Samstag, 24. November 2012

Erklärung von Sicherungsanlagen - Anlagenzustände und Komponentenzustände

Bevor ich die nächsten Stellwerksanlagen beschreibe, schiebe ich noch ein Posting ein, in dem ich versuche, eine verständliche Darstellung für Folgeabhängigkeiten in Stellwerken zu geben. Ich brauche eine solche Darstellung für die Beschreibung der Abhängigkeiten bei der Anschlussbahn Hamburger in Pitten – aber vorher will ich sie an einem einfacheren Beispiel demonstrieren und ausprobieren.

Beschreibungen von Abläufen in Sicherungsanlagen sind notorisch schwierig. Vielleicht schreibe ich irgendwann eine Übersicht über Beschreibungen, die ich in Büchern angetroffen habe – leicht verständlich ist keine davon. Ich werde da auch nichts großartig Neues erfinden, aber vielleicht hilft meine tabellarische Notation dem einen oder anderen, manche solchen Abläufe zu verstehen.

Prinzipiell lassen sich die Vorgänge in einer Sicherungsanlage oder eines Ausschnitts davon durch übliche Zustandsdiagramme ("state diagrams") beschreiben (wer sich im Detail für die Grundlagen interessiert, kann das Internet nach "Harel state charts" oder auch "UML state diagrams" durchforsten). Die große Kunst bei der Konstruktion von verständlichen Zustandsdiagrammen ist, die richtigen Einheiten zu finden, deren Zustände man darstellt. Und hier gibt es bei Sicherungsanlagen einen Zielkonflikt:
  • Einerseits möchte man aus Verständlichkeitsgründen die einfachen Zustände der Anlagenteile darstellen (Komponentenzustände) – also zum Beispiel die Zustände "frei" und "halt" für ein Signal, "links" und "rechts", aber auch "verschlossen" und "nicht verschlossen" für eine Weiche usw.
  • Andererseits sind die Teile einer Sicherungsanlage in der Regel so stark gegeneinander verriegelt, dass nur ganz wenige Anlagenzustände vorkommen können – sodass für die korrekte Beschreibung und auch das Gesamtverständnis eigentliche diese Zustände gewählt werden sollten.
Bei einer Folgeabhängigkeit ist dieser Unterschied ziemlich drastisch sichtbar: Wenn N Komponenten mit je zwei Zuständen in Folgeabhängigkeit stehen, dann gibt es nur N+1 mögliche Anlagenzustände. Unabhängig gezählt, gäbe es aber 2N verschiedene Kombinationen der Komponentenzustände. Ich zeige weiter unten ein Beispiel einer Folgeabhängigkeit von einer Knagge am Schieberkasten über einen Gleissperrschuh zu einer Weiche. In diesem Fall sind sieben Komponenten beteiligt, was 27 = 128 Kombinationen für die Komponentenzustände ergibt, aber nur 7+1 = 8 mögliche Anlagenzustände!

Folgeabhängigkeit für ein Hauptsignal mit Vorsignal


Am vermutlich einfachsten Beispiel überhaupt, nämlich einem mechanischen Blocksignal mit seinem Vorsignal, zeige ich zuerst die Darstellung der Zustände als klassisches Zustandsdiagramm. Prinzipiell kann das Hauptsignal "Frei" und "Halt" zeigen, das Vorsignal "Hauptsignal frei" und "Vorsicht". In Kombination ergeben sich 2 · 2 = 4 Zustände. Tatsächlich muss aber der Zustand, dass das Hauptsignal "Halt" zeigt, das Vorsignal aber "Hauptsignal frei", verhindert werden (über was für eine Mechanik auch immer). Das Gesamtsystem hat also drei mögliche Zustände (Anlagenzustände):


Die möglichen Übergänge zwischen den Zuständen werden natürlich durch das Stellen der jeweiligen Hebel bewirkt:


Diese Darstellung ist zwar standardisiert (u.a. durch die "Object Management Group"), allerdings ist sie ziemlich unhandlich: In jedem Anlagenzustand müssen alle Komponentenzustände beschrieben werden. Da ein Übergang zwischen Anlagenzuständen aber nur wenige Komponentenzustände ändert, entsteht eine Darstellung, die die wichtige Information durch viele Selbstverständlichkeiten zudeckt.

