Bei Lücke an Welle müssten wir z. B. mit irgendeiner Fräse eine Längslücke in die Welle bringen – kein ganz angenehmes Unterfangen. Umgekehrt gibt es schon fertige "Wellen" mit "langen Zähnen", nämlich Alu-Profile. Und wenn wir die Konstruktion wie bei einem echten Stellwerk verdoppeln wollen, also sowohl eine Links- wie auch Rechtsbewegung der Schieber erlauben wollen, dann bietet sich dafür ein einfaches Winkelprofil an, wie ich es am Wochenende zufällig in der Werkstatt herumliegen hatte: Zwei Millimeter stark, mit Schenkellängen von 15 mm:
Werkstattreste
Mit diesen Maßen bewaffnet, machen wir uns nun an die Konstruktion des Gruppenverschlusses. Als Drehachse nehmen wir die innere Kante des Winkelprofils, sodass die Schenkel (oder Zähne) jeweils 13mm lang sind – so groß ist also der Kreis, den die "Welle" beansprucht. Außerhalb dieses Kreises zeichne ich einmal ungefähr die Außenseite der "Gabeln" ein, die dann die Zähne bewegen sollen:
Zur Konstruktion des Restes der Gabel verschieben wir den bisher gezeichneten Teil einmal mit dem Schieber. Diese Verschiebedistanz ist das zentrale Maß bei der Konstruktion eines Verschlusses – ich setze sie hier ungefähr so an, dass sich der Gruppenverschluss um nicht ganz 45° dreht und lasse die Auswirkungen auf das Verschlussregister, also die Abhängigkeiten mit den Verschlusstücken der Weichen- und Riegelhebel, einmal außer acht:
Hier können wir nun das verdrehte Profil (also die verdrehte "Welle") einzeichnen und aus der Schrägstellung des "Zahnes" die Breite der "Gabel" konstruieren:
Bei dieser ungenauen Art der Konstruktion fehlt uns nun nur noch die Höhe des rechten Schenkels der Gabel. Sie ergibt sich daraus, dass die Gabel in der Grundstellung des Schiebers außerhalb des Kreises der Welle liegen muss – wir schieben den Schieber und damit die Gabel also gedacht wieder zurück und zeichnen den Rest der Gabel als Kreisstück entlang dem Kreis der Welle:
Das folgende Bild zeigt noch einmal den ganzen Konstruktionsablauf und, ganz am Ende, die vollständige Gabel, nun auch ergänzt um den symmetrischen Anteil für die Verschiebung des Schiebers nach links:
Wer daran interessiert ist, kann ja die einzelnen Forderungspunkte aus dem letzten Posting überprüfen – also
- dass eine Verschiebung eines Fahrstraßenschiebers nach links oder rechts das Winkelprofil verdreht;
- dass das verdrehte Winkelprofil den anschiebenden Fahrstraßenschieber in seiner Position festhält (indem es dessen "Gabel" mit dem Profilschenkel, also dem "Zahn", zurückhält), also den "Rückverschluss" garantiert;
- dass andere Fahrstraßenschieber nicht mehr verschoben werden können, weil sie mit ihrem Verschlussstück am verdrehten Profilschenkel anstoßen;
- und dass das Zurückschieben des Fahrstraßenschiebers das Winkelprofil weitgehend in die Mittenstellung zurückdreht ("aktive Rückstellung");
Nun geht's an die praktische Konstruktion. Weil das ein reines Demonstrationsobjekt werden soll, habe ich es ohne viel Schönheit zusammengebaut – ohne jegliche Hebel, nur das Verschlussregister. Auf dem folgenden Bild sieht man meine rohen Einzelteile, auf einem Holzbrett als Grundplatte ausgelegt:
- Links und rechts werden zwei schmale Leisten Anschläge für die Fahrstraßenschieber bilden;
- am oberen und unteren Rand dienen breitere Leisten als Auflage für die Verschlussbalken der Hebel – wobei diese Balken sich hier der Einfachheit halber (wie beim österreichischen Zentralschloss) vor und zurück bewegen werden, nicht wie beim Einheitsstellwerk auf und ab;
- die Fahrstraßenschieber sind dünne 6x6mm-Leisten,
- während die Verschlussbalken einen Querschnitt von ca. 16x4mm haben;
- auf den Fahrstraßenschiebern liegen zwei Winkelprofile, von denen eines den Gruppenverschluss bilden soll (das andere habe ich in dieser Konstruktion noch nicht verwendet);
- die Klötzchen werden die Drehlager des Gruppenverschlusses enthalten;
- ganz rechts liegen einige Messingplättchen, aus denen die Kulissen mit den "Gabeln" entstehen sollen;
- und zuletzt gibt es noch eine Handvoll 1,6x30er-Drahtstifte, die zum Zusammenbau und zur Führung der Einzelteile dienen werden.
