Dienstag, 24. September 2013

Die Funktionsweise des österreichischen Regelstellwerks 5007 - Blockfelder, Weichenhebel und allgemeine Verschlusslogik

English version of this posting

In diesem zweiten Animationsposting will ich zeigen, welche Abläufe sich prinzipiell im Rahmen der Bahnhofsblockung im Inneren von Regelstellwerken der Bauart 5007 und den zugehörigen Befehlswerken abspielen.

Dabei habe ich die Funktionsweise der Blockfelder und der diversen Sperreinrichtungen radikal vereinfacht. Manche Teile, wie etwa die elektrischen Schaltungen oder die doppelte Sperre des Signals, habe ich überhaupt weggelassen – vielleicht komme ich irgendwann dazu, solche Teile realitätsnäher zu erklären.
Die grundsätzliche Funktionsweise, insbesondere wichtige sicherheitstechnische Details, habe ich im Bereich der "Innenanlagen" von Fahrdienstleitung und Stellwerk aber überall erhalten, nur bei den Außenanlagen habe ich gespart – es fehlt u.a. die Drahtbruchsicherung des Signals und der Spitzenverschluss der Weiche.

Wir sehen uns für das Verständnis des Innenlebens wieder die sechs Schritte aus dem letzten Posting an, diesmal lassen wir die Animationen allerdings mit abgehobenen Abdeckplatten ablaufen.

4.1. Fahrdienstleitung: Befehlsabgabe


Wieder legt der Fahrdienstleiter die Knagge für die Fahrstraße um und blockt zuerst das Ba-Feld – zugleich wird am Stellwerk das Be-Feld entblockt –, anschließend löst er den Gleisanzeiger aus:



Zwei Vorgänge schauen wir uns hier genauer an: Zuerst das Blocken des Ba-Feldes, dann das Entblocken des Be-Feldes.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass Blockfelder in Wirklichkeit um einiges komplizierter aufgebaut sind als in meiner einfachen Animation. Im wesentlichen funktionieren sie aber schon sehr ähnlich zu dem, was ich hier zeige. Wer's ganz genau wissen will, muss sich in entsprechende Fachbücher eingraben. Eine frühe Darstellung findet man in Rölls Enzyklopädie des Eisenbahnwesens unter "Blockeinrichtungen".
Ein Blockfeld besteht aus einem
  • Rechen mit aufgeschraubten Farbblenden, der durch den  
  • Anker einer Hemmung am Verdrehen gehindert wird, indem einer der zwei Zacken des Ankers in die Zahnung des Rechens greift. 
Wenn der Anker allerdings durch die zwei Elektromagneten hin- und herbewegt wird, dann kann sich der Rechen Zahn um Zahn stückchenweise verdrehen. Beim Blocken dreht er sich allein aufgrund seines Gewichts nach unten. Allerdings wird er normalerweise nach oben gehalten, indem der  
  • Triebstift des Rechens auf dem 
  • Rechenführer an der Riegelstange aufliegt.
Damit der Rechen nach unten fallen kann, muss daher die Riegelstange nach unten gedrückt werden, was mittelbar über die Druckstange erfolgt, die der Fahrdienstleiter während des Blockens über die daran befestigte Blocktaste niederdrückt. Das folgende Diagramm zeigt diese Teile des Blockfeldes:


Am Ende des Blockens ist der Rechen nach unten gewandert. Weil er sich wegen des eingreifenden Ankers nicht zurückdrehen kann, hält er nun seinerseits über den Triebstift die Riegelstange gegen die Spannung der Riegelstangenfeder nach unten – dadurch kann die Riegelstange nun Sperraufgaben erfüllen. In unserem Fall legt sie in ihrer unteren Stellung den Fahrstraßenschieber fest. Hier sieht man dieses Spiel als Animation:



Zugleich mit dem Blocken des Ba-Feldes wird das Be-Feld entblockt. Auch dort drückt die Riegelstangenfeder die Riegelstange nach oben. Wenn der Anker nun zu pendeln beginnt, hebt die Riegelstange mittels des Rechenführers über den Triebstift nun den Rechen an. Damit wird die Sperre, die die Riegelstange vorher bewirkt hat, aufgehoben:



Zwei miteinander verbundene (sogenannte korrespondierende) Blockfelder können also eine Sperrinformation zwischen zwei entfernten Punkten sicher austauschen. Aber wozu überhaupt diese komplexe elektromechanische Lösung für die Übertragung eines einzigen Bits an Information?

Der Grund für diese aufwendige Lösung ist, dass sicherheitsrelevante Informationen eben extrem sicher und von Störungen unbeeinflusst übertragen werden müssen. Und die "langwierige" Übertragung von mehreren Impulsen für das "Umschalten" des einen Bits macht diese Übertragung extrem störsicher. Einzelne elektrische Impulse, etwa durch Störströme in Gleisen oder sogar von Blitzeinschlägen, lassen den Rechen im Blockfeld maximal um einen Zahn weiterspringen – viel zu wenig, um einen Verschluss aufzuheben. Damit kann die Übertragung von Information ohne zusätzlichen "Prüfkanal" erfolgen (wie das etwa bei den englischen Gleichstrom-Blockinstrumenten nötig ist, wo eine Änderung des Zustandes immer durch eine vorherige Kommunikation der Blockwärter angekündigt und abgesichert wird).

Allerdings glaube ich nicht, dass die Entscheidungen für die jeweiligen Lösungen in England und Deutschland so "rational" fielen, denn direkt angeführte Gründe für die verschiedene technische Entwicklung in England und Deutschland/Österreich habe ich nicht gefunden. 1912 steht in Röll's "Enzyklopädie des Eisenbahnwesens" unter dem Stichwort "Blockeinrichtungen" apodiktisch:
Bei Beurteilung der Verläßlichkeit einer elektrischen B. ist vor allem zu berücksichtigen, daß die Verwendung von Wechselströmen jener der Gleichströme (Batterieströme) unbedingt vorzuziehen ist, da eine Einwirkung der atmosphärischen Elektrizität (Blitzschläge) auf die Apparate ausgeschlossen ist.
Trotz dieser Aussage werden danach die englischen und französischen Blockeinrichtungen, die alle Gleichstrom verwenden, mehr oder weniger detailliert beschrieben (Hodgson (Saxby&Farmer), Sykes, Lartigue, Regnault, Tyer, PLM und schließlich Sarroste und Loppé).

Umgekehrt waren auch Siemens'schen Blockfelder – erfunden von Carl Frischen in Berlin im Jahr 1871 für die Streckenblocksicherung – in England nicht unbekannt: In seinem Buch "The Application of Electricity to Railway Working" von 1877 beschreibt William Edward Langdon sie unter dem Titel "Siemens's System" auf zehn Seiten.

Nachdem ich Langdons Buch und Rölls Beschreibung etwas genauer studiert habe, meine ich, dass sich die Geschichte etwa so abgespielt haben könnte:
  • In den 1840ern und 1850ern spielte sich die Entwicklung elektrischer Blockanlagen praktisch nur in England ab. Bei diesen ersten Anlagen wurden bedenkenlose kurz eingeschaltete Gleichströme für die Besetzt- und Freianzeige von Blockstrecken verwendet.
  • Während der 1860er machte man die Erfahrung, dass solche Anlagen nicht ohne Risiko war: Atmosphärische elektrische Aufladungen konnten Ströme verursachen, die genügten, um magnetisierte Telegraphennadeln auszulenken; und bei Blitzschlägen konnte gar eine Ummagnetisierung erfolgen, sodass Instrumente dauerhaft "frei" statt "besetzt" anzeigten. Daher wurde aktiv nach Verbesserungen gesucht, unter anderem: (a) Gefährliche Zustände sollten nur mehr durch polarisierte Dauerströme übertragen werden; (b) vielfach stärkere Dauermagneten sollten eine Ummagnetisierung verhindern; (c) bei Zustandsänderungen ohne Dauerstrom sollte Wechselstrom statt Gleichstrom verwendet werden. Die Lösungen (a) und (b) waren die "englische Version", (c) – zusammen mit (b) – die von Frischen realisierte "deutsche Version".
  • Zusätzliche Faktoren waren die Stromversorgung (Gleichstrom wurde durch Batterien geliefert, die aber – weil ein flächendeckendes Stromnetz ja noch vollkommen fehlte – ganz ausgetauscht werden mussten, oder zumindest mussten Elektroden und Säure ersetzt werden; Wechselstrom musste mit relativ aufwendigen Induktoren manuell erzeugt werden, dafür mussten keine Verbrauchsmaterialien nachgeliefert werden) und die Anzahl der nötigen Leitungen (Drahtleitungen waren am Anfang enorm teuer, daher wurden alle Stromkreise mit Erdung betrieben – diese Praxis wurde spätestens mit den ersten elektrischen Bahnen um 1900 zu risikoreich).
  • Um etwa 1875 waren die grundlegende Probleme dann aber gelöst, und – so scheint es mir – die Anwendung der Elektrizität im Eisenbahnbetrieb wurde in neuen Gebieten untersucht, allen voran der elektrischen Traktion und elektrischen Stellwerken. Da die experimentelle Zeit vorbei war, wurden die vorhandenen Lösungen (Batteriestrom in England, Induktorstrom mit Blockfeldern in Deutschland) zu Standards erklärt, die nicht mehr verlassen wurden, sondern nur für große Anlagen und weitere Funktionen weiterentwickelt.
So oder ähnlich könnte sich diese "Trennung der Stromarten" abgespielt haben – wenn jemand hier weitere Unterlagen und Informationen hat, bin ich für entsprechende Hinweise immer dankbar!

Aber nun kehre ich zurück zu den Details der Bahnhofsblockung!


4.2. Stellwerk: Fahrstraße und Signal stellen


Nach dem Befehlsempfang am Stellwerk stellt dort der Stellwerker nun die Weichen in die richtige Stellung (und verriegelt sie, wo nötig), verschließt die Fahrstraße mechanisch über die Fahrstraßenknagge und legt die Fahrstraße dann durch Blocken des Fahrstraßefestlegefeldes elektrisch fest. Daraufhin kann er das passende Signal freistellen:



Wir sehen uns hier genauer zuerst das Umstellen der Weiche an. Die folgende Animation zeigt, dass die Handfalle den Hebel an der Hebelbank ausklinkt, wonach er sich umstellen lässt. Nach dem Umstellen lässt man die Handfalle wieder aus, und der Hebel klinkt wieder ein. Das Ziehen und Auslassen der Handfalle bewirkt aber auch jeweils, dass der Verbindungshebel, der zur Verschlussmechanik führt, gekippt wird. Weil der Weichenhebel aber zwischen Ziehen und Auslassen der Handfalle um ca. 180° umgestellt wird, addieren sich diese beiden Kippbewegungen gleichsinnig, sodass die ganz oben sichtbare Verschlussklinke im Schieberkasten in eine andere Stellung bewegt wird und daher an Verschlussaufgaben teilnehmen kann:



Man sieht auch, dass die Handfalle nicht direkt mit der Verschlussmechanik verbunden ist, sondern über eine Feder. Wieso ist das nötig?

