Samstag, 6. April 2013

Netter Zufall: Fast gleich - oder doch nicht?

English version of this posting

Ein kurzes Posting über einen lustigen Zufall: Diese Links zeigen die Gleispläne von Warmbad Villach (1959, aber bis in die achtziger Jahre war er praktisch gleich) und von Bangor in Wales (1987):
... "verdächtig ähnlich", oder? Tatsächlich sind die Anlagen aber sehr verschieden:
  • Bangor liegt "ganz normal" an einer zweigleisigen Strecke (mit Linksbetrieb, wie überall in Großbritannien).
  • Warmbad Villach lag aber damals an zwei eingleisigen Strecken, nämlich der Karawankenbahn nach Rosenbach und der Rudolfsbahn Richtung Tarvis.
Sonst lässt sich nicht viel dazu sagen.

Montag, 1. April 2013

Doppelstellwerk der Bauart SBW500: Villach Hbf, 1987

Villach Hbf war damals noch fest in der Hand mechanischer Anlagen, nur das Stellwerk 3 war schon ein Drucktastenstellwerk. Die mechanischen Stellwerke waren alle von der Bauart SBW500 (Südbahnwerke Bauart 500) – und als extreme Seltenheit gab es hier ein Doppelstellwerk, also die Anordnung zweier eigentlich getrennter Stellwerksteile in einem Bedienraum (an Doppelstellwerken habe ich sonst nur noch zwei DrS-Tische am Stellwerk 1 in Amstetten und zwei EM55-Schalterwerke am Stellwerk 1 in Meidling gesehen).

Hier ist ein Plan, der die Gleisanlagen von Villach Hbf im Überblick zeigt, die von Zügen befahren werden (weitere Bahnhofsteile folgen gleich auf einem detaillierteren Plan). Die strichlierten Linien sind Strecken außerhalb des Hauptbahnhofes.
  • An den Gleisen 1 und 2 der durchgehenden Südbahnstrecke liegt der Personenbahnhof.
  • Richtung Osten verlässt ihn die alte Rudolfsbahn nach St.Veit a.d.Glan, am Westende führt die Rudolfsbahn über ein Schleifengleis zum Villacher Westbahnhof.
  • Der Bahnhofsteil "Ostplatz" dient für einige Verschub- und Umspannaufgaben, vor allem aber auch als Abstellbahnhof (der Hauptverschubbahnhof in Villach war damals der Westbahnhof). Richtung Westbahnhof und Spittal ist er über die westlichen Weichenstraßen des Personenbahnhofs angebunden.
  • Für Güterzüge gibt es eine eigene "Güterzugschleife", die von Zügen zwischen dem Westbahnhof und Klagenfurt oder St.Veit befahren wurde.
  • Die Tauernbahn ist über ein weiteres Schleifengleis ebenfalls direkt mit dem Westbahnhof verbunden.
  • Auf der Ostseite gab es zwei zusätzliche Gleise, die über Zugfahrten von der Güterzugsschleife erreichbar waren. Ob solche Fahrten 1987 noch stattgefunden haben, weiß ich leider nicht mehr. Das nördliche dieser Gleise (Gl.222) war an die Autoverladung angeschlossen. 
Ein Klick auf das Bild öffnet eine PDF-Datei:


Der folgende Plan zeigt dieselben Anlagen etwas detaillierter und mit wichtigen Signalen – allerdings habe ich auch hier nicht alle Gleise dargestellt. Die stärker ausgezogenen Gleise dienen als Hauptgleise für Zugfahrten, die dünneren sind Nebengleise für den Verschub. Anhand dieses Plans folgt hier nun eine längere Auflistung der Signale und Stellwerksanlagen:
  1. Links oben sieht man, noch weit außerhalb des Bahnhofs, die Abzweigung Lind, wo das Schleifengleis von der Tauernbahn zum Westbahnhof abzweigt. Obwohl sich hier noch ein mechanisches Stellwerk befand, war diese Abzweigung schon für Gleiswechselbetrieb ausgerüstet. Die Signalbezeichnungen sind übrigens, wie auch auf der Drautalstrecke Richtung Lienz, verkehrt herum: Obwohl die Kilometrierung von Marburg bis Franzensfeste läuft, steht hier das Signal A auf der Spittaler Seite.
  2. Das Einfahrsignal von Villach hat daher die Bezeichung C. A und B wurden für die Signale am Ostende verwendet.
  3. Am westlichen Bahnhofskopf stand das Stellwerk 3, das einzige Drucktastenstellwerk des Bahnhofs.
  4. Dort mündet auch die "Personenzugschleife" vom Westbahnhof mit dem Einfahrsignal Z sowie einem zusätzlichen Verschubsignal VL, mit dem Verschubfahrten (insbesondere Lokfahrten von der Zugförderung am Westbahnhof) zwischen den beiden Bahnhöfen möglich waren. In der Gegenrichtung stand an dieser Schleife das Verschubsignal V.
  5. Die Ausfahrsignale beim Stellwerk 3 waren mit R.. bezeichnet. Über das Gleis 18 wurden Fahrten zwischen Ostplatz und Westbahnhof abgewickelt, über das Gleis 20 Fahrten zwischen Ostplatz und Tauernbahn (hier bin ich mir nicht sicher – denn am Stellwerk 2b konnte zugleich nur eine Fahrstraße festgelegt werden; über Gleis 18 und 20 wären aber zwei gleichzeitige Fahrten möglich gewesen. Vielleicht sind die Fahrten zur Tauernbahn ebenfalls über Gleis 18 gelaufen).
  6. Im langen Bahnhofsgebäude befand sich die Fahrdienstleitung mit den Befehlswerken für alle Stellwerke.
  7. Auf der Ostseite des Personenbahnhofs stand das Doppelstellwerk 2a/2b. Der Stellwerksteil 2a war für den östlichen Bahnhofskopf des Personenbahnhofs mit den Zwischensignalen J.. zuständig. Zwei Verschubsignale Vm2 und Vm4 erlaubten das Ausziehen längerer Garnituren auf die Streckengleise 2 und 4 – dazu war eine Zustimmung vom Stellwerk 1 nötig.
  8. In der Gegenrichtung deckten die Hauptsignale E und F den Personenbahnhof vom Osten her.
  9. Weiter Richtung Osten deckten die Ausfahrsignale H1 (für die Südbahn) und H4 (für die Rudolfsbahn) ein kreuzendes Verschubgleis und vor allem die Einmündung vom Ostplatz.
  10. Von Osten her wurde der Bahnhof schließlich durch die Einfahrsignale A (Südbahn) und B (Rudolfsbahn) gedeckt.
  11. Von dort aus waren auch der Ostplatz erreichbar, dessen Ostende mit den Signalen H1.. vom Stellwerk 1 kontrolliert wurde, während der westliche Teil mit den Signalen R1.. vom Stellwerk 2b gesteuert wurde.
  12. Das Stellwerk 1 kontrollierte auch die Fahrten über die Güterzugschleife, auf der als Ausfahrsignal das Signal S angeordnet war, während 100 Meter weiter das Signal O die Einfahrt deckte.
  13. Zuletzt waren am Stellwerk 1 auch noch Zugfahrten auf den Gleisen 208 und 222 von und zum Westbahnhof möglich. Für die Ausfahrten war hier jeweils ein Schutzsignal (Sch208 bzw. Sch222) vorgesehen.
Wieder öffnet ein Klick auf das Bild eine PDF-Datei:


Einen vollständigen Plan aller Gleise sieht man weiter unten auf drei Bildern aus der Fahrdienstleitung. Ein älterer Plan von 1964 ist hier bei sporenplan.nl verfügbar.

Nun können wir uns daran machen, die einzelnen Stellwerksapparate anzusehen. Leider habe ich zu diesem Bahnhof damals keinerlei Notizen angefertigt, sodass ich alle Informationen aus den Fotos herauskitzeln muss. Eine Zusammenfassung der Blockapparate in der Fahrdienstleitung und den Stellwerken samt ihren Verbindungen habe ich hier in Textform abgelegt.

Beginnen wir mit vier Bildern der Befehlswerke in der Fahrdienstleitung. Im Gegensatz zu den komplexen Anlagen etwa von St.Michael waren hier fast ausschließlich übliche Ba/Fa-Paare vorhanden. Trotzdem gab es einige Besonderheiten, die sich aus der Lage der zwei Bahnhofsteile (Personenbahnhof und Ostplatz) und natürlich der Güterzugschleife ergaben. Wegen der häufigen Blockbedienungen in diesem großen Bahnhof waren übrigens (wie z.B. auch in St.Valentin) Motorinduktoren vorgesehen. Das folgende Bild zeigt alle vier Blockwerke – das vierte steht ganz rechts neben dem Fenster:

Befehlswerke, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Das linksäußerste Befehlswerk war mit dem Drucktastenstellwerk am Stellwerk 3 verbunden. Trotzdem war hier noch eine klassische Felder-Bahnhofsblockung mit einem Rankapparat vorhanden. Die Blockfelder waren vermutlich Gleichstrom-Wechselstromfelder, damit man sie über eine Relaisschaltung vom Stellwerk 3 her leicht auflösen konnte. Über diesen Blockapparat wurden einerseits die Ein- und Ausfahrten des Personenbahnhofs befohlen; darüberhinaus waren hier aber auch Fahrten vom und zum Ostplatz zu befehlen, die ja ebenfalls über die Weichenstraßen beim Stellwerk 3 führten. Allerdings wurde bei einer Ausfahrt vom Ostplatz hier kein Signal gestellt – stattdessen musste die Fahrstraßenfestlegung irgendwie dem Stellwerk 2b mitgeteilt werden, das erst dann sein Ausfahrsignal R1.. stellen durfte. Wie hier der Informationsfluss genau aussah, habe ich leider auch nicht dokumentiert – wir werden aber später ein paar kleine Lämpchen sehen, die dazu gedient haben dürften.

Auf dem selben Bild sieht man rechts daneben das Befehlswerk für das Stellwerk 2a, also den östlichen Bahnhofskopf des Personenbahnhofs (leider habe ich davon keine direkte Aufnahme gemacht). Die Ba-Felder von St.Veit und von Klagenfurt sind dort über Doppeltasten mit Ss-Feldern verbunden, die wegen Rücknahme von Befehlen bei den "Blockfahrten" vom Stellwerk 1 zum Stellwerk 2a nötig sind – siehe die Erklärung zum nächsten Foto und vor allem die ausführlicheren Erklärungen im Posting zum Bahnhof St.Michael.

Interessanterweise sind die Bahnhofsfahrten der Gegenrichtung – also vom Personenbahnhof zu den Signalen H1 und H4 – nicht mit Blockfahrt- und Ss-Feldern gesichert. Ein Grund könnte sein, dass man bei Einfahrten in den Personenbahnhof damit rechnen musste, Züge wegen Gleis- oder Weichenbelegungen aufzuhalten oder sogar gegebene Befehle zurückzunehmen: Daher war hier eine vollständige Sicherung nötig. Bei der Ausfahrt war aber vielleicht die Festlegung beim Stellwerk 2a von jener beim Stellwerk 1 abhängig, oder zumindest war vorgeschrieben, dass der Fahrdienstleiter die Befehle "von außen nach innen" zu geben hatte; und Befehlsrücknahmen für H1 oder H4 beim Stellwerk 1 waren sehr unwahrscheinlich, sodass hier keine zusätzliche Sicherung nötig war, sondern im Falle des Falles nach den Vorschriften für untauglichem Block gefahren werden musste:

Befehlswerk für Stellwerk 3, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Der nächste Blockapparat war für die Fahrten am Stellwerk 1 zuständig, mit Ausnahme der Gleisauswahl bei Fahrten zum oder vom Ostplatz.
  • Drei Felder links außen dienten der Befehlsabgabe für Fahrten über die Güterzugschleife. Über die darunterliegenden Knaggen wurde ausgewählt, ob die Schleifenfahrt in/aus Gleis 222, in/aus Gleis 208, von/nach St.Veit oder von/nach Klagenfurt führte.
  • Die folgenden Felder kontrollierten die Fahrten Richtung St.Veit. Für die Ausfahrt war hier nur ein Ba-Feld vorhanden, für die Einfahrt allerdings zwei: Eines für eine Einfahrt in den Ostplatz, ein weiteres für eine "Blockfahrt" vom Signal B zum Signal F. Das "Blockfahrt"-Feld war i.w. ein "Anfangsfeld" für die "Strecke" zwischen diesen beiden Signalen. Erst mit der Befehlsrückgabe vom Stellwerk 2a, also der "Einfahrt" im Personenbahnhof, wurde das Gleis wieder freigegeben für eine weitere Fahrt. Wie schon angemerkt, gibt es dazu ausführlichere Erklärungen im Posting zu St.Michael.
  • Analog zu den Feldern und Knaggen für St.Veit gab es gleichartige Einrichtungen auch für die Südbahn Richtung Klagenfurt, wegen der zweigleisigen Strecke allerdings mit zwei Fa-Feldern.
Wozu allerdings die eine unbeschriftete Knagge dient, weiß ich nicht; und Richtung Klagenfurt kann die mittlere Knagge auch nach rechts für eine "Einfahrt" umgelegt werden – aber für welche? Ist das noch ein Übrigbleibsel aus der Zeit, als die Strecke Richtung Föderlach noch eingleisig war – das zweite Gleis dort wurde 1956 gelegt [danke an Alexander B. für diese Info]:

Befehlswerk für Stellwerk 1, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Das letzte Befehlswerk schließlich war für die Fahrten am Ostplatz zuständig. Über den Rankapparat wurde das entsprechende Gleis ausgewählt. Die linken Blockfelder waren mit dem Stellwerk 1 verbunden. Weil die eigentlichen Befehle (also die Aufträge zum Freistellen von Hauptsignalen) ja über das vorher gezeigte Blockwerk gegeben wurden, konnten hier nicht noch einmal Befehlsabgabefelder für die Auswahl des Gleises vorhanden sein – daher waren diese Felder, die den Gleisanzeiger steuerten, als Zustimmungsfelder bezeichnet. Die drei Felder auf der rechten Seite hingegen gaben die Befehle an das Stellwerk 2b.

