Die Fotos sind auch deswegen interessant, weil sie zum Großteil "Innereien" zeigen: Den Relaisraum und, noch seltener aufgenommen, die Stromversorgungsanlagen eines solchen Stellwerks. Der Großteil der folgenden Informationen (insbesondere Korrekturen an dem, was ich nicht wusste) stammt ebenfalls von Martin Aigner – vielen Dank dafür! Ich habe seine Erklärungen unten kursiv gekennzeichnet, damit klar ist, was hier vom Fachmann stammt (an etwaigen Formulierungsfehlern bin aber ich schuld!).
Bevor wir in die Tiefen der Schalträume hinuntersteigen, sind hier zuerst noch drei Bilder des Stelltisches. Im Großen und Ganzen war er 2012 noch so wie 25 Jahre früher, doch an seinen Rändern hatte sich doch einen ganze Menge verändert:
- Auf den beiden Strecken Richtung Wienerwald war nun Gleiswechselbetrieb eingerichtet, daher wurde ein kurzer Teil der Streckendarstellung "abgezwackt" und nach oben verlegt.
- Am hinteren Rand standen nun neben Bildschirmen auch zwei Zählwerksdrucker (einer für das DrS, der andere für das kleine VGS80 – kommt gleich!), die eine Menge von Zählwerken und vor allem das handschriftliche Erfassen im Zählwerksvormerk überflüssig machen. Wieso unter beiden Druckern Tücher lagen, weiß ich nicht – vielleicht ratterte das Stellpult, wenn sie druckten, und diese Stofftücher dämpften das etwas ...
- Auch eine ganze Tastatur hatte hier noch Platz gefunden – die großen freien Flächen der DrS-Stelltische, die früher wie verlorene Fläche aussahen (und die es bei Spurplanstellwerken kaum mehr gab), waren im Nachhinein nun ein Segen!
- Links sieht man etwas Einmaliges, nämlich ein "Huckepack-Stellwerk": Für den Bereich der Abzweigung Zehetnergasse (Überleitstelle Penzing) war ein eigenes VGS80-Stellwerk errichtet worden, dessen Bedienpult nun hier aufgesattelt war, wo früher die Bedienung dieses Weichenbereichs über das DrS lag. Dazu dieses von Martin Aigner: Da im DrS-Relaisraum kein Platz mehr war, wurde die Stromversorgung und die Relaisanlage des VGS am Bahnsteig in zwei Containern untergebracht.!
- Und über dem Stellwerk erstreckt sich nun ein Lageplan der ganzen Anlage, zur besseren Übersicht und Orientierung für das Bedienpersonal (vor allem bei Störungen und Bauarbeiten).
Stelltisch DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Auch in dieser Fotoserie gibt es eine Aufnahme von der rechten Seite her, wo man schön die ausgelagerten Teile der vier Streckengleise zum Wienerwald sieht:
Stelltisch DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Hier sieht man den Stelltisch von der linken Seite her:
Stelltisch DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Und hier ist ein Bild des aufgesattelten Stellpultes des VGS80-Stellwerks, das schon sehr abgegriffen und fleckig ist. Allerdings ist das Pult nicht mit den üblichen AEG-Bedienelementen der VGS80-Stellwerke aufgebaut, sondern mit den kleineren, deutschen Siemens-Feldern:
Stellpult des VGS80 am DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Die folgenden Bilder zeigen nun aber die Schalträume des Stellwerks. Zuerst kommen drei Bilder der Schaltgerüste und -schränke der Stromversorgung:
DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Hier sieht man eine Menge von "freien Relais". Diese Einzelrelais sind sogenannte „freie Relais“. Diese Relais sind aber wie Relaisgruppen steckbar ausgeführt. Bei DrS-Stellwerken sind noch nicht alle Schaltungsteile in Gruppen „verpackt“, sondern noch großteils in freier Verschaltung. Diese freie Verschaltung wurde erst mit den Spurplanstellwerken abgelöst. Diese Lötflügel, die man auf den Fotos erkennt, sind sogenannte „Lötigel“.
Freie Relais, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Freie Relais, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Freie Relais, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Freie Relais, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Der Großteil eines Drucktastenstellwerks besteht aber aus fertig zusammengeschalteten Relaisgruppen:
Relaisgruppen, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Das folgende Bild zeigt zwei Weichengruppen, darüber die Weichenlaufkette für den Weichenselbstlauf bei einer Fahrstraßeneinstellung. Hierbei werden über die Laufkette die einzelnen Weichen zeitverzögert hintereinander angeschaltet, um mit den Anlaufstromspitzen die Stromversorgung nicht zu überlasten (wichtig bei langen Fahrstraßen, wo viele Weichen auf einmal umlaufen).
Weichengruppen und Weichenlaufkette, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Hier sieht man einige Verschubsignal- und Ersatzsignalgruppen:
Verschubsignal- und Ersatzsignalgruppen, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Am folgenden Bild erkennt man einen Teil des Zwischenverteilers. Das ist die Logik des Stellwerkes. Hier werden alle Abhängigkeiten „programmiert“:
Zwischenverteiler, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Zwischenverteiler, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Zu denen folgenden Relais gibt's nur eine fachmännische Vermutung: ... auch eine steckbare Relaisgruppe. Diese dürften aber nachträglich eingebaut worden sein. Laut den Relaisbeschriftungen hatten die irgendwas mit Signalen zu tun. Möglicherweise sind das Wiederholerrelais für die Zugnummernmeldeanlage. Ist aber nur eine Vermutung:
, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Hier ist ein Teil der Verkabelung zu sehen:
Verkabelung , DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Signalgestelle mit Signalgruppen ...
Signalgestell, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
... und auch ein Signalgestell mit hauptsächlich Verschubsignalgruppen:
Signalgestell, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Das folgende Bild zeigt Hauptsicherungen für einen Gestellteil:
Gestelle, links und rechts Hauptsicherungen, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Diese Gestelle sind für Streckenblock (ZG62) und Vorsignalübertragung. Die Zettel sind Informationen für Kollegen, wenn z.B. eine Gruppe zur Störungseingrenzung getauscht wurde:
Gestelle für Streckenblock und Vorsignalübertragung, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Das folgende ist schlussendlich ein Mess- und Prüfgestell, mit Erdschlussprüfeinrichtung und Blinkspannungsüberwachung:
Mess- und Prüfgestell, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Am folgenden Gestell ist in der Mitte der Quecksilberthermoblinker zu erkennen. Der erzeugt eine 24-Volt-Blinkspannung (für die Meldelampen). Der Blinkerzusatz wird mit dieser 24-Volt-Blinkspannung angesteuert und erzeugt eine 220V~-Blinkspannung für die Ersatzsignale:
Thermoblinker und Blinkerzusatz, DrS, Hütteldorf, 9.10.2012 (Foto von M.Aigner)
Soviel aus einem großen und leider schon verschwundenen DrS-Stellwerk – man erkennt, wieviel Aufwand für eine solche Anlage getrieben werden musste und versteht nun auch, wieso die Industrie und die Eisenbahnen vor einigen Jahrzehnten vehement und schlussendlich mit Erfolg auf elektronische Stellwerke gesetzt haben, wo wenigstens der Logikanteil einer solchen Anlage nicht mehr "in Hardware gegossen und verlötet" werden muss.