Die folgende Animation zeigt, dass bei einer verschlossenen Weiche, also wenn der Fahrstraßenschieber verschoben ist, sich die Verschlussklinke im Schieberkasten nicht mehr vollständig nach unten bewegen kann – sie läuft am Schieber an. Dadurch bleibt der Weichenhebel eingeklinkt und kann nicht umgestellt werden. Die Handfalle kann dennoch vollständig gezogen werden, denn über die Feder wird die Mechanik im Inneren des Verschlusskasten vor zu großen Kräften geschützt. Wäre die Handfalle direkt mit der Verschlussmechanik verbunden, könnte ein ungestümer Stellwerker bei einer verschlossenen Weiche mit Gewalt an der Handfalle ziehen und womöglich Teile der Verschlussmechanik verbiegen, eventuell sogar den Verschluss überwinden und die Weiche umstellen – alles das muss zuverlässig verhindert werden.
Tatsächlich ist diese Feder eigentlich im Inneren des Hebels verborgen und ist (wohl) eine Druckfeder. Ein Signalmeister hat mit mir verzweifelt diese Feder an einem Hebel gesucht – wir haben sie nirgends gesehen ... Die Federn, die man an Hebeln außen sieht, sind die Rückholfedern der Handfalle, die in meiner Animation fehlen.



Nach dem Stellen und dem Verschließen erfolgt die Fahrstraßenfestlegung. Hier sieht man, wie dafür der Induktor angetrieben wird, der bei voller Drehzahl eine Wechselspannung von ca. 70 bis 90 Volt abgibt. Dieselbe Betätigung hat natürlich schon beim Blocken des Ba-Feldes der Fahrdienstleiter ausgeführt:



Und hier sieht man, wie ein Fahrstraßenfestlegefeld geblockt wird – die Taste ist schon niedergedrückt, wenn das Video beginnt:
Für Fachleute: Das ist eigentlich ein Gleichstrom-Wechselstromfeld eines Mittelstellwerks; eine Aufnahme eines Wechselstrom-Fahrstraßenfestlegefeldes habe ich leider nicht.



4.3. Zugfahrt


Bei der Zugfahrt löst der Zug die Tastensperre aus. Die Auslösung erfolgt im Gegensatz zum Blocken mit Gleichstrom (aus einer Batterie), daher werden diese Blockfelder auch als Gleichstrom-Wechselstromfelder bezeichnet. Für die Auslösung ist ein eigener Magnet vorgesehen:



Hier sieht man ein solches Feld im ausgebauten Zustand. Vorne ist der Rechen erkennbar, auf dem hier noch keine schwarz-weiße Blende aufgeschraubt ist. Hinter dem Anker sieht man die beiden ölpapierumwickelten Anker-Magnete nach hinten stehen (das Bild des auf einem Tisch liegenden Blockfelds ist um 90° gedreht):


Das folgende Bild zeigt oben noch einmal die beiden Ankermagnete (einer ist direkt hinter Ankerwelle), darunter sieht man die beiden größeren Gleichstrom-Auslösemagnete:


4.4. Stellwerk: Signal zurückstellen


Im Tastensperrfeld kann sich nach der Auslösung durch den Zug die Druckstange nach unten bewegen, woran sie bisher durch die schräg stehende Sperre gehindert wurde. Der Stellwerker kann daher nun über die gemeinsame Taste das Be-Feld blocken; zugleich wird das Ts-Feld wieder in seine Sperrstellung geblockt. In der Fahrdienstleitung läuft zugleich das Ba-Feld in die entblockte Stellung und gibt damit dort den Fahrstraßenschieber frei.

Im Gegensatz etwa zu deutschen Einheitsstellwerken gibt es übrigens bei der Bauart 5007 keine mechanische Wiederholungssperre: Solange das Be-Feld nicht zurückgeblockt ist, kann ein Formsignal prinzipiell beliebig oft auf Halt und Frei gestellt werden (bei Ergänzung mit einer Flügelkupplung kann allerdings eine elektrische Wiederholungssperre vorgesehen werden).



4.5. Fahrdienstleitung: Fahrstraße auflösen


Durch Blocken des Fa-Feldes löst der Fahrdienstleiter die Fahrstraße am Stellwerk auf. In echten 5007ern wird dadurch der Fahrstraßenschieber im Befehlswerk ein zweites Mal entriegelt (in meiner Animation fehlt diese doppelte Verriegelung), sodass nun (erst) der Fahrdienstleiter die Knagge zurücklegen und andere, feindliche Fahrstraßen einlegen kann.

Am Stellwerk springt durch das Entblocken des Ff-Feldes dessen Riegelstange nach oben und gibt den entsprechenden Fahrstraßenschieber wieder frei:



4.6. Stellwerk: Weichen in Grundstellung bringen


Der elektrische Verschluss der Fahrstraßenschiebers ist aufgehoben, daher kann er nun wieder in die Grundstellung bewegt werden. Nun können auch alle Hebel, die bisher unter Verschluss lagen und die deshalb nicht ausgeklinkt werden konnten (siehe die Animation unter Schritt 4.2), wieder frei gestellt werden. Wenn nichts anderes nötig ist, stellt der Stellwerker nun alle Weichen in die Grundstellung und kann sich dann entspannt zurücklehnen und auf den nächsten Befehl warten:



Das war der Regelablauf einer Zugfahrt in einem 5007er-Stellwerk. Diese Beschreibung könnte nun in viele Richtungen erweitert werden:
  • Wo und wie erfolgen die verschiedenen Sperrungen nicht erlaubter Handlungen?
  • Welche Arten von Störungen können auftreten, und welche konstruktiven Details sind zu ihrer Vermeidung oder Behandlung nötig?
  • Wie sehen andere Stellwerksanordnungen aus – allen voran die häufigen Mittelstellwerke?
  • Wie sehen weitere technische Details aus – etwa Schieberkästen für mehr als eine Fahrstraße, auffahrbare Weichenhebel, elektrische Schaltungen.
  • Wie funktioniert ein Felderstreckenblock, und wie wirkt er mit der Bahnhofsblockung zusammen?
  • ... und vermutlich vieles mehr.
Wenn jemand Interesse an einem dieser Punkte hat, kann er oder sie mir gerne eine Nachricht zukommen lassen – vielleicht finde ich ja Zeit, ein paar weitere Texte und Animationen zusammenzubasteln!

Mittwoch, 18. September 2013

Die Funktionsweise des österreichischen Regelstellwerks 5007

Extended English version of this posting

Ich will hier endlich einmal in ein paar Postings die prinzipielle Funktionsweise und Bedienung des österreichischen Regelstellwerks erklären. Im Unterschied zu vorhandenen Erklärungen, insbesondere auch in Büchern, möchte ich hier die Möglichkeiten des Internets ausnützen: Animationen und kurze Filmsequenzen sollen die Erklärungen anschaulich machen.

Diese etwas größeren Animationen sind mein erster Versuch in diesem Metier. Obwohl ich nun schon über zwei Monate daran arbeite, bin ich noch nicht durchgängig zufrieden – insbesondere die "Kameraführung" ist momentan noch statisch: Da könnte man mehr draus machen. Wenn jemand fachkundige oder auch "einfach so" Anregungen oder Anmerkungen hat, bitte ich um Nachricht!

In diesen Postings will ich das Regelstellwerk aus Sicht der Bediener, also der Fahrdienstleiter und Stellwerker erklären. Wie das 5007er-Stellwerk "innen drin" funktioniert, also insbesondere die echte Mechanik des Schieberkastens und die nötigen elektrischen Schaltungen, werde ich hier nicht im Detail vorstellen. Allerdings werde ich trotzdem Bilder und Animationen einer Mechanik zeigen, die die inneren Zusammenhänge erklärt – anders kann man meiner Meinung nach ein Stellwerk nicht verstehen. Nur ist das, was ich zeige, gegenüber der Realität enorm vereinfacht, weil sonst diese Teile wieder beliebig erklärungsbedürftig wären (vielleicht finde ich allerdings später einmal Zeit für tiefergehende Beschreibungen).

Hier ist, als Vorgeschmack, ein Überblicksdiagramm dieser Mechanik, deren Details ich später erkläre.


In den Erklärungen gehe ich von der regulären alten österreichischen Anordnung aus, nämlich einer Fahrdienstleitung mit Befehlswerk in der Mitte des Bahnhofs und zwei Endstellwerken. Andere Anordnungen – z.B. Mittelstellwerke, weitere Stellwerke oder auch das Zusammenwirken mehrerer Fahrdienstleitungen – erkläre ich vielleicht irgendwann in getrennten Postings. Als Signale nehmen wir zuerst Formsignale an. Auf die Streckenblockung gehe ich momentan gar nicht ein, d.h. ich nehme an, dass der beschriebene Bahnhof an einer Strecke ohne Streckenblock liegt.

Meine Erklärung wird so vor sich gehen, dass ich den Ablauf einer Zugfahrt ungefähr viermal erkläre und dabei immer weiter auf technische Details eingehe. Betriebliche Regelungen werde ich kaum erwähnen, erstens weil ich mich damit kaum auskenne, zweitens um die Sache nicht noch komplizierter zu machen ...


1. Der Ablauf einer Zugfahrt in Kürze


Bei einer Zugfahrt durch einen Bahnhof spielt sich Folgendes ab:

  • Drei bis fünf Minuten vor der voraussichtlichen Ankunftszeit gibt der Fahrdienstleiter über das Befehlswerk den beiden Stellwerken die Befehle für Ausfahrt und Einfahrt. Dabei werden die Stellwerker auch über das zu befahrende Gleis informiert.
  • Jeder der Stellwerker stellt daraufhin die Weichen passend, verschließt dann die Weichen mechanisch und elektrisch (der elektrische Verschluss wird Fahrstraßenfestlegung genannt) und kann nun sein Signal auf Frei stellen (Ausfahrsignal im Stellwerk auf der Ausfahrseite, Einfahrsignal und Einfahrvorsignal im Stellwerk auf der Einfahrseite). Durch den Verschluss der Weichen wird die gesetzlich geforderte Signalabhängigkeit erreicht.
  • Wenn der Zug vorbeifährt, löst er über einen elektrischen Kontakt eine so genannte "Tastensperre" aus.
  • Jeder Stellwerker beobachtet, ob der Zug ein Zugschlusssignal am letzten Wagen hat und daher vollständig die Strecke geräumt hat. Daraufhin stellt er das Signal wieder auf Halt und gibt über den Blockapparat den Befehl zurück (was nur möglich ist, wenn die Tastensperre ausgelöst hat).
  • Der Fahrdienstleiter löst daraufhin die Fahrstraßen auf, und auf den Stellwerken können die Weichen nun wieder frei gestellt werden – um Verschub durchzuführen oder Fahrstraßen für andere Zugfahrten zu stellen.