Hier ist eine tabellarische Beschreibung desselben Systems:


Die tabellarische Beschreibung der Zustände spart gegenüber dem Zustandsdiagramm einige Elemente ein, um die Übersicht zu fördern:
  • Die Übergänge werden nicht explizit über Pfeile dargestellt. Stattdessen gilt, dass jede Zeile (Anlagenzustand) in den Zustand der vorherigen oder nachfolgenden übergehen kann.
  • Die Komponentenzustände, die sich bei einem Übergang ändern, werden durch eine strichlierte Linie hervorgehoben.
  • Wenn sich zwischen zwei Anlagenzuständen ein Komponentenzustand nicht ändert, wird er nicht nocheinmal notiert. Insbesondere diese Konvention ergibt bei größeren Tabellen viele leere Zellen und damit eine verbesserte Übersicht.
  • Die lineare Darstellung ermöglicht die Ergänzung von durchlaufenden Ablaufbeschreibungen neben den Zuständen.
Natürlich versagt diese Art der Beschreibung schnell, wenn die Übergänge nicht einem simplen linearen Muster folgen.
Darüberhinaus enthalten Zustandsdiagramme auch keine "Wirkzusammenhänge", also Aussagen darüber, welche Komponenten welche anderen Komponenten "mitumschalten". Vielleicht finde ich einmal Zeit, die Notationen für solche komplexeren Erklärungen aus diverser Stellwerksliteratur zusammenzustellen ...

Folgeabhängigkeit für einen Sperrschuh samt Anschlussweiche


Wie versprochen, folgt hier ein komplizierteres Beispiel einer Folgeabhängigkeit, nämlich zwischen
  • einer Knagge an einem Befehlswerk,
  • einem Gleissperrschuh an einem Anschluss- oder Ladegleis
  • und der Weiche, die in das Anschlussgleis führt.
Die Abhängigkeit zwischen Sperrschuh und Weiche ist auch als A/C-Abhängigkeit bekannt.

Hier sieht man eine solche Situation (allerdings ist der Sperrschuh hier nicht schlüsselgesperrt, sondern mit einem Riegel verschlossen). Der Sperrschuh rechts ist abgelegt (oder "offen"), im Hintergrund kommt der Verschieber gerade von der Weiche zurück, die er ins Anschlussgleis gestellt hat:

Anschlussbahn, Neudörfl, 4.10.1986

Prinzipiell müssen in dieser Anlage folgende Zustände verhindert werden:
  • Die Knagge (oder eine entsprechende andere Freigabe) erlaubt die Einstellung von Zugfahrten, trotzdem ist der Sperrschuh in abliegender Stellung: Dann erfüllt der Sperrschuh nämlich nicht seine Flankenschutzaufgabe!
  • Der Sperrschuh ist in aufliegender Stellung, trotzdem steht die Weiche in das Ladegleis: Dann kann nämlich eine Verschubfahrt oder sogar Zugfahrt auf den Sperrschuh auffahren.
Den ersten Punkt garantieren alle Sicherungsanlagen, die Entgleisungseinrichtungen (wie z.B. Sperrschuhe) mit Zugfahrten in Abhängigkeit bringen.
Beim zweiten Punkt sind manche Bahnen anderer Meinung: Wenn eine Entgleisungseinrichtung in Zugfahrstraßen liegt (was z.B. in Neuseeland und England, aber auch in der Schweiz zulässig und teilweise sogar gefordert ist), dann soll der Zustand verhindert werden, wo die Entgleisungseinrichtung zur abweisenden Weiche führt – dadurch soll das Auffahren der Weiche ausgeschlossen sein. Bleiben wir aber bei österreichischen Bedingungen!
Wenn sowohl Sperrschuh als auch Weiche ortsbedient sind, dann werden beide häufig durch Schlösser gesichert (seltener werden auch wie im Bild oben geriegelte Sperrschuhe verwendet).

Ein Schloss mit Schlüssel hat in der Sicherungstechnik einen anderen Zweck hat als ein Türschloss: Es soll nicht nur eine Komponente festlegen (wie das gesperrte Schloss die Tür), sondern auch den Schlüssel nur in einem der Komponentenzustände freigeben. Beim Türschloss ist das nicht so: Den Schlüssel kann man sowohl bei offener Tür wie auch bei versperrter Tür abziehen. Anders funktioniert das aber z.B. bei Schlössern von Schließfächern: Dort kann man den Schlüssel nur abziehen, wenn das Fach versperrt ist. Insofern ist der Besitz des Schlüssels ein Beweis dafür, dass das Fach im Zustand "versperrt" ist. Solche "Zustandsbeweise" sind offensichtlich in Sicherungsanlagen ganz wichtig, weil man dadurch eben Folgeabhängigkeiten erreichen kann, wie wir gleich sehen werden.