Rohmaterial
Am Esstisch habe ich mit einem Geo-Dreieck die Löcher für die Drahtstifte auf Rahmen, Schiebern und Verschlusstücken markiert:
Anreißen
Als Gleisplan habe ich einen simplen dreigleisigen Bahnhof einer eingleisigen Strecke gewählt, wo das Einfahrsignal für alle drei Gleise mit derselben Stellung freigestellt wird. Das ist eine eher seltene Situation – ein realer Fall (allerdings mit einem Spurplanstellwerk) sind die Gleise 1 bis 3 am Münchner Ostbahnhof, wo wegen der gekrümmten Einfahrt in den S-Bahn-Tunnel alle drei Fahrstraßen über abzweigende Weichen führen und daher alle Ausfahrten und Einfahrten (bei Fahrt am falschen Gleis dieser zweigleisigen Strecke) Hp2 signalisieren. Wenn ich ein "dreifaches Oder" an einem "Standardbahnhof" hätte demonstrieren wollen, hätte der vier Gleise gebraucht, wo dann auf drei auf Hp2 eingefahren wird – das war mir ein bisschen zu viel Aufwand ...
Das folgende Bild zeigt eine Skizze des Gleisplans und links daneben das Verschlussregister mit den Fahrstraßenschiebern. Dabei stehen die Verschlusschieber der Weichen in Grundstellung hinten, in Minusstellung werden sie ein Stück nach vorne gezogen. Die Fahrstraßenschieber sind schon mit Verschlusstücken in Form von kurzen Drahtstiften bestückt, die in entsprechende Ausschnitte in den Weichenschiebern eingreifen können. Im Bild sieht man, dass der oberste Fahrstraßenschieber a1-a2 nach rechts verschoben werden kann, weil seine beiden Stifte in Ausschnitte der beiden Weichenschieber passen:
Demo-Verschlussregister
Auf dem folgenden Detailbild ist der a1-a2-Fahrststraßenschieber nun verschoben – die Fahrstraße a2 ist also verschlossen worden und legt damit ihrerseits die Weichenschieber fest, sodass die Weichen nicht mehr umgestellt werden können (vorausgesetzt natürlich, die Weichenschieber sind über Hebel und Drahtzug und Weichenantrieb sicher mit den Weichenzungen verbunden – alles das "denken wir uns dazu"):
Demo-Verschlussregister
Das Bild oben enthält auch Fahrstraßenschieber für die Ausfahrten, aber die sind für die Demonstration des Gruppenverschlusses nicht nötig, ich habe sie daher im Weiteren weggelassen.
Das folgende Bild zeigt das Verschlussregister für die Fahrstraße a3: Die Weiche 2 ist nun umgestellt, sodass der Weichenschieber nach vorne gezogen ist. Dadurch konnte der Fahrstraßenschieber a3 nach links verschoben werden und verschließt nun seinerseits beide Weichenschieber – die Fahrstraße ist verschlossen:
Demo-Verschlussregister
Aber nun geht's um die Konstruktion des Gruppenverschlusses. Zuerst habe ich die Achsstummel am Winkelprofil hergestellt – mit der Bandsäge das Profil passend ausgeschnitten ...