2. Funktionsgruppen


Die folgenden Bilder zeigen die nötigen Anlagen für diesen Vorgang.

Am Befehlswerk in der Fahrdienstleitung sind drei Funktionsgruppen nötig:
  • Fahrstraßenknaggen (offiziell "Knebel" genannt) zur Auswahl des zu befahrenden Gleises im Schritt 1 des obigen Ablaufes.
  • Der Blockapparat zur Abgabe von Befehlen (Schritt 1) und zur Fahrstraßenauflösung (Schrit 5).
  • Eine Gleisanzeiger-Taste im Blockaufbau, die die Information über das zu befahrende Gleis am Stellwerk sichtbar macht (Schritt 1).

Am nächsten Bild sieht man einen Fahrdienstleiter bei der Befehlsabgabe (Schritt 1) im Bahnhof Ziersdorf, mit Kennzeichnungen dieser Anlagenteile. Das Originalbild dazu befindet sich in diesem Posting. Die Beschriftung der Blockfelder bedeutet dabei:
  • Ba = Befehlsabgabe
  • Fa = Fahrstraßenauflösung
Diese Begriffe wurden erst in den dreißiger Jahren – und konsequent dann während des Anschlusses von Österreich an das Deutsche Reich – eingeführt. Die davor üblichen, "genuin österreichischen", aber nun eben schon lange historischen Begriffe werden weiter unten erwähnt.


Am Stellwerk sind vier Funktionsgruppen nötig:
  • Der Blockapparat zur Entgegennahme und Rückgabe eines Befehls (für Schritte 1 und 4) sowie zum Festlegen der Fahrstraße (im Schritt 2).
  • Der Gleisanzeiger zur Information über das zu befahrende Gleis (für Schritt 1).
  • Fahrstraßenknaggen zum mechanischen Verschluss der Weichen (im Schritt 2).
  • Die Hebelbank mit den Weichen- und Signalhebeln (für Schritt 2).

Auf den folgenden zwei Bildern sieht man diese Anlagenteile im Stellwerk 1 von Ziersdorf. Die Beschriftung der Blockfelder bedeutet hier:
  • Be = Befehlsempfang
  • Ff = Fahrstraßenfestlegung
  • Ts = Tastensperre
Die Funktionen aller Blockfelder erkläre ich weiter unten.



Im Folgenden konzentriere ich mich nur mehr auf ein Stellwerk, eine Fahrtrichtung und ein Bahnhofsgleis – also insgesamt eine Fahrstraße. Ich "schneide" also sozusagen aus den obigen Anlagen die folgenden Teile heraus:


Außerdem sehen wir uns einen ganz kleinen Bahnhof an, der
  • nur eine einzige Weiche an jedem Bahnhofskopf hat,
  • ohne eine zusätzliche Verriegelung der Weichen auskommt (die Geschwindigkeit bei der Einfahrt ist auf 40km/h begrenzt),
  • nur einflügelige Einfahrsignale hat
  • und trotzdem Endstellwerke besitzt.
(Ob es in Österreich Bahnhöfe mit all diesen Eigenschaften gegeben hat, weiß ich nicht – es gab aber zumindest Beispiele für Endstellwerke, die nur eine Weiche zu bedienen hatten, etwa den Bahnhof Hintergasse auf der Arlbergbahn oder die Betriebsausweiche Strechau).

Bevor allerdings die "optischen Genüsse" kommen, beschreibe ich die Abläufe noch etwas genauer in textueller Form.

3. Ablauf als Zustandstabelle


Die folgende Tabelle beschreibt den Regelablauf des Zusammenspiels von Befehlswerk und Stellwerk (zu einer Erklärung solcher Tabellen siehe dieses Posting). Die Textfarben bei den Zuständen der Blockfelder entsprechen den jeweils sichtbaren Farbscheiben. Ein Klick auf die Tabelle öffnet eine lesbarere PDF-Datei:


Neben diesem Regelablauf gibt es unzählige andere Abläufe bei Störungen an der Anlage oder im Betriebsablauf. Zum Beispiel muss ein abgegebener Befehl wieder zurückgenommen werden können, wenn der zurückliegende Bahnhof die Reihenfolge der Züge ändern muss; oder es muss möglich sein, bei untauglichem Signal trotzdem die Fahrstraßen festzulegen und wieder aufzulösen. Erst diese Anforderungen bewirken, dass die genaue technische Ausbildung der einzelnen Teile ziemlich verzwickt wird – aber alles das ignorieren wir in dieser Beschreibung. Vielleicht komme ich später dazu, einzelne dieser besonderen Abläufe zu erklären.

4. Animation


Die folgenden sechs Animationen zeigen nun den Ablauf für eine Zugfahrt aus Sicht der Bediener. Die Anlagen sind hier noch mit den üblichen grün lackierten Blechtafeln verschlossen (im nächsten Posting schauen wir dann, was sich dahinter abspielt – ich denke, dann wird's richtig interessant). Bei jeder Animation blinken vor einer Bedienung orange Pfeile dort, wo gleich was passiert. Die Außenanlage habe ich relativ spartanisch modelliert. Insbesondere fehlt bei der Weiche der Spitzenverschluss – wenn ich einmal viel Zeit habe, baue ich den auch noch dazu. Die Nummern nach den folgenden Überschriften beziehen sich auf die Beschreibung in der Tabelle aus dem letzten Abschnitt.
Die Animationen sollten eine genügend hohe Auflösung haben, um sie auch im Vollbildmodus ansehen zu können – dann erkennt man vielleicht noch einige Details mehr.

4.1. Fahrdienstleitung: Befehlsabgabe (2,3)


Durch das Blocken des Befehlsabgabe-Feldes gibt der Fahrdienstleiter dem Stellwerker die Möglichkeit, das Signal freizustellen. Deshalb hieß dieses Feld früher auch "Signalverschluss". Zugleich wird im Befehlswerk verhindert, dass Befehle für andere feindliche Fahrten abgegeben werden können.

Durch das Antippen der Gleisanzeiger-Taste fällt im Stellwerk eine kleine Klappe mit der Gleisnummer, zugleich schlägt dort auch ein Wecker an. Diese Betätigung ist sicherheitstechnisch nicht relevant und wurde (und wird) daher in der Praxis auf vielen Bahnhöfen unterlassen, wenn der Zug auf das Regelgleis lt. Fahrplan einfährt – am Stellwerk kann auf jeden Fall nur die Fahrstraße festgelegt werden, die auch im Befehlswerk ausgewählt wurde.



Das folgende kurze Video zeigt diesen Ablauf in der Fahrdienstleitung von Sigmundsherberg ...



... und das Entblocken des Be-Feldes am Stellwerk:



(Leider fehlt in den Videos das charakteristische "Blockfeld-Rattern" – vielleicht komme ich einmal dazu, die Geräusche noch darunterzulegen).

4.2. Stellwerk: Fahrstraße und Signal stellen (4,5,6,7)


Der Stellwerker stellt nun die Weichen – und in der Regel auch die Weichenriegel – passend für die befohlene Fahrstraße. Für eine Einfahrt am durchgehenden Hauptgleis ist hier oft nur das Verriegeln nötig, wenn nicht wegen eines vorangegangenen Verschubes noch Weichen gegen die Grundstellung stehen.

In unserem Beispiel soll allerdings eine Fahrt ins Gleis 2 stattfinden, sodass die Weiche in die Minusstellung gelegt werden muss. Beim Umstellen kann man beobachten, dass die Mechanik zum Verschlusskasten durch die Handfalle bewegt wird, nicht aber beim Umstellen des Hebels: Das Anziehen der Handfalle in der Grundstellung bewirkt die erste Hälfte der Bewegung, das Loslassen nach dem Umstellen schließt die Bewegung des Verschlusshebels ab.

Danach werden die Weichen durch Umlegen der Fahrstraßenknagge mechanisch verschlossen: Ein Schieber im Verschlusskasten verhindert nun die Bewegung des Verschlusshebels und damit der Handfalle – dadurch kann der Hebel nicht mehr ausgeklinkt werden.

Dieser Schieber wird nun wiederum durch das Blocken des Fahrstraßenfestlegefeldes blockiert, sodass die Weichen nun "unter elektrischem Verschluss" liegen – daher hieß dieses Feld früher auch "Weichenverschluss". Der Stellwerker hat sich nun "eingesperrt" – ohne Hilfe des Fahrdienstleiters kann er die verschlossenen Weichen nicht mehr aus ihrer Lage bewegen.

Dafür kann er nun schlussendlich das Signal frei stellen, das durch das Befehlsempfangsfeld entriegelt wurde.



Hier sind zwei kurze Videos von Teilen dieses Ablaufs: Am Stellwerk wird das Ff-Feld geblockt ...



..., in der Fahrdienstleitung sehen wir noch einmal den Ablauf von vorher, aber nun ergänzt darum, dass das Fa-Feld in die entblockte Stellung läuft (der Stellwerker muss hier schon nahe am Blockwerk auf den Befehl gewartet haben, weil die Festlegung so kurz nach der Befehlsabgabe erfolgt):




4.3. Zugfahrt (8)


Die Rückgabe des Befehls an den Fahrdienstleiter durch Blocken des Be-Feldes wird ja dazu führen, dass von dort die Fahrstraße aufgelöst werden kann und damit die Weichen wieder frei stellbar sind. Unter Druck könnte der Stellwerker allerdings den Befehl schon vor oder während der Zugfahrt zurückgeben, die Fahrstraße kurz darauf aufgelöst bekommen, und nun womöglich noch Weichen unter einem langsam einfahrenden Zug umstellen, der daraufhin entgleisen würde.