In einer üblichen Folgeabhängigkeit von Gleissperrschuh und Anschlussweiche sind folgende Einrichtungen vorhanden:
  • Am Stellwerk:
    1. Eine Knagge an einem Befehlswerk oder Stellwerk, die die Abhängigkeit zu anderen Funktionen herstellt – z.B. der Einstellung von Zugfahrstraßen.
    2. Ein Schloss am Schieberkasten, das bei aufrechter Knagge einen Schlüssel freigibt.
  • Am Sperrschuh:
    1. Ein Schloss, das den Sperrschuh freigibt.
    2. Der Sperrschuh, der von einem Hebel ("Fühlhebel") umgestellt wird.
    3. Ein weiteres Schloss, das den Schlüssel für die Weiche enthält.
  • An der Weiche:
    1. Ein Schloss, das die Weiche freigibt.
    2. Der Weichenantrieb.
Die Abhängigkeit dieser sieben Elemente zeigt die folgende Tabelle. Das ganze System hat acht mögliche Anlagenzustände, die hier von 1 (Grundstellung) bis 8 (Fahrt ins Anschlussgleis möglich) nummeriert sind. Jedes einzelne Element hat zwei Zustände, die jeweils an der strichlierten Linie erkennbar sind. Auf der linken Seite ist der Ablauf zur Umstellung von Sperrschuh und Weiche beschrieben; auf der rechten Seite stehen die Vorgänge bei der Rückstellung.
Für Perfektionisten: Ich habe das Bild des Sperrschuhs gespiegelt – eigentlich wird zuerst das rechte Schloss entsperrt, dann der Sperrschuh abgelegt und schließlich der Weichenschlüssel aus dem linken Schloss entnommen. Dann wäre aber der schöne "diagonale" Ablauf durcheinander gekommen ...
Klick auf das Diagramm öffnet es als größeres PDF.

Sonntag, 18. November 2012

Die Schwarz-Weiß-Trennlinie auf Stellgewichten österreichischer Weichen, letzter Teil

Nach zwei Postings über die Schwarz-Weiß-Trennlinien auf Stellgewichten ortsbedienter Weichen will ich noch einige Bilder über fernbediente Weichen anhängen.

Zuerst einmal muss man wissen, dass in Österreich auch fernbediente Weichen üblicherweise mit Stellgewichten ausgestattet waren (natürlich nur, wenn sie über mechanische Antriebe verfügten). Bei der Einführung von Weichen mit federnden Zungen (statt Gelenkzungen) sollte das Gewicht helfen, die Zungen und den Spitzenverschluss sicher in der Endstellung zu halten.

Spätere Antriebe etwa der Südbahnwerke, die dann fast ausnahmlos verwendet wurden, hatten diese zusätzliche Sicherung in der Regel nicht mehr nötig, weil sie durch Druckfedern und Leerlaufwege im Antrieb sicherstellten, dass dieser die Endlage nicht verließ. Allerdings wurden in Österreich keine Spannwerke in Drahtzugleitungen verwendet, sodass die Leitungen weit entfernter Weichen im Sommer doch relativ locker werden konnten. Das Gewicht bewegt und hält den Spitzenverschluss auch bei extremeren Ausdehnungen sicher in der eingeklinkten Lage.

Zuletzt hilft das Gewicht beim Umstellen der Weiche, wenn man ihm mit der Anfangsbewegung des Weichenhebels im Stellwerk einen gewissen Schwung verleiht.
In Salzburg hat mir vor langen Jahren ein Fahrdienstleiter am Stellwerk 2 gezeigt, wie man eine weit entfernte Weiche "sich fast von selbst umstellen lässt": Man gibt dem Gewicht mit dem Weichenhebel einen ziemlichen Anfangsschwung, lässt über die Drahtzugleitung eine Schwingung hin- und zurücklaufen und kann dann "fast mit dem kleinen Finger" den Weichenhebel in die Endlage stellen. Er hat's mich ausprobieren lassen, aber ich hatte kein "Gefühl für diese Schwingungen" und blieb mit dem Hebel in der Mitte hängen ...
Aus all den genannten Gründen hatten praktisch alle mechanischen Weichenantriebe in Österreich weiterhin gewichtsbeschwerte Stellhebel (eigentlich nun Gewichtshebel – ich bleibe aber bei der Bezeichnung aus den vorherigen Postings). Allerdings sollte das Gewicht nun nicht mehr, wie bei einer ortsbedienten Weiche, einen Teil des Weges "frei" zurücklegen, sonst würde es unkontrolliert nach unten fallen. Deshalb wurde auf den Stellhebel eine Stützgabel geschraubt, die sich mit ihren beiden Schenkeln (oder "Zinken") auf die Stellgabel stützte. Praktisch war das Stellgewicht dadurch mehr oder weniger fest mit der Stellstange zur Weiche verbunden.