Befehlswerk für Fahrten am Ostplatz, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Im rechten Winkel zu den Befehlswerken (am ersten Foto also hinter dem Fotografen) hing eine große Gleistafel mit der Anzeige der Signalstellungen und Blockbelegungen sowie (neben jedem Stellwerksymbol) zur Aufforderung der Fahrstraßenauflösung.

Anzeigetafel, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Anzeigetafel, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Anzeigetafel, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Auf der großen Anzeigetafel wurde darüberhinaus auch die Gleisbelegung angezeigt. Allerdings waren die Gleise im Personenbahnhof offenbar (mit zwei Ausnahmen) nicht isoliert, sondern mussten wie früher üblich vom Fahrdienstleiter über eine entsprechende "Merkeinrichtung" verwaltet werden. Die sonst üblichen klappbaren Merktafeln (die man zum Beispiel in der Klagenfurter Fahrdienstleitung und den dortigen Stellwerken sieht) waren hier in Villach durch Kippschalter samt Lampen in der Anzeigetafel ersetzt, sodass man beim Abgeben von Befehlen dort direkt die Gleisbelegungen sehen konnte. Tatsächlich waren an diesem Tag offenbar alle Gleise des Bahnhofs – sowohl im Personenbahnhof wie auch am Ostplatz – belegt!

Gleisbelegungsschalter, Fdl, Villach Hbf, 13.2.1987

Am Stellwerk 3 habe ich nur wenige Ausschnitte des Stellpultes aufgenommen. Auf dem ersten Bild sieht man links unten eine grüne Taste, die mit ZGT bezeichnet war: Vermutlich die "Zustimmungsgruppentaste", über die eine Zustimmung ans Stellwerk 2b zurückgegeben werden konnten (die wir gleich sehen werden). Wenn man ganz genau schaut, sieht man auf den Stumpfgleisen 2b und 3b eine Rotausleuchtung – diese Gleise waren also isoliert! Alle anderen Gleise sind dunkel, daher nehme ich an, dass dort keine Gleisstromkreise vorhanden waren:

Stw.3, Villach Hbf, 13.2.1987

Auf diesem Ausschnitt sieht man noch einmal die Rotausleuchtung am Stumpfgleis 2b ...

Stw.3, Villach Hbf, 13.2.1987

... und hier jene des Stumpfgleises 3b:

Stw.3, Villach Hbf, 13.2.1987

Etwas unerwartet kam die 2043.064 daher, die die schadhafte 1043.005 vom 4841 abzog:

2043.064 schleppt schadhafte 1043.005 (Bügel trotzdem oben?), Villach Hbf, 13.2.1987

Schadhafte 1043.005 im Schlepp der 2043.064, Villach Hbf, 13.2.1987

Den 4841 nahm stattdessen die 1245.517 an den Haken, die eigentlich als "Reserve" (also im Verschubdienst) unterwegs war, aber nun eben aushelfen musste:

1245.517 (statt 1043.005) vor 4841, Villach Hbf, 13.2.1987

Danach führte mich mein Weg zum Stellwerk 2 – dem Doppelstellwerk!

Stellwerk 2, Villach Hbf, 13.2.1987

Am folgenden Bild sieht man die zwei Rücken an Rücken stehenden SBW500-Hebelbänke – im Vordergrund und von vorne 2b, im Hintergrund die Rückseite von 2a:

Hebelbänke, am Stw.2, Villach Hbf, 13.2.1987

Hier sieht man Hebelbank, Blockapparat, Gleisanzeiger und oben die Gleistafel des Stellwerks 2a. Ein typischer Unterschied zur Bauart 5007 sind die genau senkrecht stehenden Hebel in der Minuslage, die man weiter hinten vor dem Gleisanzeiger erkennen kann. Man sieht übrigens deutlich, dass der obere Schieberkasten, der unter dem Gleisanzeiger sitzt, nicht bis zum Blockapparat durchläuft: Der Grund dafür ist, dass die Bauart SBW500 im Gegensatz zum Regelstellwerk 5007 keine Fahrstraßenschieber hatte, sondern Weichenschieber und andererseits Fahrstraßenachsen, die durch die Fahrstraßenknaggen verdreht wurden. Zum Blockapparat liefen nur einige wenige gemeinsame Neutralschieber durch, die dort durch die Fahrstraßenfestlegefelder festgelegt wurden.