Um das zu verhindern, soll der Zug selbst bei der Auflösung mitwirken. Das tut er, indem er über eine kurze isolierte Schiene die "Tastensperre" auslöst – erst danach kann der Stellwerker den Befehl zurückgeben. In der Animation sieht man allerdings zweierlei:
  • Die Tastensperre löst schon aus, wenn die erste Achse des Zuges die Isolierschiene befährt! Allerdings bleibt ein Relais angezogen, bis die letzte Achse diese verlässt, und über einen eigenen Kontakt wird während dieser Zeit das Blocken des Be-Feldes verhindert. Dadurch ist die Befehlsrückgabe erst möglich, wenn der ganze Zug die Isolierschiene verlassen hat.
  • Aber auch in diesem Fall fährt der Zug bei einer Einfahrt noch über die Weiche (oder bei größeren Bahnhöfen evtl. über mehrere Weichen), während schon eine Befehlsrückgabe und damit eine Fahrstraßenauflösung möglich ist! Bei einem langsamen Zug und einer längeren Fahrstraße (etwa der Einfahrt eines Güterzugs auf ein hinteres Bahnhofsgleis) würde die Zeit nun doch reichen, nach einer sofort erfolgten Fahrstraßenauflösung die Weichen unter ihm umzustellen. Dieser Fehler sollte in den originalen Anlagen – von denen manche allerdings bis mindestens in die 1980er Jahre überlebt haben! – durch das "4-Augen-Prinzip" verhindert werden, also durch die Teilnahme auch des Fahrdienstleiters an der Fahrstraßenauflösung. Später allerdings wurde für Einfahrten in jedes Bahnhofsgleis eine eigene Isolierschiene gelegt, sodass die Tastensperre tatsächlich erst nach der vollständigen Fahrt über alle Weichen des Zuges auslöste (diese Isolierschienen in den Bahnhofsgleisen erforderten dann an Weichen die Unterscheidung zwischen der "großen" und der "kleinen" Grenzmarke: Die "kleine", rot-weiße kennzeichnet in diesem Fall die Stelle, wo die Gleise weit genug auseinanderliegen; die "große", schwarz-weiße kennzeichnet das Ende der Isolierschiene, also die Stelle, bis zu der eine Zugfahrt die Weiche geräumt haben muss, damit die Tastensperre auslöst). An der grundsätzlichen Bedienung der Stellwerke, insbesondere der Mitwirkung des Fahrdienstleiters bei der Fahrstraßenauflösung, hat man aber nichts geändert.



4.4. Stellwerk: Signal zurückstellen (9,10)


Der Stellwerker prüft nach der Einfahrt, ob der Zug "mit (Zug-)Schluss" eingefahren ist – nur dann ist die Strecke sicher frei und kann für eine nächste Zugfahrt befahren werden. Danach stellt er das Signal auf Halt und blockt das Befehlsempfangsfeld zurück. Die Weichen bleiben aber weiterhin durch das Fahrstraßenfestlegefeld, das den Fahrstraßenschieber festhält, verschlossen.

Zugleich mit dem Blocken des Be-Feldes wird auch die Tastensperre wieder in die Sperrstellung geblockt – damit ist sichergestellt, dass für eine weitere Zugfahrt ein neuer Befehl nötig ist.



4.5. Fahrdienstleitung: Fahrstraße auflösen (11,12)


Die eigentliche Auflösung der Fahrstraße erfolgt durch den Fahrdienstleiter: Er blockt sein Fahrstraßenauflösefeld und gibt damit den Fahrstraßenschieber am Stellwerk wieder frei.



4.6. Stellwerk: Weichen in Grundstellung bringen (13)


Das entblockte Ff-Feld erlaubt nun dem Stellwerker, die Fahrstraßenknagge wieder in die senkrechte Stellung zu legen. Der Fahrstraßenschieber gibt damit endgültig die Weichen (und Weichenriegel) frei, die nun wieder frei stellbar sind – für Verschub oder Zugfahrten in oder aus anderen Gleisen oder auch nur, um sie wieder vorschriftsgemäß in die Grundstellung zu bringen.




Das waren die ersten drei Erklärungen (eine kurze, eine Tabelle, eine Reihe von Animationen) des Zusammenspiels von Befehlswerk und Stellwerk in Österreich. Im nächsten Posting schauen wir dann, was sich hinter den grünen Abdeckungen abspielt!

Samstag, 14. September 2013

Linz Hbf, 1987 und 1990

Am 22.2.1987 habe ich nach dem Verschiebebahnhof Wels noch kurz in der Fahrdienstleitung des Linzer Hauptbahnhofes vorbeigeschaut. Dort war noch das berühmte Befehlswerk der schwedischen Firma Ericsson von 1938 in Betrieb, allerdings wegen der Bahnhofsumbauten schon umgebaut zu einer Behelfsanlage. Die Firmenzeitschrift "The L.M.Ericsson Review" gibt leider keinen Hinweis auf die originale Installation; es gibt aber in der Ausgabe 2 von 1934 (downloadbar bei http://ericssonhistory.com/sources/LME-Rewiew/) einige Erklärungen und Bilder einer offenbar bauart-verwandten Anlage des Hauptbahnhofes von Stockholm. Allerdings hatte die österreichische Anlage Hebel erhalten, die der Siemens-Bauart 42733 nachempfunden waren.

Hier ist ein Bild der Anlage, wo links die Ersatz-Gleistafel sichtbar ist:

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Die zwei folgenden Bilder zeigen Details von Befehlshebeln:

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Das folgende Bild der Anlage ist leider ziemlich schief geraten:

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Auf dem Arbeitsplatz des Fahrdienstleiters stand das folgende Gleisbild:

Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Und hier noch einmal die Gleistafel für den Betrieb als Hilfsanlage:

Gleistafel zum Ericsson-Befehlswerk, Fdl, Linz Hbf, 22.2.1987

Bald darauf (am 21. Sept. 1989 – siehe den Kommentar von Harald Süß) wurde in Linz eine neue SpDrL-Anlage in Betrieb genommen:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Auf dieser Aufnahme ohne Blitz sieht man die Ausleuchtungen auf der Gleistafel mehr oder weniger deutlich:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Hier sieht man zwei Bilder der Gleistafel:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Auf den Monitoren der Arbeitsplätze wird die Gleisanlage im Überblick und in Lupenbildern dargestellt:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Einen Tag vor Weihnachten war auch schon ein Weihnachtsbaum aufgestellt:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Vom Stellwerk aus hatte man einen großartigen Überblick über die Gleisanlage:

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

SpDrL-Anlage, Linz Hbf, 23.12.1990

Hier noch zwei Bilder vom Zugbetrieb ...

1010.002, Linz Hbf, 23.12.1990

1010.005, Linz Hbf, 23.12.1990

... und zuletzt eine "Profilaufnahme" des Stellwerksgebäudes:

Zentralstellwerk Linz Hbf, 23.12.1990

Dienstag, 13. August 2013

Ein halbwegs einfaches Zentralschloss für Modellbahnen: Projektierung Teil 2

Das ist das letzte Posting zu meinem Versuch, mit möglichst einfachen Mitteln ein Zentralschloss oder Schlüsselwerk zu bauen. Die Beschreibung der Konstruktion ist in vier vorhergehenden Postings zu finden, im letzten Posting und in diesem hier beschäftige ich mich mit der Projektierung von Zentralschlössern. Nach den ersten beiden Beispielen im letzten Posting kommen hier nun Projektierungsvorschläge für die Beispiele C. und D.

Beispiel C.

Der Schritt vom vorherigen zu diesem Beispiel ist nicht schwierig – nur die Menge der Weichen, Fahrwege und Signale erhöht sich.


Hier ist der Verschlussplan samt Schlüsselformen – drei Anmerkungen dazu:
  • Die W3 soll auch bei einer Fahrt in oder aus Gleis 1 Flankenschutz bieten.
  • Die W4 hingegen ist keine Flankenschutzweiche (dazu liegt sie zu weit hinten), daher muss sie nur bei Fahrten im Gleis 1 korrekt stehen und verschlossen sein.
  • Die drei ganz rechten Spalten sind nur nötig, wenn der Verschluss von Gegenfahrten im Zentralschloss stattfinden soll; wenn er im Signalstellwerk erfolgt, können sie entfallen (siehe Erklärung beim Beispiel B.). Die (einfache!) Projektierung eines Einfahrt/Ausfahrt-Hilfsschlüssels überlasse ich dem geneigten Leser:
FahrwegSig-schl.
W1+
W1–
W2+
W2–
W3+
W3–
W4+
Gl.1 v.Re
Gl.2 v.Re
Gl.3 v.Re
W-schl.
 
p
q
r
s
t
u
v
 
 
 
Gl.1 v. Reb (A 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.2 v. Rea (A 1fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.3 v. Reb (A 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.1 n. Rec (H1 2fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.2 n. Red (H2 1fl.)
 
 
 
 
 
 
Gl.3 n. Ree (H3 2fl.)
 
 
 
 
 
 

Beispiel D.

Der ganze Bahnhof sieht so aus:


Wie oben schon angemerkt, ist es eher unwahrscheinlich, dass ein so vollständig signalisierter Bahnhof nur ein Zentralschloss im Mittelstellwerk hätte – aber möglich ist es, und wir wollen hier übungshalber auch eine solche Anlage projektieren.

Bei der Projektierung für einen ganzen Bahnhof müssen über die Weichenstellungen hinaus auch Gegenfahrten auf Bahnhofsgleisen und eventuell weitere feindliche Fahrstraßen ausgeschlossen werden. Diese Ausschlüsse werden, weil sie sich nicht aus den Weichenstellungen ergeben, als „besondere Fahrtausschlüsse“ bezeichnet.
  1. Offensichtlich müssen Gegeneinfahrten auf dasselbe Bahnhofsgleis von jeder Sicherungsanlage ausgeschlossen werden (dagegen sind Ausfahrten von einem Bahnhofsgleis in beide Richtungen erlaubt).
  2. In vielen Ländern ist oberhalb einer relativ niedrigen Streckengeschwindigkeit auch ein „Durchrutschweg“ (auch Schutzweg oder Schutzstrecke genannt) hinter dem Zielpunkt einer Zugfahrt vorgeschrieben. Wenn dieser Durchrutschweg in eine andere Fahrstraße hineinreicht, muss diese ausgeschlossen werden (überlappende Durchrutschwege hingegen werden im Allgemeinen zugelassen).
  3. Zuletzt werden Durchfahrten über nicht durchgehende Hauptgleise häufig ausgeschlossen.

Alle solchen Ausschlüsse sind symmetrisch, d.h. wenn eine Fahrt X eine Fahrt Y ausschließt, dann schließt auch Y X aus. Das erspart bei der Zusammenstellung der besonderen Ausschlüsse die Hälfte der Arbeit!

