Samstag, 9. Mai 2015

Hölzerne Stellwerksgebäude in Bad Vöslau, 1987

Ergänzung 24.7.2020: Mein "Gleiswechselbetrieb" ist eher ein zeitweise eingleisiger Betrieb gewesen – siehe den Kommentar von Leo Kahoun!

Von Pfaffstätten bin ich nach Bad Vöslau weitergefahren, wo ich meinen Besuch mit diesem Bild des Ausfahrsignals R7 begonnen habe:

Ausfahrsignal R7, Bad Vöslau, 8.12.1987

In der Fahrdienstleitung stand als Befehlswerk ein Knebelapparat, der auf beiden Seiten für Gleiswechselbetrieb (oder eher zeitweise eingleisigen Betrieb – siehe den Kommentar von Leo Kahoun!) eingerichtet war:

Befehlswerk, Fdl, Bad Vöslau, 8.12.1987

Auf der Merktafel im Hintergrund kann man typische Angaben lesen:
  • In Richtung 1, also von Wien nach Süden, fährt jeden Werktag ein 42601 und dahinter ein 95467 (als Nz, also Nachzug 42601, hat er denselben Fahrplan) sowie etwa eine Stunde später ein 47093.
  • In der Gegenrichtung fährt von Di bis Sa ein 61954 und ungefähr eine halbe Stunde später ein 95466.
  • Außerdem ist für Wien Mitte ein A-Befehl auszustellen,
  • und am Gleis 4b stehen 4 Wagen, während das Gleis 6 mit 22 Wagen zugestellt ist:

Merktafel, Fdl, Bad Vöslau, 8.12.1987

Hier sieht man am unteren Schieberkasten des Befehlswerks die Fahrstraßenknebel für Fahrten vom und zum Streckengleis 2 Richtung Wr.Neustadt. Die Hilfssperren auf den Fahrstraßenknebeln verhindern eine versehentliche Befehlsabgabe für das Gegengleis. Interessant sind die zwei Knebel darüber: Offenbar konnte hier eingleisiger Betrieb auf jedem der Streckengleise "eingeschaltet" werden – vermutlich konnten dann keine Befehle mehr für das jeweils andere Streckengleis abgegeben werden. An diesem ganz normalen Dienstag wurde die Südbahn hier aber zweigleisig betrieben:

Fahrstraßenknebel, Fdl, Bad Vöslau, 8.12.1987

Kurz darauf ist der Befehl für eine Einfahrt von Wiener Neustadt abgegeben, und die Fahrstraße ist vom Stellwerk 2 festgelegt worden:

Befehlswerk, Fdl, Bad Vöslau, 8.12.1987

Am Signalpult sieht man, dass auch das Einfahrsignal A auf frei steht. Außerdem sieht man auch, dass zwar der Blockapparat Gleiswechselbetrieb (oder eben eher zeitweise eingleisigen Betrieb) beherrscht, dass aber offenbar die dafür nötigen Einfahrsignale noch nicht aufgestellt waren:

Signalpult, Fdl, Bad Vöslau, 8.12.1987

Die durchfahrende 1042.688 habe ich zu dieser Uhrzeit nur mehr dunkel und unscharf erwischt:

1042.688, Bad Vöslau, 8.12.1987

Am Stellwerk 2, das ich als nächstes besucht habe, stand diese 5007er-Anlage:

Hebelbank und Blockapparat, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Am Gleisanzeiger sind hier die Klappen sowohl für Gleis 9 wie auch Gleis 1 nach Wiener Neustadt heruntergefallen – da scheint was nicht mehr korrekt zu funktionieren, weil eigentlich mit dem Rückstellen des Knebels die Klappe nach oben gestellt wird:

Gleisanzeiger, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Der Gleisplan zeigt noch einen typischen Bahnhof der damaligen Zeit, mit zwei Ladegleisen (6a neben dem Ankunftsgebäude und 11 gegenüber) sowie einem größeren Anschließer, in diesem Fall der Vöslauer Kammgarnfabrik, die damals allerdings schon in Konkurs gegangen war und nicht mehr produzierte. Das Gleis 5 hatte einem Inselbahnsteig weichen müssen, das alte Ausfahrsignal R5-9 war allerdings nur mit Kugelschreiber notdürftig durchgekritzelt worden:

Gleisplan, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Für eine Fahrt aus dem Gleis 3 sind hier die Weichen 53 und 54 umgestellt – wieso auch die Weiche 51 "umgedreht" ist, ist nicht klar:

Weichenhebel, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Am Blockapparat steht der Befehl für die Ausfahrt, und die Fahrstraße ist festgelegt:

Blockapparat, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Und am Signalpult leuchtet das Symbol des Ausfahrsignals R3. Bemerkenswert ist die händische Beschriftung:

Signalpult, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Kurz darauf ist der Zug ausgefahren, das Signal ist zurückgefallen und im Pfeil des ZG ("Zeichengabe-Streckenblock") leuchtet die rote Belegtanzeige:

Signalpult, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Ein elektrischer Schrankenantrieb war auch noch vorhanden, noch mit der alten Überwachung der drei Phasen über Glimmlampen:

Schrankenantrieb, Stw.2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Das Stellwerksgebäude habe ich dreimal aufgenommen. Rechts daneben hat sich schon ein unansehnlicher Schaltkasten breit gemacht:

Stellwerk 2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Stellwerk 2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Stellwerk 2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Drei Fotos habe ich auch auf Drahtzüge verwendet:

Drahtrollenständer, Bad Vöslau, 8.12.1987

Drahtrollenständer, Bad Vöslau, 8.12.1987

Drahtzüge beim Stellwerk 2, Bad Vöslau, 8.12.1987

Nicht nur die Stellwerke, auch das Gütermagazin war noch ein hölzerner Bau:

Hölzernes Gütermagazin, Bad Vöslau, 8.12.1987

Das Stellwerk 1 habe ich beim letzten Licht abgebildet. Am ersten Bild sieht man weit hinten das Ausfahrsignal H2 auf Frei stehen:

Stellwerk 1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Stellwerk 1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Innen drin stand dieser Apparat, mit drei großen Madnerhebeln am rechten Ende:

Hebelbank mit Blockapparat, Stw.1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Der Zug, für den das Ausfahrsignal gestellt war, ist mittlerweile durchgefahren, und der Stellwerker hat den Befehl schon zurückgegeben, aber die Fahrstraße ist noch nicht aufgelöst:

Blockapparat, Stw.1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Kurz darauf sind schon wieder zwei Befehle eingegangen – der Stellwerker wird gleich die Weichen passend stellen und dann die Fahrstraßenfestlegefelder blocken:

Blockapparat, Stw.1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Am Gleisanzeiger sieht man, dass es sich um zwei Durchfahrten über die durchgehenden Hauptgleise 1 und 2 handelt, sodass gar keine Weichen aus der Grundstellung umgestellt werden mussten. Die entsprechenden Fahrstraßenknebel sind schon umgelegt:

Gleisanzeiger, Stw.1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Kurz darauf ist das Einfahrsignal A auf Frei gestellt (und für die Durchfahrt zeigt auch das Ausfahrvorsignal r grünes Licht). In der Gegenrichtung ist der Zug offenbar schon durchgefahren, weil der Blockpfeil Richtung Wien schon rot leuchtet:

Signalpult, Stw.1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Die Sonne war mittlerweile hinter dem Horizont verschwunden, trotzdem habe ich noch dreimal die Stiege aufgenommen – inklusive Schuhabstreifer auf dem letzten Bild:

Stiege am Stellwerk 1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Stiege am Stellwerk 1, Bad Vöslau, 8.12.1987

Stiege am Stellwerk 1, Bad Vöslau, 8.12.1987

10 Kommentare:

  1. Soweit mir bekannt ist, wurde der Gleiswechselbetrieb erst mit der Inbetriebnahme des ESTW (1997?)eingeführt. St. Egyden am Steinfeld und Bad Vöslau waren die letzten Bereiche auf der Südbahn, zwischen Wien und Gloggnitz, wo kein Gleiswechselbetrieb möglich war.