Hebelbank, Blockapparat, Gleisanzeiger und Gleistafel, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Am Blockapparat sieht man vorwiegend die üblichen österreichischen Felderkombinationen. Ganz links dient ein zusätzliches Za-Feld zur Zustimmung von Fahrten auf den Gleisen 7 und 9 durch das Stellwerk 3 – vermutlich weil diese Gleise vom Stellwerk 3 aus nicht einsehbar sind; das ist die oben erwähnte Zustimmung. Zwei Zustimmungsempfangsfelder in der Mitte erlauben das Freistellen der Verschubsignale Vm2 und Vm4 – die entsprechenden Knaggen sieht man ganz unten:

Blockapparat, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Das nächste Bild zeigt die SBW500-typischen kleinen Knaggen. Ganz vorne sind die drei Knaggen für die Hauptsignale: E und F für die "Einfahrten" in den Personenbahnhof, daneben J für die "Ausfahrten" von dort – das korrekte Signal wird im letzteren Fall wie üblich über die jeweils umgelegte Fahrstraßenknagge elektrisch ausgewählt. Die weiter links angebrachten Knaggen dienen alle dem Stellen von Verschubsignalen:

Signalknaggen, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Hier sieht man den Gleisanzeiger mit den Fahrstraßenknaggen. Für jede Fahrstraße sind nur die Hebel angegeben, die entgegen der Grundstellung stehen müssen, also einerseits die Weichen in Minuslage und zusätzlich alle Riegelhebel (die Grundstellung eines Riegels ist die entriegelte Stellung):

Gleisanzeiger, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Vier Details sind hier interessant:

Das erste ist ein schön angeschriebenes Beispiel einer Verzichtsweiche. Eine Erklärung dazu findet sich ungefähr in der Mitte dieser Seite auf www.stellwerke.de:

Detail am Gleisanzeiger des Stw.2a: Fahrstraßen aus Gl.5,7,9 nach Klagenfurt, Villach Hbf, 13.2.1987

Wo findet sich nun diese "Verzichtsweiche" W45?

Am folgenden Bild sieht man einen Ausschnitt des Gleisplans, auf dem rot der Weg der Züge Richtung Klagenfurt aus den Gleisen 5 bis 9 eingezeichnet ist (die orangen R bitte noch ignorieren – dazu kommen wir gleich). Die Weiche (oder eigentlich DKW-Hälfte) 45 sollte aus Flankenschutzgründen natürlich in die Ablenkung, also Richtung Weiche 40 weisen, um Flankenfahrten aus den Gleisen 1 und 3a in die Ausfahrstraße Richtung Klagenfurt auszuschließen. Wenn man das allerdings so hart fordern würde, dann könnte man keine Einfahrten auf das Gleis 2 zulassen – denn für diese Fahrten muss ja die W45 ebenfalls Flankenschutz bieten, nun allerdings durch Stellung in die Gerade, also Richtung W41!

Eine der beiden Fahrstraßen muss also auf den Flankenschutz verzichten – man wählt hierbei in der Regel die Fahrstraße mit der niedrigeren Fahrgeschwindigkeit oder auch die Fahrstraße, bei der kein Frontalzusammenstoß droht. In diesem Fall laufen beide Forderungen auf's selbe hinaus, nämlich dass die Einfahrt auf Gleis 2 den Flankenschutz bekommt.

Was bedeutet das in der Praxis?
  • Wenn nur eine Ausfahrt Richtung Klagenfurt aus Gl.5 bis 9 gestellt wird, dann werden die zwei Zungenpaare W45 in die Ablenkung gestellt und gewähren der Ausfahrt Flankenschutz. Ein Verschluss der W45 findet aber nicht statt.
  • Wenn nun während dieser gestellten Ausfahrt auch eine Einfahrt auf Gleis 2 stattfindet, dann muss die W45 wieder in die Grundstellung gestellt werden und wird in dieser Stellung auch durch die Einfahrstraße verschlossen.