Im Beispiel führen diese Regeln zu folgenden besonderen Fahrtausschlüssen zwischen den beiden Bahnhofsköpfen:
  • Einfahrten von Re:
    • Gl.1 v. Re schließt aus: Einfahrt Gl.1 v. Li (wegen 1. – Gegeneinfahrt), alle Ein- und Ausfahrten Richtung Li auf Gl.2 und 3 (wegen 2. – Durchrutschweg hinter R1!), Ausfahrt Gl.1 n. Li (wegen 3. – keine Durchfahrt) – also tatsächlich alle Fahrten am linken Bahnhofskopf, allerdings aus verschiedenen Gründen.
    • Gl.2 v. Re schließt ebenfalls alle Fahrten am linken Bahnhofskopf aus außer der Ausfahrt Gl.2 n. Li für eine Durchfahrt (Durchfahrten auf durchgehenden Hauptgleisen will man wirklich immer zulassen!).
    • Gl.3 v. Re schließt wieder alle Fahrten am linken Bahnhofskopf aus.
  • Ausfahrten nach Re:
    • Gl.1.n.Re schließt zwei Einfahrten aus, nämlich Gl.1 v.Li (wegen 3.) und Gl.2 v.Li (wegen 2.), aber nicht Gl.3 v.Li, weil dort der Durchrutschweg ins Gleis 3a führen kann (wenn das nicht aus anderen Gründen – Ladegleis? – nicht erlaubt ist, was wir einmal nicht annehmen). Ausfahrten nach Li sind alle erlaubt.
    • Gl.2.n.Re schließt nur die Einfahrt Gl.1.v.Li (wegen 2.) aus. Die Durchfahrt mit Gl.2 v.Re und die Einfahrt auf Gl.3 sind erlaubt, und die Ausfahrten sowieso.
    • Gl.3 n.Re schließt schließlich aus: Gl.1 v.Li (wegen 2.), Gl.2 v.Li (auch wegen 2.), Gl.3 v.Li (wegen 3.).

Weil alle diese Ausschlüsse symmetrisch sind und wir hier nur mehr Ausschlüsse zwischen den beiden Bahnhofsköpfen untersuchen mussten, haben wir damit auch die Ausschlüsse der Fahrten von und nach Li fertig analysiert.

Ein möglicher Verschluss- und Projektierungsplan für diesen Bahnhof ist hier dargestellt:



Zweirichtungsprojektierung


Die Einrichtungsprojektierung erfordert in vielen Fällen jeweils zwei Schubstangen, die exakt dieselben Weichen verschließen, nämlich für jede Richtung einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Zusätzlich sind weitere Verschlüsse nötig, um diese beiden Schubstangen gegeneinander zu verriegeln – entweder im Signalstellwerk, oder durch zusätzliche vertikale Schieber im Zentralschloss. Das macht solche Schlösser gerade für einfache Verhältnisse ziemlich aufwendig, wie man an den Beispielen B. und C. im letzten Abschnitt gesehen hat.

Bei der Zweirichtungsprojektierung wird dagegen für jede Verbindung zwischen zwei Punkten nur eine Schubstange für beide Richtungen vorgesehen – allerdings wird dann die Freigabe der Signale bei mehr als zwei Gleisen und bei Gruppenausfahrsignalen schwieriger. Weil die Zweirichtungsprojektierung aber in manchen Fällen doch einiges an Aufwand spart, projektieren wir jetzt zwei Zentralschlösser damit durch.

Beispiel B. mit Zweirichtungsprojektierung


Für die zwei möglichen Gleise sehen wir zwei Fahrstraßenschieber vor; die Weichenschlüssel für die eine Weiche bleiben wie gehabt:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von und nach Gl. 1
 
 
von und nach Gl. 2
 
 

So weit, so gut – aber welche Signalschlüssel verwenden wir?

Das Problem ist, dass
  • für Einfahrten zwei verschiedene Schlüssel nötig sind, weil das Einfahrsignal A für Gleis 1 einflügelig, für Gleis 2 aber zweiflügelig, also mit zwei verschiedenen Hebeln (oder Schlüsselschaltern bei elektrischer Bedienung) freigestellt werden muss;
  • für Ausfahrten aus beiden Gleisen die gleiche Bedienung nötig ist, nämlich Freistellen des einflügeligen H1-2.
Eine mögliche Lösung ist die Verwendung eines „Gruppenschlosses“ für das Ausfahrsignal. Wenn wir dort etwa ein Gruppenschloss „ac“ einsetzen, dann können folgende Signalschlüssel verwendet werden:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von und nach Gl. 1
a (A 1fl. [a]; H1-2 [ac])
 
von und nach Gl. 2
c (A 2fl. [c]; H1-2 [ac])
 

Sowohl der Schlüssel a als auch der Schlüssel c (aber nur diese beiden) sperren das Schloss am Signalhebel von H1-2, das also für beide Ausfahrten freigestellt werden kann. Zugleich erkennt man, dass Gegenfahrten nicht mehr gestellt werden können, weil ja nur ein Schlüssel pro Fahrweg vorhanden ist – es wird also erzwungen, dass nur entweder das Einfahrsignal oder das Ausfahrsignal freigestellt werden kann.

Beispiel C. mit Zweirichtungsprojektierung


Auch dieses Beispiel lässt sich mit Zweirichtungsprojektierung projektieren:
  • Jedes der Ausfahrsignale erhält natürlich ein Schloss mit eigener Schlüsselform.
  • Für das zweiflügelige Freistellen des Einfahrsignals in Gleis 1 oder 3 verwenden wir ein Gruppenschloss „ac“, damit die beiden Ausfahrsignale die verschiedenen Schlüssel a und c verwenden können:
FahrwegSig-schl.
W1+
W1–
W2+
W2–
W3+
W3–
W4+
W-schl.
 
p
q
r
s
t
u
v
v.u.n. Gl.1a (A 2fl. [ac], H1 [a])
 
 
 
 
v.u.n. Gl.2b (A 1fl. [b], H2 [b])
 
 
 
 
v.u.n. Gl.3c (A 2fl. [ac], H3 [c])
 
 
 
 

Man sieht, dass dieses Zentralschloss – bei gleicher Sicherheit! – signifikant kleiner als bei Einrichtungsprojektierung wird: Statt 13 Schlössern und 16 Schiebern hat es nur 10 Schlösser und Schieber.

Im Beispiel D. kann die Zweirichtungsprojektierung allerdings ihre Vorteile nicht mehr ausspielen, weil die besonderen Verschlüsse für Fahrten auf verschiedenen Bahnhofsköpfen doch getrennt realisiert werden müssen. Und weil dabei Einfahrt und Ausfahrt für jedes Bahnhofsgleis wegen der Gegeneinfahrten, aber auch wegen der Durchrutschwege praktisch immer verschiedene besondere Verschlüsse benötigen, müssen dafür auch zwei verschiedene Schlüssel verwendet werden. Eine Zweirichtungsprojektierung ist dann praktisch nie mehr möglich.


Damit beende ich nach sechs Postings meinen Versuch, ein „erschwingliches“ Zentralschloss oder Schlüsselwerk für Modellbahnen zu konstruieren. Wenn jemand Lust hat, kann er gerne nach meinen Plänen so etwas bauen – oder auch, weil ihm nun klar geworden ist, dass meine Entscheidungen (für Material, Fertigung, Konzept oder was auch immer) genau „falsch herum“ sind, genau das Gegenteil entwerfen – wie immer das dann aussieht. Mehr, als dass irgendwo irgendwer ein Stückchen mehr versteht, was sich in so einem Stellwerk eigentlich abspielt oder abspielen kann, wollte ich auch hier nicht erreichen.

Montag, 12. August 2013

Ein halbwegs einfaches Zentralschloss für Modellbahnen: Projektierung Teil 1

Nachdem ich im letzten Posting auf den Bau des Zentralschlosses eingegangen bin, widme ich mich hier wieder einem abstrakteren Thema, nämlich der Projektierung eines Zentralschlosses.

Die „Projektierung“ ist der Vorgang, wo aus den Anforderungen – i.w. dem Lageplan eines Bahnhofes – der Bauplan für die Sicherungsanlage entsteht. Praktisch alle Sicherungsanlagen werden nicht von Grund auf neu konstruiert, sondern aus einem „Baukasten“ zusammengesetzt. Dieser „Baukasten“ hat von einer Aufsichtsbehörde eine Typengenehmigung bekommen, die sich auch darauf erstreckt, wie der Zusammenbau erfolgt. Insbesondere dürfen dabei an den „Bausteinen“ i.d.R. keine Änderungen vorgenommen werden, sonst ist die Sicherheit der Anlage (praktisch und rechtlich) dahin. Weil bei der Projektierung also keine Neukonstruktion erfolgt, ist das Ergebnis auch nicht ein klassischer Konstruktionsplan wie im Maschinenbau, sondern ein dem Typ der Anlage entsprechender Bauplan, der sich auf den „Baukasten“ bezieht. Für meinen in vorherigen Postings vorgeschlagenen „Zentralschloss-Baukasten“ muss ich nun auch ein zugehöriges Bauplan-Muster vorlegen, das als Unterlage für Projektierungen dient.

Alles Folgende habe ich frei erfunden – ich habe keine Ahnung, wie bei echten Eisenbahnen mit Zentralschlössern oder Schlüsselwerken die Projektierung stattfindet und welche Regeln und Hilfsmittel dafür existieren. Aber „irgendwie so ähnlich“ muss es bei ÖBB, DB, CD, MAV usw. gemacht werden ...

Die Pläne, die wir für unsere Zentralschloss-Projektierung brauchen, sind
  • als „Input“ ein Gleisplan
  • als „Output“ ein Verschlussplan, der mit einigen Informationen angereichert ist (nämlich den zu verwendenden Schlüsseln).


Gleispläne


Ich spreche im Folgenden nur von Zentralschlössern, die Abhängigkeiten zwischen Weichen und Hauptsignalen für Zugfahrten herstellen sollen. Neben der Freigabe eines Hauptsignals gibt es weitere Gründe für einen Weichenverschluss, z.B. eine Zustimmungsabgabe an ein anderes Stellwerk oder eine Nachtsperre des Bahnhofs. Diese meistens einfacheren Abhängigkeiten wird man leicht projektieren können, wenn man Signalabhängigkeiten projektieren kann.

Als Gleispläne sollen möglichst einfache, also schematische Pläne ausreichen – also keine originalgetreuen Lagepläne. Für Besonderheiten reichen textuelle Anmerkungen im Plan – das können z.B. besondere Durchrutschwege oder extra zu verschließende Weichen wegen anschließender Steilrampen sein oder was auch immer. In den folgenden Beispielen verzichte ich aber auf solche Spezialitäten.

Hier sind vier Gleispläne, die wir im Folgenden für die Projektierungsbeispiele verwenden werden.

A. Der erste Plan ist vermutlich der minimalste Bahnhof überhaupt, den man mit Fahrstraßensicherung versehen kann: Eine Weiche in die zwei Hauptgleise 1 und 2, ein einflügeliges Einfahrsignal, kein Ausfahrsignal.