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    1. Dann ist die Knebelanordnung und -beschriftung am Befehlswerk umso interessanter - war sie vorbereitet für Gleiswechselbetrieb?

      H.M.

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  2. Es handelt sich hier ziemlich sicher um keinen Gleiswechselbetrieb, auch keinen vorbereiteten. Die Stellpulte zeigen keine Umbaumaßnahmen und auch die Beschreibung am Blockapparat (2gl/1glGl1 usw.) lässt mich zweifeln. Auch die Außenanlagen (Einfahrsignale) scheinen nicht vorhanden gewesen zu sein, und die Fahrstraßenknebel sind mit den roten Knebelsperren versehen.

    Ich bilde mir ein, einmal etwas von "Zeitweise eingleisigem Betrieb" gehört zu haben.

    Ich reime mir das Mal folgendermaßen zusammen:

    Damit bei Bauarbeiten, o.ä. Betriebsbehinderungen nicht mit der Methode "Einfahrt für Ausfahrt" bzw vice versa (Ersatzstraße! Weichen und Flankenschutzeinrichtungen werden nicht durch die Sicherungsanlage auf Richtige Stellung überprüft) gearbeitet werden - und in diesem Fall dann zusätzlich zu den anderen Maßnahmen (volles Zugmeldeverfahren, B-Befehl!, usw.) die Anordnung zur Fahrstraßenprüfung fernmündlich an die Stw Wärtern abgegeben und verbucht werden musste, es die Möglichkeit gab, wie man das ja am Blockapparat sieht, quasi den zweigleisigen Betrieb "auszuschalten" und ein Gleis für den "eingleisigen Betrieb" freizugeben. Wie man am Blockapparat sieht, konnte man das jeweils auch nur für ein Streckengleis machen.

    In weiterer Folge, so denke ich, konnte man dann weiterhin den blockmäßigen Auftrag zur Fahrstraßenprüfung (auf das, oder vom falschen Gleis) an den Stw Wärter abgeben, der die Weichen dann richtig stellte und verriegelte. Ob die Fahrstraße auch festgelegt wurde entzieht sich gänzlich meiner Kenntnis. Es wäre hilfreich, die Fahrstraße (einer Ausfahrt) würde aber frühzeitig, oder garnicht selbsttätig aufgelöst werden. Frühzeitig dann, wenn die Isolierschienen einer Einfahrt eingeschaltet würde, oder garnicht wenn keine I-Schienen Einschaltung erfolgt, falls das sicherungstechnisch überhaupt möglich ist (für das falsche Gleis, gab es ja lt. Lageplan keine I-Schiene für die Ausfahrt - logisch) Ich würde vermuten dass in diesem Fall eine Einschaltung erfolgte (I-Schiene Einfahrt), die Fahrstraße einer Ausfahrt aber erst aufgelöst werden durfte wenn der Wärter sich von der vollständigen Ausfahrt des Zuges überzeugt hatte.

    Damit wurde auch bei Ein- und Ausfahrt vom/ins falsche Gleis die richtige Stellung der Weichen und Flankenschutzeinrichtungen durch die Sicherungsanlage erzwungen - ein echtes Sicherheitsplus vor allem in diesem vielbefahrenen Bahnhof. Und dem Fdl etwas Schreibarbeit (Fstr Prüfung - Anordnung, Vollzug) erspart.

    Wie gesagt, das sind Mutmaßungen und ein Signalmeister oder Alt-Fdl könnte das sicher genauer und richtiger erklären, aber ich denke der Ansatz ist ganz ok.

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    1. Danke für diese Anmerkungen - ich habe zumindest im Text eine Ergänzung eingefügt, dass es sich hier eher um die technische Unterstützung des zeitweise eingleisigen Betriebs handelt.

      H.M.

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  3. PS: "zeitweise eingleisiger Betrieb" wird diese Betriebsform in Deutschland genannt, daher weiß ich momentan nicht ob es hier eine eigene Bezeichnung dafür gab. Da bin ich ein wenig durcheinander geraten. In einem Posting über Linz Hbf von 1987 sieht man aber beim Stw 3 unter dem Blockapparat etwas ähnliches, beschriftet mit "Hilfsfahrstraßen".