Hier ist ein Beispiel, wo man diese Konstruktion halbwegs erkennen kann: Am Fuß des Stellhebels sieht man links und rechts die zwei Schenkel der Stützgabel. Weil die Weiche nicht ortsbedient ist, ist das Gewicht einheitlich dunkelgrau gestrichen:

Weiche 12, Ebenfurth, 26.7.1986

Allerdings ist die Sache nicht so einfach, dass Weichen entweder ortsbedient oder fernbedient sind: In der Zwischenkriegszeit haben die Südbahnwerke den "Weichenhebel 3549" – allgemein bekannt als "Madnerhebel" – konstruiert. Mit diesem Weichenhebel und dem dazugehörigen Antrieb "695a" kann eine ferngestellte Weiche zur Ortsbedienung freigegeben werden. Dafür wurden die Gewichte solcher Weichen wie jene nur ortsbedienter Weichen mit einem Griff versehen. Und außerdem erhielten sie nun wieder einen schwarz-weißen Anstrich, um die Grundstellung zu kennzeichnen!

Im folgenden Bild sieht man die Weiche 1 in Aspang, die mit einem solchen Antrieb ausgestattet ist. Man erkennt auch den (nach links stehenden) Griff am Stellgewicht für die Ortsbedienung. An der rechten vorderen Ecke des Antriebs im Vordergrund sieht man eine ausgeklappte rote Segmentblende, die anzeigt, dass der Antrieb gerade für die Ortsbedienung freigegeben ist. Die Weiche steht hier in der Minusstellung, man könnte sie aber mit dem Gewicht direkt hier umstellen. Die Trennlinie an dem Gewicht liegt in der Verlängerung des Stellhebels:

Weiche 1, Aspang, 25.9.1986

Auch die darauf folgende Weiche 2 war mit einem solchen Antrieb und daher einem schwarz-weißen Stellgewicht versehen. Sie steht hier in der Grundstellung und ist nicht für die Ortsbedienung freigegeben, daher ist die rote Blende eingezogen (ganz wenig sieht man sie hervorstehen):

Weiche 2 und Ausfahrsignal H2-5, Aspang, 25.9.1986

Was allerdings ist von der folgenden Situation zu halten? Diese Weiche hat ein grau gestrichenes Gewicht, ist also wohl nicht ortsbedient. Allerdings ist an dem Gewicht ein Umstellgriff angebracht! Soviel ich aus Stellwerksfotos eruieren kann, wurde sie aber nicht mit einem Madnerhebel gestellt. Der Griff war wohl irgendwie "übriggeblieben" – vielleicht von einem Umbau, bei dem die Weiche zeitweise ausgebunden war und vor Ort gestellt werden musste:

Weiche 1, Brunn-Ma.Enzersdorf, 1.5.1981

Auch die folgende Weiche im selben Bahnhof ist unpassend ausgerüstet: Das schwarz-weiße Gewicht ließe vermuten, dass wir hier eine Weiche mit Ortsbedienungs-Freigabe vor uns haben:

Weiche 56, Brunn-Ma.Enzersdorf, 1987

Auf der folgenden Hebelbank des zugehörigen Stellwerks sieht man aber, dass das nicht der Fall ist: Ja, hier gibt es einen dreistelligen großen Madnerhebel, aber er stellt die Weiche 53 um. Die Weiche 56 wird von dem zweistelligen Hebel fast rechts außen mit dem blanken Griff gestellt:

Hebelbank, Stellwerk 2, Brunn-Ma.Enzersdorf, 1987

Auf dieser Hebelbank erkennt man übrigens auch einen Hebel, der mit "2S" gekennzeichnet ist – das war die erstaunliche "gefesselte" Weiche aus dem vorherigen Posting. Gleich daneben sind noch zwei Hebel "1S" und "R 1S" – also Riegel für 1S – vorhanden. Ist also der "2S"-Hebel kein Riegelhebel? – das kann ja wohl nicht sein! Ungelöste Rätsel leben länger ...
Eine weitere interessante Situation, nämlich österreichische Weichenantriebe ohne Gewichte sieht man hier in Stainach-Irdning. Der Grund dafür war wohl, dass diese Weichen so knapp vor dem Stellwerk lagen, dass eine Sicherung gegen lockere Drahtzüge aufgrund der Wärmeausdehnung nicht nötig war. Die frei stehenden leeren Stellhebel waren mit ein wenig gelber Farbe als Warnanstrich markiert:

Weichen 55 und 56, Stainach-Irdning, 30.8.1986

Viel unerwarteter, insbesondere für unsere Freunde in Deutschland, ist aber sicher die folgende Situation: Ein Einheitsantrieb mit zusätzlichem Gewicht! Das Gewicht ist ordnungsgemäß mit einer Stützgabel versehen, um seine Bewegung zu begrenzen – man sieht sie hier besonders schön. Allerdings hat das Gewicht einen schwarz-weißen Anstrich, der die Grundstellung kennzeichnet. Trotzdem ist die Weiche natürlich nicht für Ortsbedienung freigebbar – dazu war ein Einheitsantrieb nicht in der Lage. Und das Gewicht hatte daher auch keinen Stellgriff. Warum dann ein schwarz-weißes Gewicht? Entweder war gerade nur ein solches Gewicht zur Hand, als dieser Antrieb zusammengebaut wurde; oder man hielt es hier im Heizhausbereich für sinnvoll, die Grundstellung auch außen kenntlich zu machen – insbesondere, weil die Grundstellung der Weiche die ablenkende Stellung ist:

Weiche 806, Attnang-Puchheim, Februar 1987

Was ist aber der Grund für dieses Stellgewicht an einem Einheitsantrieb? Man sieht ihn hier, im unteren Stockwerk des zugehörigen Stellwerks: Hier fehlen Spanngewichte für die Weichen – die Drahtseile werden über einfache Umlenkrollen zur Außenanlage geführt! Damit konnte natürlich wieder das Problem auftreten, dass bei einer sich aufgrund der Temperatur ausdehnenden Drahtzugleitung die Endlage nicht sicher erreicht wurde. Durch das Gewicht wird diesem Übelstand abgeholfen:

Untergeschoß mit Umlenkrollen, Stw.3, Attnang-Puchheim, Februar 1987

Für Interessierte hier zum Vergleich noch das Untergeschoß eines regelgerecht ausgestatteten Einheitsstellwerks mit Innenspannwerken:

Innenspannwerke, Stw.6, Wels Vbf, Februar 1987

Aber zurück zu Gewichten an fernbedienten Weichen! Das folgende Bild zeigt von vorne nach hinten
  • eine ortsbediente Weiche in Grundstellung;
  • die fernbediente Seite einer DKW in der Minusstellung
  • und die fernbediente Seite einer DKW in der Plusstellung.
Bei der DKW stehen die Gewichte "ziemlich alleine in der Gegend herum" – es gibt ja kein Weichensignal direkt daneben, sondern über ein Gestänge (das in einem vergrabenen Rohr läuft) wird das mittig stehende DKW-Signal angetrieben. Rechts neben der ortsbedienten Weiche sieht man übrigens eine "kleine Grenzmarke": Die zwei rot-weißen Markierungen kennzeichnen die Stelle, wo der Abstand der Gleismitten 3,5 Meter beträgt. Die "große", schwarz-weiße Grenzmarke ist erst beim Ende der Isolierschiene angeordnet, hinter das das Ende eines Zuges zur Fahrstraßenauflösung vorgefahren sein muss:

Weichen 52, 53 und 54, Bad Ischl Fbf, 31.8.1986

Alle Trennlinien auf Stellgewichten auf den bisherigen Fotos in diesem Posting befanden sich in der Verlängerung des Stellhebels. Die folgenden zwei Bilder zeigen aber, dass es auch fernbediente Weichen mit waagrechter Trennlinie am Gewicht gab. Die folgende Weiche 11 des Bahnhofs Brigittenau hatte ein enorm hohes Weichensignal und zusätzlich wieder ein Fahrleitungsende-Signal ("Halt für Fahrzeuge mit angehobenem Stromabnehmer") für die ablenkende Stellung:

Weiche 11, Brigittenau, 5.11.1986

Und hier sehen wir die Weiche 2 des Bahnhofs Gurten, die über einen Madnerhebel gestellt wurde. Auch hier ist die Trennlinie wunderschön waagrecht, wenn die Weiche wie hier in der Grundstellung steht. Wenn man genau hinsieht, erkennt man am Antrieb wieder die ausgeklappte rote Blende, die anzeigt, dass die Weiche zur Ortsbedienung freigegeben ist:

Weiche 2 und Ausfahrsignal H, Gurten, 20.2.1987

Aber – vielleicht kann man ja ganz ohne diese komplizierten mechanischen Apparate auskommen?

"Weiche" zur Bahnmeisterei, Obdach, 26.4.1987

Nach diesem Ausflug in ein kleines Spezialgebiet der Stellwerkerei kehre ich aber mit dem nächsten Posting wieder zu Bahnhofsbeschreibungen von 1986 zurück.