B. Der zweite Plan zeigt eine Seite eines Bahnhofs mit Gruppenausfahrsignalen, wie das in Österreich auf vielen Nebenstrecken die Regel war (tatsächlich kam es sogar auf Hauptstrecken und bei größeren Bahnhöfen vor: Lienz, immerhin Zugbildebahnhof, war bei sieben Hauptgleisen bis in die 1980er Jahre so ausgerüstet!). Das entsprechende Zentralschloss würde in einem Endstellwerk dieses Bahnhofs aufgestellt sein. Der gegenseitige Ausschluss von feindlichen Fahrten auf den beiden Bahnhofsköpfen (z.B. Gegeneinfahrt auf Gleis 1) muss „irgendwo anders“ realisiert sein, z.B. in einem Befehlswerk in der Fahrdienstleitung.


C. Der dritte Plan zeigt einen voll signalisierten Bahnhofskopf für drei Hauptgleise. Ich habe mir die Freiheit genommen, hier die Gleise und Weichen nicht „österreichisch“, sondern „deutsch“ vom Empfangsgebäude her zu nummerieren – die Eisenbahngesellschaft in diesem Bahnhof „macht das eben so“ ... Als zusätzliche Schwierigkeit liegt hier innerhalb des Gleis 1 die Weiche 4 zu einem Ladegleis. Weil der linke Bahnhofskopf nicht angegeben ist, sind die Ausfahrsignale dort nur skizzenhaft als Einflügler gezeichnet. Auch hier sichert das Zentralschloss nur die Fahrten eines Bahnhofskopfes. Allerdings ist bei einem Bahnhof mit dieser vollständigen Signalisierung die Verwendung eines Zentralschlosses schon ziemlich unwahrscheinlich ... außer vielleicht bei Bauzuständen:


D. Der vierte Plan schließlich erweitert den vorherigen Bahnhof um den linken Bahnhofskopf. Ein entsprechendes Zentralschloss würde – wenn es denn verwendet würde – in der Fahrdienstleitung aufgestellt sein:


Bei allen Gleisplänen soll die Grundstellung oder Pluslage aller Weichen jeweils die Stellung in die Gerade sein.


Verschlussplan


Das Ergebnis einer Projektierung ist ein Verschlussplan, ergänzt um Details zu den Schlössern. Im Laufe der Projektierung entsteht dieser Plan Zug um Zug.

Der Verschlussplan ist eine Tabelle, wo für jede zu sichernde Zugfahrt beschrieben ist, welche Bahnhofselemente wie verschlossen sein müssen. Manche Einträge folgen dabei aus der „Physik“ der Eisenbahn – z.B. kann eine befahrene Weiche nur in einer Stellung verschlossen sein, die zum Zielpunkt der Fahrt führt. Viele Einträge ergeben sich aber „nur“ aus Vorschriften – z.B., welche Flankenschutzeinrichtungen verschlossen sein müssen. Hier gibt es einerseits anerkannte Regeln, andererseits kann von solchen Regeln auch abgewichen werden ... wenn es die jeweilige Aufsichtsbehörde erlaubt; Beispiele dafür sind etwa die Behandlung von Zwieschutzweichen zu verschiedenen Zeiten.

Die zulässige Darstellung von Verschlussplänen (und anderen Projektierungsunterlagen) unterscheidet sich von Eisenbahn zu Eisenbahn, zuständiger Aufsichtsbehörde zu Aufsichtsbehörde usw.usf. Also erfinde ich auch hier etwas, was für „meine Eisenbahn richtig ist“: In jeder Zeile der Tabelle wird eine Fahrtmöglichkeit angeschrieben; und je verschließbarer Stellung der Stellelemente gibt es eine eigene Spalte. An den Kreuzungspunkten von Zeilen und Spalten wird über einen einfachen Punkt markiert, ob die angegebene Stellung für die Fahrtmöglichkeit verschlossen werden muss. Der Sinn dieser Art der Darstellung ist natürlich, dass sie 1:1 in ein Zentralschloss übersetzt werden kann: Jede Zeile entspricht einem Fahrstraßenschieber, jede Spalte einem Weichenschieber, und genau an den markierten Punkten sind die Schrauben einzusetzen, die den gegenseitigen Verschluss bewirken.

Hier ist ein Beispiel eines solchen Verschlussplans – „v.u.n.“ bedeutet „von und nach“, d.h. jeder Fahrstraßenschieber sichert hier sowohl Ein- als auch Ausfahrt für das angegeben Gleis (mehr zu dieser „Zweirichtungsprojektierung“ weiter unten):

Fahrweg
W1+
W1–
W2+
v.u.n. Gl.1
 
v.u.n. Gl.2
 
 

Diese Art von Verschlussplan unterscheidet sich von der häufiger verwendeten Darstellung, wo je Weiche nur eine Spalte vorhanden ist, in die je nach zu verschließender Stellung + oder – einzutragen ist:

Fahrweg
W1
W2
v.u.n. Gl.1
+
v.u.n. Gl.2
+
 

Für die Projektierung eines Zentralschlosses muss der Verschlussplan noch um die konkreten Schlüsselprofile erweitert werden. Das mache ich durch Einziehen einer zusätzlichen Zeile und Spalte. Das Ergebnis sieht dann beispielsweise so aus:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
W2+
Weichenschlüssel
 
p
q
v
v.u.n. Gl.1
a (A 2fl. [a], H1 [a])
 
v.u.n. Gl.2
b (A 1fl. [b], H2 [b])
 
 

Die Bedeutung der zusätzlichen Einträge für Signal- und Weichenschlüssel in diesem Beispiel ist:
  • Die Weiche 1 soll in der Plus-Stellung durch einen Schlüssel mit Profil p versperrt werden, in der Minusstellung durch einen Schlüssel mit Profil q.
  • Die Weiche 4 wird in der Plusstellung durch einen Schlüssel mit Profil v gesperrt (in der Minusstellung kann sie nicht versperrt werden – vielleicht führt sie in ein Ladegleis).
  • Für die Signale werden Schlüssel der Formen a und b verwendet, wobei in Klammern angegeben ist, was welcher Schlüssel am Signalhebelwerk (oder -schalterwerk) freigibt und – in eckigen Klammern – welches Prüfprofil dort im Schloss eingebaut ist.


Ein- und Zweirichtungsprojektierung


Im Großen und Ganzen gibt es zwei Möglichkeiten für die Projektierung eines Zentralschlosses, die ich so bezeichne:
  • „Zweirichtungsprojektierung“
  • „Einrichtungsprojektierung“

Bei der „Zweirichtungsprojektierung“ wird für eine Fahrt von einem Punkt A zu einem Punkt B (z.B. von einem Streckengleis auf ein bestimmtes Bahnhofsgleis) und für die Fahrt der Gegenrichtung (von dem Bahnhofsgleis auf das Streckengleis) derselbe Fahrstraßenschieber verwendet. Bei der „Einrichtungsprojektierung“ gibt es dagegen für die Fahrten A?B und B?A zwei verschiedene Fahrstraßenschieber. Wenn zwischen zwei Punkten nur Zugfahrten in einer Richtung stattfinden können (z.B. bei einer zweigleisigen Strecke mit Richtungsbetrieb), dann ist diese Unterscheidung irrelevant – aber der Löwenanteil der Zentralschlösser wird auf eingleisigen Strecken eingesetzt, wo es i.d.R. beide Fahrmöglichkeiten zwischen zwei Punkten gibt.

Beide Arten der Projektierung haben ihre eigenen Nachteile und „trickreichen Lösungen“, die ich weiter unten beschreibe. Ob eine bestimmte Art der Projektierung jeweils für Ihre (Modell-)Eisenbahn zulässig ist, müssen Sie mit Ihrer lokalen (fiktiven) Landes- oder Bundes- oder anderen Aufsichtsbehörde klären ...

In der Realität habe ich für die Freigabe von Signalschlüsseln nur Zentralschlösser mit Einrichtungsprojektierung gesehen, Zweirichtungsprojektierung dagegen nur für Zustimmungsschlüssel. Prinzipiell können aber in manchen nicht zu komplexen Fällen auch mit Zweirichtungsprojektierung signaltechnisch sichere Hauptsignalabhängigkeiten hergestellt werden.

Ich beginne mit der Einrichtungsprojektierung, weil sie einfacher zu erklären und in der Wirklichkeit vorherrschend ist.


Einrichtungsprojektierung


Beispiel A.


Hier gibt es nur zwei Fahrmöglichkeiten mit Signalverschluss:
  • Vom Signal A in das Gleis 1 – oder korrekter: Bis zum Fahrwegende im Gleis 1.
  • Vom Signal A bis zum Fahrwegende im Gleis 2.
Das einzige stellbare Element ist die Weiche 1, die passend stehen und – weil sie bei Einfahrten spitz befahren wird – auch verschlossen sein muss. Der Verschlussplan sieht in diesem Fall so aus:

Fahrweg
W1+
W1–
von Re in Gl. 1
 
von Re in Gl. 2
 

(Bei den Ausfahrten hängt es für diesen Bahnhof von den jeweiligen Vorschriften ab, wie vorzugehen ist und ob das Zentralschloss überhaupt eine Rolle spielt. In Österreich muss in diesem Fall die Weiche meines Wissens nur richtig gestellt sein und, wenn sie ortsbedient ist und Ortsfremde sie umstellen könnten, darüber hinaus bewacht werden. Ich beschränke mich aber darauf, die Signalabhängigkeiten zu projektieren und lasse die Ausfahrten daher hier ganz weg).
Weil das einflügelige Signal A für beide Fahrten mit dem gleichen Hebel freigestellt wird, sieht man für beide Fahrten denselben Signalschlüssel vor – nehmen wir der Einfachheit halber die Form a. Die Weichenschlüssel müssen sich natürlich unterscheiden, und sie müssen sich auch vom Signalschlüssel unterscheiden, sonst wäre das ganze Zentralschloss witzlos.
Ach ja – eigentlich ist das Zentralschloss hier witzlos: Man könnte einfach zwei gleiche Weichenschlüssel verwenden und damit das Signal direkt aufsperren. Aber diese sonderbare Sonderlösung will ich hier ignorieren – wir wollen schließlich Zentralschlösser projektieren.
Wir wählen für die Weichenschlösser die Formen p und q (wieso nicht?) und erhalten als Projektierungsunterlage:

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von Re in Gl. 1
a (A/1fl. [a])
 
von Re in Gl. 2
a (A/1fl. [a])
 

Das ist genau der Verschlussplan meines Prototyp-Zentralschlosses.