Achsstummel roh
... und dann (zu) grob rundgefeilt:
Achsstummel rund
Die Stummel sollen sich schlussendlich in den Nieten drehen, die ich hier in die Lager-Holzklötzchen eingesetzt habe:
Lager des Gruppenverschlusses
Die Kulisse mit den "Gabeln" habe ich zuerst testhalber auf Karton kopiert und das ausgeschnittene Kartonstück auf dem Schieber mit kurzen Drahtstiften befestigt. Die folgenden Bilder zeigen einige Versuche – der Karton war tatsächlich steif genug, um das Profil einige Male korrekt zu verdrehen. Bei der Höhenlage der Kulisse hatte ich mich vermessen, sodass ich die Ausschnitte auf den Messingplättchen um einige Millimeter tiefer legen musste – aber sonst funktionierte die Konstruktion prinzipiell:
Versuchsreihen
Was noch fehlt, ist eine Konstruktion, die das Winkelprofil in der Mittenlage hält, wenn es nicht von einem Fahrstraßenschieber verdreht wird. Das lässt sich leicht durch eine einzelne Feder erreichen:
Zentrierfeder
Diese eine Feder ist nicht der Weisheit letzter Schluss: Sie übt auf den verdrehten Verschluss eine Kraft aus, die über den Fahrstraßenschieber auf den Fahrstraßenhebel wirkt. Wenn bei diesem die Falle gezogen wird, dann wird er von der Feder zurückgezogen und "schnalzt" womöglich aus der Hand. Die Federzangenkonstruktion des Einheitsstellwerks hat diese Eigenschaft nicht: Dort ist der Gruppenverschluss in umgelegter Stellung kräftefrei. Wenn es einem das wert ist, müsste sich das mit folgender einfachen Konstruktion erreichen lassen – in meinem Demo-Aufbau habe ich mir das aber erspart:
Verbesserter Zentrierhebel
Zuletzt muss noch ein Bauteil vorgesehen werden, durch das der Signalverschluss aufgehoben wird, wenn sich der Gruppenverschluss nach links oder rechts verdreht. Ich habe in meiner Demo-Konstruktion den Verschlussbalken des Signalhebels neben den Gruppenverschluss gelegt, nicht wie beim Einheitsstellwerk mittenhinein. Ein einfaches Klötzchen ragt in eine Ausnehmung des Gruppenverschlusses:
Signal-Verschlusselement
Wenn sich Gruppenverschluss nach links oder rechts verdreht, gibt er das Klötzchen frei ...
Freigegebenes Signal-Verschlusselement
... und der Signalhebel kann umgelegt werden:
Verschobener Signalverschluss
Dabei muss natürlich sichergestellt werden, dass das Klötzchen nun in beiden Fällen den Gruppenverschluss festlegt, sodass er nicht mehr zurückgelegt werden kann. Dass das der Fall ist, sieht man an den beiden folgenden Bildern:
Blockierter Gruppenverschluss
Und durch den Rückverschluss ist dadurch nun garantiert, dass der verschobene Fahrstraßenschieber nicht zurückbewegt werden kann, was seinerseits wieder die Verschlussbalken der Weichenhebel blockiert, sodass die Weichen in der Fahrstraße nicht mehr umgestellt werden können: Das ist die gesetzlich vorgeschriebene Signalabhängigkeit.
Das folgende Video (dasselbe wie aus dem letzten Posting) zeigt der Reihe nach die Einstellung der Fahrstraßen a2, a1 und a3:
Aus der doch ziemlich hakeligen Bewegung des Gruppenverschluss habe ich Folgendes gelernt:
- Das Aussägen der Kulissen mit der Bandsäge produziert ziemlich raue Kanten, die sich ungern gegeneinander bewegen. Es ist auf jeden Fall nötig, die gleitenden Flächen – also insbesondere die "Gabel" – mit einer Schlüsselfeile sauber glatt zu feilen.
- Ein Einfetten der Gleitstellen mit einem kleinen Tupfer Maschinenfett hilft sehr, den Gruppenverschluss zu einem vernünftigen Verhalten zu überreden.
- Die Höhenlage der "Welle" ist ziemlich kritisch. Meine eher sehr ungefähre Zurechtfeilerei der Achsstummel hat bewirkt, dass diese in den Lagern (den Nieten) ziemlich auf- und niederspringen können – das ist ziemlich hinderlich für das saubere Funktionieren. Man sollte daher wohl (a) beim Zurechtfeilen der Achsstummel sehr häufig den Durchmesser messen – durch Einstecken in die Lager und mit einer Schublehre auf das Zielmaß; (b) die Achsstummel eine Spur auf Übermaß feilen und dann die Lager mit einer Reibahle auf ein passendes Maß aufreiben; (c) eventuell die Lager höhenverstellbar machen.
Mit diesen Erkenntnissen beende ich diese Darstellung eines weiteren, wie ich finde, interessanten Funktionsteils mechanischer Stellwerke aus meiner "Sicherungsanlagenbastelbude".
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