Detail der Anzeigetafel in der Fahrdienstleitung: Fahrstraßen beim Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Zweitens ist auch interessant, welche Weichen mit Riegeln versehen sind. Prinzipiell müssen in Österreich mechanisch angetriebene Weichen mit Riegeln ausgestattet werden,
  • wenn sie mit mehr als 60km/h gegen die Spitze befahren werden;
  • wenn sie mit mehr als 120km/h vom Herzstück her befahren werden;
  • oder wenn sie in "großer Stellentfernung" vom Stellwerk liegen.
Ich habe aus den Beschriftungen am Gleisanzeiger einmal die Weichen mit Riegel herausgesucht und im Planausschnitt oben mit einem orangen R versehen. Dabei werfen sich nun doch einige Fragen auf. Gehen wir die Fahrtmöglichkeiten der Reihe nach durch:
  • Einfahrten von Klagenfurt auf das Gleis 2 brauchen natürlich Riegel an den Weichen 38 und 40.
  • Einfahrten von St.Veit auf Gleis 4 brauchen ebenso selbstverständlich Riegel an den Weichen 32 und 43. Wieso fehlen hier aber Riegel an W47, W46 und W52? Vermutlich steht irgendwo vor der W47 eine Geschwindigkeitsverminderung auf 60km/h, sodass diese Riegel entbehrlich sind.
  • Eine Ausfahrt aus dem Gleisen 4 Richtung St.Veit konnte offenbar die Weiche 42 mit mehr als 60km/h befahren, sodass auch hier ein Riegel nötig war.
  • Auf dem durchgehenden Hauptgleis 1 mussten natürlich die gegen die Spitze befahrenen Weichen 45 und 35 geriegelt sein.
Zwei Riegel bleiben aber übrig, die ich nicht erklären kann:
  • Die Weiche 41 wird von Zugfahrten nur vom Herzstück her befahren. Wenn diese Fahrten aber schneller als 120km/h waren (was ich bezweifle), wieso waren dann nicht auch die Weiche 48, 44 und 36 geriegelt?
  • Und wieso ist die DKW-Hälfte W56 geriegelt? Wenn es was mit der großen Stellentfernung zu tun hat (oder auch damit, das DKWs "riskanter" wären?), wieso ist die andere DKW-Seite W55, die ja bei Einfahrten gegen die Spitze befahren wird, nicht geriegelt? Wenn aber die Ausfahrt aus Gleis 5 mit mehr als 60km/h zulässig war, wieso ist dann die Weiche 50 nicht geriegelt?
Keine Ahnung – vielleicht gibt es ja einen Fachmann, der hier Antworten geben kann!

Drittens sieht man am Gleisanzeiger zwei "Ersatzfahrstraßen" für das Gleis 4a. Früher war dieses Gleis mit einem Ausfahrsignal versehen (man sieht auf den entsprechenden Gleistafeln noch, wo darüberlackiert wurde), sodass dort Ausfahrten möglich waren. Die Ersatzfahrstraßen waren wohl weiterhin nur für Ausfahrten gedacht, weil laut Anschrift die Weiche 42 zu verriegeln war (also gegen die Spitze befahren wurde), aber nicht die Weiche 43.

Und viertens gab es noch eine Abhängigkeit zwischen den Stellwerken 2a und 2b, und zwar wegen der Verbindung zwischen den Weichen 152 (des Stw.2b) und 43 (des Stw.2a). Auf der folgenden Gleistafel des Stellwerksteils 2a sieht man diese Verbindung rechts neben dem Stellwerkssymbol. Die beiden Weichen mussten natürlich Flankenschutzaufgaben für Zugfahrten im jeweils anderen Stellwerksteil erfüllen. Man sieht auch im Gleisbild eingelassene Lämpchen bei diesen beiden Weichen, die wohl eine gegenseitige Festlegung anzeigt. Wie allerdings die Festlegung dieser Weichen funktionierte, verstehe ich nicht. In Regelfall hätte man hier Zustimmungsfelder zwischen beiden Stellwerken vorgesehen – doch solche fehlen hier. War es eine elektrische Verriegelung der Hebel? Mhm ...

Gleistafel, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

... hier ist ein Bild der Hebelbank des Stellwerksteils 2a – und da sieht man im ersten breiteren Zwischenraum zwischen den nach oben stehenden Hebeln eine Art Drucktaste, mit einem offenbar nach unten wegführenden Kabel. Und "so gefühlsmäßig" könnte sich diese Taste beim Weichenhebel der Weiche 43 befinden, wenn man die Weichennummern vorne (58, 57, ...) inklusive ein paar Riegelhebeln zurückzählt. Ein gleichartiger Knopf befindet sich auch auf der Hebelbank des Stellwerksteils 2b ganz links – man sieht ihn auf der Aufnahme oben der beiden Stellwerksteile. Sind das die gesuchten Festlegungen?!