Beispiel B.

Auf zum nächsten Beispiel:


Noch immer nur eine Weiche, aber nun zwei Signale und vier Fahrwege mit der jeweils entsprechenden Weichenstellung:

FahrwegSignalschlüsselW1+W1–
Weichenschlüssel     
von Re in Gl. 1   
von Re in Gl. 2   
aus Gl. 1 nach Re   
aus Gl. 2 nach Re   

Für das Signal A brauchen wir nun zwei Schlüssel – einen für den Hebel, der einflügelig freistellt, den zweiten für zweiflügeliges Freistellen. Für das Gruppenausfahrsignal H1-2 hingegen reicht wieder eine Schlüsselform für beide Fahrwege. An der Weiche setzen wir weiterhin die Schlüssel p und q ein.

Fahrweg
Signalschlüssel
W1+
W1–
Weichenschlüssel
 
p
q
von Re in Gl. 1
a (A/1fl. [a])
 
von Re in Gl. 2
b (A/2fl. [b])
 
aus Gl. 1 nach Re
c (H1-2/1fl. [c])
 
aus Gl. 2 nach Re
c (H1-2/1fl. [c])
 

Fertig? Nein – leider nicht: Denn aus diesem Zentralschloss könnten wir, wenn die Weiche 1 in die Gerade steht, zugleich den a- und den c-Schlüssel entnehmen und damit beide Signale zugleich gegeneinander freistellen! Wenn wir schon Signale samt Sicherungsanlage aufstellen, darf das nicht möglich sein (sagt meine Aufsichtsbehörde – wie alle Behörden in Wirklichkeit das tun). Was können wir tun? Es gibt mehrere Möglichkeiten:
  1. Die Verriegelung der Signale gegeneinander erfolgt erst bei den Signalhebeln: Beide Schlüssel können tatsächlich aus dem Zentralschloss entnommen werden, aber über eine „Signalsperre“ (direkt zwischen den Signalhebeln) oder über sich gegenseitig blockierende Signalschieber im Signalstellwerk wird das gleichzeitige Freistellen verhindert. Diese Lösung wurde in Österreich in vielen Fällen verwendet.
  2. Im Zentralschloss werden Abhängigkeiten zwischen den Fahrstraßenschiebern hergestellt. Dazu müssen einige dieser Schieber ihre Bewegung auf vertikale Schieber übertragen, die dann wie Weichenschieber von anderen Fahrstraßen geprüft werden können. Hier ist ein Vorschlag dafür:

    Fahrweg
    Signalschlüssel
    W1+
    W1–
    v.Re in Gl.1
    v.Re in Gl.2
    Weichenschlüssel
     
    p
    q
     
     
    von Re in Gl. 1
    a (A/1fl. [a])
     
     
    von Re in Gl. 2
    b (A/2fl. [b])
     
     
    aus Gl. 1 nach Re
    c (H1-2/1fl. [c])
     
     
    aus Gl. 2 nach Re
    c (H1-2/1fl. [c])
     
     

    Der Pfeil nach unten ⇓ soll hier bedeuten, dass der waagrechte Fahrstraßenschieber hier einen senkrechten Schieber mitbewegt. Nun kann z.B. der Schieber „aus Gl.1 nach Re“ prüfen, dass der Schieber „v.Re in Gl.1“ in Grundstellung steht (sein Schlüssel eingeschlossen ist). Diese Lösung wird z.B. beim deutschen Einreihenschlüsselwerk verwendet.
  3. Eine Alternative, die die zusätzliche Mechanik von Lösung 2. erspart, ist die Einführung eines zusätzlichen Schlüssels für „Ein- oder Ausfahrt“. Dieser Schlüssel wird entweder in das Schloss für „Einfahrt“ oder jenes für „Ausfahrt“ gesperrt – abhängig davon werden nur die Einfahr- oder nur die Ausfahrschieber freigegeben:

    Fahrweg
    Signalschlüssel
    W1+
    W1–
    Einfahrt
    Ausfahrt
    Weichenschlüssel
     
    p
    q
    r
    r
    von Re in Gl. 1
    a (A/1fl. [a])
     
     
    von Re in Gl. 2
    b (A/2fl. [b])
     
     
    aus Gl. 1 nach Re
    c (H1-2/1fl. [c])
     
     
    aus Gl. 2 nach Re
    c (H1-2/1fl. [c])
     
     

    Solche „Hilfsschlüssel“ gab es tatsächlich in mehreren Stellwerken. Ein umfängliches Beispiel, allerdings mit Trommelschlüsselwerken statt Zentralschlössern, stand lange in Wampersdorf.
Im nächsten (und letzten) Posting setzen wir die Projektierung mit den Beispielen C. und D. fort und widmen uns zuletzt der „Zweirichtungsprojektierung“.

Sonntag, 11. August 2013

Ein halbwegs einfaches Zentralschloss für Modellbahnen: Konstruktionselemente, Prototyp

English version

Im letzten Posting habe ich erklärt, wie die Zwangsführung des Schiebers durch den Schlüssel funktioniert; und bin kurz auf die Kröpfung der Schieber und die Umlenkung für ein Einreiehnschlüsselwerk oder besondere Fahrtausschlüsse eingegangen.

Dieses Posting hier erklärt eine mögliche Anbindung des Zentralschlosses an eine Modellbahn, das allgemeine Baukonzept und zeigt einen minimalen Prototyp, den ich gebaut habe.


Das Weichenschloss


Wie weiter oben schon erklärt, befindet sich etwa die Hälfte der Schlösser gar nicht am Zentralschloss, sondern an der Außenanlage und am Signalwerk, wo sie mit anderen Teilen der Modellbahn verbunden werden müssen. Ich beschreibe hier meine Überlegungen zu Weichenschlössern – Signalschlösser sind dann nur mehr „halbe Weichenschlösser“.

Zur Weichensteuerung gibt es bei einer Modellbahn zumindest die folgenden Möglichkeiten:
  1. Die Weichen haben elektrische Antriebe und sollen möglichst einfach gestellt werden.
  2. Die Weichen haben elektrische Antriebe und sollen mit einem eigenen Hebel – z.B. einem dem Vorbild nachempfundenen Stellgewicht – gestellt werden.
  3. Die Weichen werden mechanisch – etwa über Bowdenzüge – von einem eigenen Hebel gestellt.
Ich gehe hier einmal nur auf den ersten Fall ein, für die anderen muss man sich wegen der vorhandenen mechanischen Teile eigene Konstruktionsergänzungen überlegen.

Bei einer Weiche mit zwei Schlössern – die also in beiden Lagen verschlossen werden kann – ist das Problem, dass wir im Gegensatz zur Realität die zwei Weichenschlösser nicht (auf einfache Art) mechanisch mit der Modellbahnweiche verbinden können. Damit kann auch nicht die Weiche selbst durch ihre Lage sicherstellen, dass aus höchstens einem der beiden Schlösser ein Schlüssel entnommen wird. Wir müssen also hier eine indirekte Verbindung herstellen.

Die hier beschriebene Lösung ist i.w. jene, die bei der Schulungsanlage der ÖBB in Wien Süd – immerhin einer Ausbildungsanlage für richtige Fahrdienstleiter – realisiert war:
  • In der Nähe der Weiche sind mitten in der Landschaft (so war es in Wien Süd!) oder am Anlagenrand je Weiche zwei Weichenschlösser vorhanden, die beim Umsperren auch die Weiche umstellen.
  • Die zwei Weichenschlösser sind so gegeneinander verriegelt, dass höchstens einer der beiden Schlüssel entnommen werden kann, und dass die Stellung der Weiche dann passend ist.

Hier ist eine Prinzipdarstellung dieser Konstruktion für eine Weiche W1, die Erklärung folgt gleich danach:


Oben sehen wir den Doppelspulenantrieb der Weiche, von dem wir annehmen, dass er endabgeschaltet ist (ein Motorantrieb ist natürlich genauso möglich). Unten sind zwei von den Weichenschlüsseln bewegte kleine Schieber (blau und orange) dargestellt; darunter ist ein dreieckiges Plättchen (grün), das sich um die dargestellte kreisförmige Achse drehen kann und das zugleich den Schalter bedient.
  1. In der links gezeigten Stellung ist der linke Schlüssel (W1+) entnommen, daher ist der blaue Schieber nach unten verschoben. Das grüne Plättchen wird von ihm nach rechts gedrängt und schaltet daher die Weichenantriebsspule für W1+ ein, sodass die Weiche in dieser Stellung steht. Zugleich verhindert das Plättchen auch, dass sich der orange Schieber nach unten bewegen kann (er müsste dann das grüne Plättchen in den blauen Schieber hineindrücken!), und daher ist der Schlüssel W1– (durch die graue Markierung angedeutet) im Schloss eingesperrt.
  2. Wenn der W1+-Schlüssel aus dem Zentralschloss genommen und im linken Weichenschloss umgesperrt wird (mittleres Diagramm), dann geht zwar der blaue Schieber nach oben, aber sonst passiert nichts – ich nehme hier an, dass der vom Plättchen bewegte Schalter eine Raststellung hat und daher nicht einfach „von selbst“ die Stellung wechselt.
  3. Wenn nun aber der W1–-Schlüssel umgesperrt wird, um ihn zu entnehmen (rechtes Diagramm), dann wird das Plättchen nach links gekippt und schaltet damit einerseits die Spule für W1– ein, andererseits wird nun der blaue Schieber an der Bewegung nach unten gehindert, sodass der W1+-Schlüssel eingeschlossen ist.
  4. Wenn der W1–-Schlüssel wieder eingesperrt wird, erreichen wir wieder die mittlere Stellung, allerdings werden Plättchen und Schalter in der unten gezeigten Position verbleiben, sodass die Weiche noch in der Minusstellung verbleibt, bis jemand den W1+-Schlüssel umsperrt, was uns wieder zu Punkt 1. führt.
Aus Sicht des Zentralschlosses ist die ganze grau umrahmte Einheit – also Weiche mit Antrieb und gegeneinander verriegelten Schlössern – „die Weiche“; dass ihre Teile auf der Anlage vielleicht einige Meter auseinander liegen, „weiß“ das Zentralschloss nicht: Es „nimmt an“, dass die verfügbaren Schlüssel immer mit der Stellung der Weiche korrespondieren. Und die angegebene Mechanik stellt dabei sicher, dass nicht beide Schlüssel zugleich im Zentralschloss stecken können.