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    1. Wo Du recht hast ... da gab es aber auch inÖsterreich eine Bezeichnung dafür, "signalmäßige ... Irgendwas" oder so?

      H.M.

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  4. Leo hat recht. Auf hochfrequentierten Strecken waren Sicherungsanlagen gemäß Block und Stellwerksvorschrift für zeitweise eingleisigen Betrieb im Fall einer länger dauernden BETRA vorbereitet. Damit hatte man Folge und Gegenzugsicherung und konnte mit tauglichen Signalen fahren, sowie wurde die höchstmögliche Fahrstrassensicherung bei der Bahnhofblockung gewährleistet. Damals 1987 gab es GWB nur zwischen Mat und Lg . Sogar zwischen Wb und Mat war damals 1987 noch Richtungsbetrieb. Ich war 1987 Fdl in Himberg und oft bei meinem Bekannten Erwin R. in der Fdltg Bvs zu Besuch. Das neue Befehlswerk war in der Tat ,so wie auch bei mir in Himberg Richtung Gn für GWB vorbereitet-man sieht es Nach Wiener Neustadt Gl2 - aber nicht in Betrieb. Die Knebel für wahlweisen zeitweisen eingleisigen Betrieb oder zweigleisigen Betrieb sind hingegen aktiv.

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    1. Besten Dank! Für Nicht-Insider (wie mich) noch ein Abkürzungsverzeichnis:

      BETRA = Betriebs- und Bauanweisung
      GWB = Gleiswechselbetrieb
      Mat = Wien Matzleinsdorf
      Lg = Liesing
      Wb = Wien Süd - Seite Südbahn
      Bvs = Bad Vöslau
      Gn = Gramatneusiedl

      H.M.

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  5. Ich habe jetzt mit einem Alt-Fdl gesprochen, um dieses Mysterium ein für alle Mal aufzuklären. Das ist dabei herausgekommen:


    "Diese Sicherungsanlage ist für Baustellen fix eingerichtet. Da gabs bei Betras auf hochfrequentierten Strecken den Zeitweise Eingleisigen Betrieb. Da das Fahren auf dem Falschen Gleis ja immer sehr umständlich war. B-Befehl, Rückmelden, Anbieten, Annehmen, Ausfahrt für Einfahrt, Einfahrt für Ausfahrt. Zeitweise eingleisiger Betrieb war damals DIE Lösung. Vor allem hatte man dabei tauglichen Streckenblock, mit Folge- und Gegenzugsicherung. Das war der große Vorteil.

    Der Blockposten Gumpoldskirchen wurde bei Betras mit Sperre eines Streckengleises einfach zur Abzweigstelle umgeschaltet und mit Fdl besetzt. Der Blockwärter übersiedelte für die Zeit in die Holzbaracke draussen im Weichenbereich und wurde Weichenwärter. Der Fdl verriegelte die Weichen fern."

    Auf meine Frage zu den fehlenden Einfahrsignalen am falschen Gleis:

    "Für große und lange Betras wurden Pioniersignale an den Schwellenvorköpfen angebracht und schnellverkabelt."



    Zur generellen Ausrüstung der Südbahn (zwischen Wien und Wr. Neustadt) schreibt mein Alt-Fdl noch folgendes:

    "Die Südbahn wurde erst ab 94 ff mit Ausrüstung von Mödling und Leobersdorf mit Estw samt Fernsteuerung Brunn Maria Enzersdorf und Bad Vöslau durchgehend mit GWB ausgerüstet. Felixdorf hatte 1987 sein VGS 80 bekommen.
    GWB gabs vorher auf der Süd nur zw Liesing und Matzleinsdorf und ab 91 zw Wien Süd und Matzleinsdorf."


    LG Leo

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    1. Und nocheinmal danke! - ich überleg mir, ob ich Eure Erklärungen noch in den Text einbaue.

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