Hebelbank, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Zuletzt noch zwei Detailaufnahmen von Hebeln dieses SBW500. Am ersten Bild sieht man links und rechts außen zwei Weichenhebel, erkennbar an den Plomben, die beim Auffahren der Weiche abreißen.
Rechts der Mitte befindet sich ein zweistelliger Riegelhebel – zum Verriegeln wurde der Hebel halb angehoben, dann über die Handfalle mit der Kettenrolle gekuppelt und dann nach oben oder unten umgestellt.
Der Hebel links daneben ist vermutlich auch ein Riegelhebel (weil keine Auffahr-Plombe sichtbar ist), allerdings für eine Weiche, die nur in einer Richtung geriegelt wurde:

Weichen- und Riegelhebel, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Das folgende Bild zeigt mehrere Weichenhebel in der Minusstellung. Am Hebel der W52 erkennt man die zwei Stößel, mit denen über eine drehbare Achse der Weichenschieber im Schieberkasten bewegt wird (bei der Regelbauart 5007 bewegt im Gegensatz dazu ein von der Handfalle ausgehender Hebel die Verschlusselemente im Schieberkasten):

Weichenhebel, Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Und zuletzt noch ein etwas unscharfer Blick auf die Rückseite der Hebelbank, wo die Ketten nach unten in den Unterzugsraum führen:

Stw.2a, Villach Hbf, 13.2.1987

Kommen wir nun zur anderen Hälfte des Doppelstellwerks, also zum Stellwerksteil 2b. Davon habe ich damals außer der Aufnahme weiter oben nur vier Detailaufnahmen gemacht. Auf der ersten sieht man den Blockapparat für die Fahrten Richtung Spittal und Westbahnhof. Unten befinden sich Knaggen für die Verschubsignale sowie die Knagge für die Ausfahrsignale:

Blockapparat und Signalknaggen, Stw.2b, Villach Hbf, 13.2.1987

Aber ... ein Ausfahrsignal durfte ja erst freigestellt werden, wenn auch der entsprechende Fahrstraßenanteil am Stellwerk 3 verschlossen war! Wie wurde das erreicht? Leider habe ich dazu auch keine Informationen – man sieht aber auf der folgenden Gleistafel des Stellwerksteils 2b rechts in den Gleisen 18 und 20 zwei eingelassene Lampen; und ich nehme an, dass diese Lampen anzeigen, dass eine entsprechende Zustimmung vom Stellwerk 3 vorliegt. Diese beiden Lampen sind übrigens der Grund dafür, dass ich annehme, dass Ausfahrten Richtung Spittal über das Gleis 20 stattgefunden haben.
Links neben dem Stellwerkssymbol sieht man wieder die Weichen 43 (ganz oben) und 152 mit ihren Flankenschutzaufgaben, und auch hier sind in den Grundstellungästen jeweils Lampen eingebaut, die wohl eine Festlegung durch den anderen Stellwerksteil anzeigen:

Gleistafel, Stw.2b, Villach Hbf, 13.2.1987

Oberhalb des Blockapparats befand sich noch ein altes Relais einer isolierten Schiene:

Blockaufsatz, Stw.2b, Villach Hbf, 13.2.1987

Und zuletzt noch ein Stück des Gleisanzeigers mit einigen Fahrstraßenknaggen und einem Weichenhebel in der Minuslage:

Stw.2b, Villach Hbf, 13.2.1987

Auch das Stellwerk 1 war mit einer SBW500-Anlage ausgestattet, wie man an den senkrecht stehenden Hebeln im Hintergrund und an den typischen Knaggen erkennen kann:

Hebelbank und Blockapparate, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Die folgenden Bilder zeigen einige Details der Blockapparate. Die Verbindung zu anderen Blockapparaten, insbesondere den Befehlswerken, habe ich, wie oben erwähnt, in dieser Textdatei dokumentiert:

Blockapparat, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Blockapparat, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Blockapparat, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Das folgende Bild der Gleistafel ist leider zu dunkel geworden:

Gleistafel, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Das folgende Bild zeigt einen Teil des Gleisanzeigers, einige Weichenhebel in Minusstellung und ganz oben mehrere Tasten zum Abschalten der Ersatzsignale in Notfällen (die Ersatzsignale werden üblicherweise aus der Fahrdienstleitung bedient):

Gleisanzeiger und Weichenhebel, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Im Bereich des Stellwerks 1 befanden sich mehrere Schrankenanlagen. Einen Zelisko-Antrieb sieht man auf einem Foto weiter oben, hier folgt ein Überwachungspult für drei weitere Bahnübergänge:

Anzeigepult für EK-Überwachungen, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Zuletzt noch ein etwas unscharfes Bild der Signalsicherungen; die alte Steckdose rechts führte, wenn ich's richtig entziffere, 120V:

Signallampensicherungen, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Leider habe ich das Stellwerksgebäude nicht aufgenommen – aber immerhin diese Wendeltreppe im Inneren:

Wendeltreppe, Stw.1, Villach Hbf, 13.2.1987

Zuletzt habe ich noch vier Fotos von Außenanlagen geschossen. Das erste zeigt die Signale zur Ausfahrt von Gleis 222 auf die Güterzugschleife:

Sch222 und Ausfahrsignal S zur Güterzugschleife, Villach Hbf, 13.2.1987

Irgendwo beim Ostplatz verschiebt hier eine 2062:

2062.010, Villach Hbf, 13.2.1987

Der Verkehr war damals noch weitgehend in der Hand der "Mädchen für alles" 1042: Eine fährt hier mit einem Zug aus Gleis 9 aus (die untere Blende des DKW-Signals ist übrigens nicht sauber ausgerichtet), daneben wartet allerdings eine 1044 im Stutzen 3a, Gleis 1 ist aber ebenfalls mit einem von einer 1042 geführten Zug belegt, und auch im Stutzen 4a wartet eine 1042 auf ihren Einsatz:

1042.701, 1044.123, eine weitere 1042.5 und 1042.625, Villach Hbf, 13.2.1987

Ganz zuletzt ein Bild des hervorragend in Schuss gehaltenen Bahnhofsgebäudes:

Bahnhofsgebäude, Villach Hbf, 13.2.1987

Sonntag, 31. März 2013

Oberbau in Langenlois, 2012

Nicht nur an Weichen, sondern auch an Oberbauarten hat Langenlois im Jahr 2012 einiges zu bieten.

Bevor ich aber darauf eingehe, hier noch ein Foto aus dem Bereich "Archäologie von Sicherungsanlagen": In Langenlois standen ja lange zwei Form-Einfahrsignale, von denen 1986 immerhin noch eines in Betrieb war, während das andere durch ein Lichtsignal ersetzt worden war. Mit dem Zugleitbetrieb wurden die Einfahrsignale abgebaut – aber ... hier kann man sehen, was sich 2012 noch, rostig und von Spinnweben behangen, unter einem Bodenblech am Bahnsteig verbirgt:



Aber nun zum angekündigten Thema, nämlich den Oberbauarten!

Die zwei Hauptgleise liegen im Bahnhof auf Betonschwellen mit einem K-Oberbau, von dem ich keine direkten Aufnahmen gemacht habe. Hier erkennt man diesen Oberbau auf einem Bild des Bahnhofsgebäudes:


Auf der anderen Seite des beschrankten Bahnübergangs liegen Holzschwellen mit derselben Oberbauart:


Das Gleis 4 wird mit einem federnden Oberbau verspannt (laut Bild 18 auf der Website Gleisbauwelt hat er die Bezeichnung "Doppelspannnagel" oder "Omega"):



Zum Teil sind die Schienen verschweißt worden – hier sieht man an der Schwellenteilung, dass hier einmal ein verschraubter Stoß gelegen ist:


Zum Teil sind noch verschraubte ruhende Stöße mit einfachen Laschen vorhanden:



Die Stoßlücke ist bei der kalten Witterung schon besonders groß:



Vor der Weiche 4 liegt das Gleis schon auf Stahlschwellen. Der schwebende Stoß ist hier mit Laschen mit einem kleinen Steg ausgeführt:



Ein Stück weiter ist ein anderer schwebender Stoß behelfsmäßig mit Schienenzwingen festgelegt:



Direkt vor der Weiche 3 liegt im Gleis 4 ein weiterer Stoß mit Laschen, die zur Erhöhung des Widerstandsmoments mit einem ziemlich hohen Steg versehen sind:


Im Gleis 4a hinter der Schutzweiche 3 liegt schließlich ein ganz alter Oberbau, der einseitig noch Schienennägel verwendet:



Ein Stück weiter sind die Schwellen allerdings schon so vermorscht, dass die Schienenbefestigungen langsam darin verschwinden:


Hier sieht man noch, dass die Schienen der Weiche 3 mit einer eigenen, einfachen Befestigung auf den Stahlschwellen montiert sind:


Das Ladegleis 6a verwendet einen vereinfachten Oberbau, bei dem je Schwelle für eine Schiene zwei Schrauben genügen. Die Unterlagsplatten sind innen angeschraubt, außen aufgenagelt:



Auf den Streckengleisen schließlich liegen Holzschwellen mit einem K-Oberbau:



Und zuletzt noch ein Bild vom Übergang vom Streckengleis zur Schienenbefestigung der Weiche 1, das drei verschiedene Befestigungsarten zeigt:


Das waren 23 Fotos von diesem Spezialgebiet der Eisenbahntechnik.