Allerdings ist (hoffentlich) klar, dass diese Konstruktion – im Gegensatz zu allen anderen Konstruktionen, die ich hier vorstelle – nicht sicherungstechnisch sicher ist! Sie ist eben die „Schnittstelle“ zwischen der Sicherheitswelt und der „hoffentlich funktionierenden“ Modellbahntechnik. Vermutlich ist es möglich, mit größerem mechanischen oder elektrischen Aufwand auch eine sichere Verbindung zwischen den Zungen einer Modellbahnweiche und Weichenschlössern herzustellen – aber das ist ein ganz anderes Thema und geht weit über das hinaus, was ich hier vorstellen will.

Wenn eine Weiche nur in einer Stellung verschlossen werden soll, dann reicht ein Schloss, dessen Schieber direkt den Weichenschalter betätigt:


Im Detail sind die Weichenschlösser etwas anders konstruiert, aber das dient nur der einfacheren Herstellung. Hier ist ein Verweis auf meine aktuelle Konstruktionszeichnung:


Signalschlösser


Mit dem entnommenen Fahrstraßenschlüssel soll schlussendlich ein Signal gestellt werden – dafür brauchen wir ein weiteres Schloss mit Schalter. Es kann aber so wie ein einfaches Weichenschloss aufgebaut sein – siehe das Beispiel oben.


Zuhaltung


Wie weiter oben erklärt, haben die Schlösser keine Zuhaltung. In der unteren Stellung werden sie daher nur durch die Feder festgehalten. Allerdings könnte man eine Zuhaltung ergänzen. Zuerst habe ich es auf der üblichen Seite versucht (d.h. so, dass der Bart die Zuhaltung anhebt) – da verheddert man sich aber sehr mit anderen Teilen der Konstruktion. Dann ist mir eingefallen, dass man die Zuhaltung von der Rückseite des Schlüssels bedienen lassen könnte. Der folgende Link verweist auf eine Skizze einer Konstruktion aus einem Stück Federdraht, das in den Abstandshaltern befestigt wird. Ich habe dieses Patent aber nicht ausprobiert und vermute, dass man es in einigen Details verbessern müsste, damit es praktisch funktioniert.


Baukonzept


Die ganze Konstruktion ist darauf ausgelegt, dass man sie mit etwa 1mm Genauigkeit herstellt. Für eine Feinmechanik ist das ziemlich (eigentlich sogar sehr) ungenau, aber die Konstruktion soll ja „hobby-tauglich“ sein.

Für die Herstellung der Bauteile (Schieber, Schlüssel, Prüfprofile, Grundplatte sowie Deckplatte mit Schlüssellöchern) gibt es zumindest die drei folgenden Verfahren, die man auch mischen kann:
  1. Die Bohr- und Sägestellen der Einzelteile werden einzeln direkt auf dem Rohmaterial angezeichnet, danach werden die Teile einzeln gesägt und gebohrt.
  2. Man baut sich Bohr- und Sägelehren, durch die man ohne Anzeichnen direkt die Bohrungen und Sägeschnitte vornehmen kann.
  3. Man druckt Maßzeichnungen auf Klebefolie, die man auf dem Rohmaterial anbringt. Direkt durch die aufgeklebten Folien kann man nun die Bohrungen und Schnitte vornehmen.

Die drei Verfahren haben verschiedene Vor- und Nachteile:
  • Die Verwendung von Lehren ergibt im Durchschnitt ungenauere Einzelteile als die direkte Herstellung: Denn es addieren sich die Fehler von der Lehrenherstellung mit jenen bei der Verwendung der Lehren (wenn die Lehrenherstellung mit derselben Genauigkeit wie die direkte Herstellung erfolgt). Andererseits ist man mit passend gefertigten Lehren viel schneller, und die Maximalfehler werden begrenzt. Es kann also durchaus sinnvoll sein, Lehren zu bauen, damit man schnell ein Teil noch einmal fertigen kann, das zu ungenau geworden ist.
  • Das Klebeverfahren kann man als Lehrenverwendung von „Wegwerflehren“ betrachten. Weil Drucker heutzutage auf mindestens 0,1mm genau und genau 1:1 ausdrucken können, ist es vermutlich das einfachste Verfahren, wenn man ein kleineres Zentralschloss herstellen will – man erspart sich den Zeitaufwand (und die Frustrationen) der Lehrenherstellung, vermeidet aber auch Fehler und Zeitaufwand des Einzelanzeichens.
  • Das Einzelanzeichnen ist, entsprechende Sorgfalt vorausgesetzt, das genaueste Verfahren, aber braucht eben bei jedem Einzelteil seine Zeit.
Ziemlich sicher ist eine passende Mischung das Richtige: Ich könnte mir vorstellen, dass man größere Teile (Grund- und Deckplatte) einzeln anzeichnet, während man mehrfach herzustellende Teile (Schieber, Schlüssel, Schlösser) mit dem Klebeverfahren herstellt. Immer dann, wenn einem eine genaue Einzelarbeit zu aufwendig wird (insbesondere Sägearbeiten mit dem Umstellen eines Anschlages), fertigt man eine Lehre für diesen Schritt an.

Noch ein paar allgemeine Punkte zur Herstellung – Leute mit Werkstatterfahrung wissen das alles und noch viel mehr, aber vielleicht hilft’s dem einen oder anderen:
  • Genaues Anzeichnen ist enorm wichtig. Ich kann das nur mit einem Geo-Dreieck – damit schaffe ich ca. 0,3mm Genauigkeit. Als Zeichengeräte verwende ich
    • auf Holz einen ordentlich gespitzten – und immer wieder nachgespitzten – Bleistift (oder einen Druckbleistift mit 0,5mm-Mine)
    • auf Blech und Acrylglas eine Reißnadel.
    Mit beiden Geräten muss man das genaue Anlegen an Markierungen üben: Durch die Minenstärke und eventuell die schräge Position des Zeichengeräts verläuft die gezeichnete Linie ein wenig neben der Kante des Dreiecks. Diese Distanz muss man durch Übung abschätzen lernen. Darüber hinaus muss man lernen, wie man genaue Markierungen anbringt (so kurz wie möglich – lieber dann mit Bleistift einkreisen) und wie man lange Linien zieht (Dreieck oder Lineal sofort so festhalten, dass man nicht umgreifen muss). Zeichnen im Schattenwurf des Dreiecks oder Lineals ist ganz schlecht – dann das Werkstück umdrehen.
  • Auch seine Werkzeuge und Maschinen muss man kennen. Durchschnittliche Tischbohrmaschinen haben etwas vertikales Spiel im Lager, sodass die Anzeige auf dem Tiefenanschlag nur sehr ungefähr stimmt. Bohrer verkanten sich beim Austritt an der Werkstückunterseite und können dieses nach oben reißen oder kreiseln lassen. Stichsägen und Bandsägen erzeugen bei der ersten Berührung durch das Werkstück einen Ruck, der das präzise angelegte Stück „aus der Bahn wirft“. Anschläge sind nicht exakt im rechten Winkel oder haben etwas Spiel. Alles das kann man durch Wissen und rechtzeitiges kräftiges Festhalten in den Griff bekommen oder besser durch Einspannen – möglichst in einem schweren Maschinenschraubstock, nicht in den leichten Dingern, die man im Baumarkt kriegt und die nur außen so ähnlich aussehen –, bevor man sich um Tausende Euros mit neuen Maschinen eindeckt und dann feststellt, dass man auch diese bedienen lernen muss ...


Ein Prototyp


Hier sieht man einige Aufnahmen des Prototyps, den ich nach meinen Ideen oben einmal zusammengeschneidert habe. Die Genauigkeit ist so mäßig wie angekündigt (ca. ein Millimeter), aber die Schlösser tun – mit Ausnahme eines Konstruktionsproblem, das ich noch lösen müsste – ihren Dienst.

Das erste Bild zeigt links ein Zentralschloss mit Schlössern für eine Weiche sowie zwei Fahrstraßen, rechts das zugehörige doppelte Weichenschloss. Ein paar Anmerkungen, bevor mich jemand überfällt:
  • An diversen Dübeln und Schraubenlöchern sieht man, dass ich schon etwas herumexperimentiert habe ... eigentlich müsste man die Dinger von Grund auf neu bauen.
  • Sicherungstechnisch natürlich vollkommen unakzeptabel ist, dass beide Schlösser unter der Frontplatte offen sind!
  • Das Zentralschloss hat außerdem eine zu kleine Grundplatte (die Fahrstraßenschieber schauen links hinaus). Da habe ich mich leider verrechnet.
  • Das Zentralschloss ist für mehr Schieber vorgesehen – wenn ich irgendwann Lust habe, baue ich noch eine Umlenkung drauf und vielleicht noch einen Fahrstraßenschieber.
  • Die „Minusschlüssel“ habe ich nicht, wie in Österreich üblich, mit dreieckigem Griff versehen, sondern viereckig gelassen. Zwei Sägeschnitte je Schlüssel würden reichen, um das zu korrigieren ...



Die folgenden zwei Bilder zeigen das Zentralschloss allein und ein Detail davon:



Hier noch ein paar Bilder des Weichenschlosses:




Und zum Schluss hier ein paar Bilder der Lehren, die ich mir gebaut habe. Das erste Bild zeigt vorne die Bohrlehren, die „überlebt“ haben. Hinten, auf dem „Blechhaufen“ und daneben und dahinter, liegt eine ganze Reihe Lehren, die ich verwerfen musste, weil sie viel zu ungenau waren:


Hier sieht man etwas genauer die Bohrlehre für Schlüssel und Prüfprofile ...


... und jene für Schieber:


Zuletzt sind hier noch die Sägelehren, mit denen man Schlüssel und Prüfprofile halbwegs schnell mit der Bandsäge (oder einer eingespannten Stichsäge) schlitzen kann:



Beim Herumbauen habe ich einige Erkenntnisse über die Verarbeitung von Acrylglas gewonnen – unter anderem, dass es ziemlich splittern kann und deshalb eine Schutzbrille beim Sägen unbedingt nötig ist! Viele weitere Punkte schreibe ich nicht auf, weil das hier kein Handwerksforum werden soll. Wenn jemand interessiert ist, so etwas oder etwas ähnliches zu bauen, freue ich mich über EMails oder auch Austausch im Modellbahn-Anlagen-Design-Forum (oder sonstwo).

Als Abschluss meiner praktischen Arbeiten kommt hier ein Video, das den ganzen Vorgang vom Sperren der Weiche bis zur Freigabe des Signalschlüssels und zurück zeigt (ein Signalschloss habe ich nicht konstruiert, daher „verschwindet“ der Signalschlüssel „irgendwohin“, um das Signal freizustellen):



Im nächsten und übernächsten Posting werde ich mich wieder vom konkreten Bau zurückziehen und mich der Projektierung von Zentralschlössern widmen, also der Frage „Wie komme ich vom Gleisplan zum passenden Zentralschloss?“.