ist. Nach dem Umstellen steht das Gewicht in die andere Richtung, der Griff weist aber wie gesagt noch immer nach oben. Die schwarz gestrichene Hälfte zeigt nun aber vom Gleis weg – die Weiche steht dann in der Minus-Stellung. Ich bezweifle übrigens, dass die Vorschriften von Privatbahnen wie der Zillertalbahn überhaupt diese Markierung erwähnt haben, auch wenn sie das Rückstellen von Weichen in eine Grundstellung verlangen, oder dass diese Kennzeichnung behördlich vorgeschrieben war. Trotzdem haben alle österreichischen Bahnen (mit Ausnahme der Pöstlingbergbahn) den Schwarz-Weiß-Anstrich zur Markierung der Grundstellung verwendet.

ZB 3 der Zillertalbahn mit 8835, Strass, 14.4.1979

Auch diese Weiche mit schwingendem Gewicht in Bad Aussee ist wie üblich gebaut. Allerdings ist das Weichensignal höher als sonst, weil darunter ein Fahrleitungsende-Kennzeichen montiert ist, das sich mit dem Weichensignal dreht (und das man auf dem Foto kaum sieht, weil es in der Grundstellung der Weiche längs zum Gleis steht):

Weiche zur Bahnmeisterei in Bad Aussee, 31.6.1986

Interessant ist allerdings die folgende Weiche mit schwingendem Gewicht: Bei ihr ist das Gewicht mit einer waagrechten Trennlinie zwischen schwarz und weiß gestrichen. Allerdings wird das Gewicht nach dem Umstellen wieder in der gleichen Lage stehen (siehe die obige Darstellung). Daher ist dieser Anstrich – nun ja – eher witzlos:

Linz Vbf, Stw.20, 11.8.1983

Die folgende Weiche der Steyrtalbahn in Klaus hat dasselbe Problem:

699.103, Klaus, 29.12.1978

Widmen wir uns nun aber Weichen mit üblichen Stellgewicht, das über eine "Gabel" die Stellstange bewegt. Zum Umstellen wird das Gewicht zuerst leer nach oben gehoben; in dieser Stellung schlägt der Stellhebel gegen einen Anschlag der Gabel, der durch das nun folgende Herabfallen des Gewichts mitgenommen wird und die Weiche umstellt. Die Gabel hat sich dabei um ca. 90° bewegt, sodass nun der Anschlag der Gegenseite senkrecht nach oben steht und beim Zurückstellen des Gewichts von dort aus den Antrieb übernimmt. Bei diesen Weichen wird das Gewicht beim Umstellen also "auf den Kopf" gestellt, sodass eine mehr oder weniger waagrechte Trennlinie die korrekte Wahl ist – manchmal wirklich waagrecht, zumindest in der Grundstellung, manchmal parallel zum Stellhebelarm und damit nur "ungefähr waagrecht".

In Gmünd fiel die Trennlinie, nach der in Österreich häufigeren Anordnung, mit der Verlängerung des Stellhebels zusammen. Interessanterweise sind die Weichensignale hier rückstrahlend ausgeführt, trotzdem hat der Weichenkörper aber noch den "Hut" für eine Petroleumlampe für eine Beleuchtung von innen:

Weiche 37, CSD 556.0506 vor 96064, 20.7.1979, Gmünd

Auf der Steyrtalbahn hingegen waren die Gewichte mit einem Anstrich mit waagrecht liegender Trennlinie versehen. Außerdem waren – wie bei einigen Schmalspurbahnen, aber auch bei Anschlussbahnen – die Weichenkörper nicht als "Würfel", sondern nur mit flachen Blechen ausgeführt:

298.51, Lokschuppen Molln, 29.7.1978

298.53, Aschach, 29.7.1979

Auf der Zillertalbahn waren bei solchen Weichen erstaunlich kleine Gewichte im Einsatz, die ebenfalls eine waagrechte Trennlinie hatten. Auch hier waren die Weichensignale als einfache Bleche ausgeführt:

Zillertalbahn, Jenbach, 29.4.1979

Im August 1985 hat sich die Trennlinie dieser Weiche (und einiger anderer dazu) unter die Wasseroberfläche begeben. Ganz wenig sieht man einen schwarzen Zwickel aus dem Wasser hervorlugen, sodass ich annehme, dass die Trennlinie in der Verlängerung des Stellhebels liegt:

Wien Donauuferbahnhof, Donauhochwasser, Wien, 8.8.1985

Zumindest für die Weiche 55 wird diese Annahme durch das folgende Foto bestätigt, das ich etwas mehr als ein Jahr später geschossen habe. Hier sieht man übrigens, dass der Griff auf solchen Gewichten möglichst weit außen angebracht wird, um das schwere Gewicht von ca. 25kg etwas leichter anheben zu können:

Weiche 55, Wien Donauuferbahnhof, 5.11.1986

Auch die folgende, komplizierte Weiche wird von einem Stellgewicht so angetrieben, dass man es zuerst leer nach oben bewegt und dann mit dem fallenden Gewicht die Weiche umstellt. Allerdings wird hier keine Gabel verwendet, sondern ein mit einem gebogenen Schlitz versehener Mitnehmer im unteren Teil des Stellhebels. Ein einzelner durchgesteckter "Splint" des eigentlichen Antriebshebels wird von dem Mitnehmer jeweils bei der Abwärtsbewegung des Gewichts mitgenommen und stellt die Weiche um. Der Griff der Weiche ist zugleich auch die Befestigungsschraube des Gewichts und daher hier der Mitte angebracht. Endlich einmal sieht man hier eine Weiche in der Minusstellung – der weiße Teil des Gewichts ist näher beim Boden:

Weiche 2 der Schafbergbahn und mein Cousin, St.Wolfgang, 9.8.1983

Bei der folgenden Weiche ist die Montage wohl im wahrsten Sinne des Wortes ein wenig schiefgegangen: Das Gewicht ist eigentlich für eine waagrechte Trennlinie in der Grundstellung lackiert – und hier steht die Weiche in der Grundstellung. Das Gewicht ist allerdings irgendwie "verkehrt schräg":

Weiche 5, Groß Schweinbarth, 26.7.1984

Der Sinn der Schwinggewichte wie auch des Antriebs über eine Gabel ist ja, dass erstens das Gewicht immer an einem möglichst langen Hebelarm wirkt (der Stellhebel also praktisch waagerecht steht), um den Weichenverschluss zu sichern, und zweitens, dass nicht schon beim Anheben des schweren Gewichts Bewegungen des Weichengestänges erfolgen – alle solchen (reibungsgebremsten) Bewegungen sollen durch das fallende Gewicht unterstützt werden. Trotzdem gibt es auch simplere Antriebe, wo das Gewicht direkt auf die Antriebsstange wirkt und wo der Weichensteller daher schon beim Anheben des Gewichts "Arbeit gegen die Reibung" verrichten muss.

Hier sieht man einen solchen Antrieb. Wegen der fehlenden "freien Bewegung" des Gewichts steht dieses unter ca. 45° nach oben. Die Trennlinie ist hier mit der österreichischen Mehrheit in der Verlängerung des Stellhebels angebracht. Deutlich ist auf dieser Weiche die Kennzeichnung "A" zu sehen (auch wenn sie etwas eigenwillig ausgeführt ist). In der V3 von 1962 heißt es dazu im Punkt 34:
Weichen [...] dürfen nur von den dazu bestimmten Bediensteten bedient werden.
Weichen, die auch von anderen befugten Bediensteten gestellt werden dürfen, sind durch ein „A“ am Stellgewicht gekennzeichnet.

Anschlussbahnweiche, Laxenburg-Biedermannsdorf, 29.7.1984

Interessanterweise waren solche A aber auch auf Weichen angebracht, die in Zugfahrstraßen lagen, z.B. der Spitzenweiche des Bahnhofs Aschach, die einige Bilder weiter oben gerade von einem Zug befahren wird (man muss das Bild allerdings ziemlich vergrößern, um das A zu erkennen). In Lienz, meinem "Heimatbahnhof" und immerhin Zugbildebahnhof, hatten überhaupt alle Weichengewichte ein solches A!

Immer wieder einmal ist der Platz zu knapp, um den Weichenantrieb gerade neben der Weiche zu montieren. Dann greift man zu einem Winkelhebel und stellt den Weichenantrieb um 90° gedreht auf, wie auch beim Auslöserbild dieses Postings ganz oben – wo allerdings nicht der Platz das Problem war, sondern dass eine Aufstellung mitten am Bahnsteig ein Hindernis für Reisende gewesen wäre. Hier zwei Beispiele, wo tatsächlich Platzgründe zu einer "Eckmontierung" geführt haben – einmal mit einer Trennlinie in der Stellhebelverlängerung, dann mit einer waagrechten Trennlinie:

Weiche 503, Wien Hetzendorf, 26.7.1986

Mittelweiche 6, Leogang, 29.8.1986

Und zuletzt noch eine Weiche mit Gabelantrieb, wo die Trennlinie "ganz anders" liegt, nämlich rechtwinklig zum Stellhebel! Formal ist das korrekt, weil die Regel "daß dessen schwarz gestrichene Hälfte ... dem zugehörigen Gleis zugewendet ist" hier angewendet werden kann. Allerdings wurde diese Regel eigentlich nur für Schwinggewichte geschaffen. Wer immer hier das Gewicht so lackiert hat, hat das offenbar anders gesehen:

Weiche 31(?), Waidhofen a.d.Ybbs, 19.9.1986

Und was ist jetzt mit dem Dampfkran? Gemach, gemach – der kommt im nächsten Posting zum Weichenstellgewichtstrennlinienthema!

4 Kommentare:

  1. Das Bild "298.51, Heizhaus Garsten, 29.7.1978" ist nicht in Garsten aufgenommen, sondern neben dem Lokschuppen in Molln.

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  2. zum 2. Bild von oben: das Stellgewicht bei diesem Weichentyp kam normal nie in diese Höhe. Das Stellgewicht wurde in einer 180 ° Drehung fast waagrecht herumgeschleudert, daher auch der frühere Name des Weichenstellers " Birnschleuderer".

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    1. Mit etwas Schwung geht's schon tiefer unten - "fast waagrecht" halte ich für etwas übertrieben, weil schon eine Mindestkraft die Ruhereibung der Zungen überwinden muss; aber wenn man das Gewicht bis zur Hälfte gedreht hat (auf ca. halbe Höhe), kann man schon die Zungen "losbrechen".

      Zufällig habe ich vor kurzem so eine (Normalspur-)Weiche der Bauart Xa ein paar Mal umgestellt - in der einen Richtung war sie freundlich und hat ungefähr so wie Du's beschreibst reagiert, in der anderen wollte sie aber ungern, und ich hab schon den ganzen Hebelarm gebraucht. Allerdings bin ich beileibe kein professioneller "Birnschleuderer"!

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