Die
Fahrdienstleitung in Gramatneusiedl habe ich, etwas dunkel, schon vier Jahre vorher fotografiert – die Fotos kann man in
diesem Posting sehen. Aber dann hat mich wohl das schlechte Gewissen übermannt, und ich habe vier Jahre später dann auch die Stellwerke besucht.
Im großen und ganzen war Gramatneusiedl ein ziemlich normaler Abzweigebahnhof der Pottendorfer Linie (über Wampersdorf und Ebenfurth nach Wiener Neustadt) von der Ostbahn.
Interessant an der Blockanlage des Bahnhofs ist allerdings:
- Noch 1987 war hier Richtung Wien ein Felderstreckenblock eingebaut.
- Für die hinteren Hauptgleise 5 bis 11 waren Zustimmungen zwischen den beiden Endstellwerken vorhanden – allerdings waren hier nur Zustimmungsabgabefelder vorhanden, während der Zustimmungsempfang und die Rückgabe über Lampen und Tasten erfolgten.
Das folgende Diagramm zeigt einen
Überblick über alle Blockfelder in ihrer Grundstellung und ihre Verbindungen auf diesem Bahnhof (
Klick auf das Diagramm öffnet eine lesbare PDF-Datei). Die Reihenfolge der Blockfelder auf den Stellwerken habe ich im Diagramm gespiegelt, also links-rechts vertauscht, und sie auch ein wneig hin- und hergerückt, damit ich die Verbindungen gerade darstellen konnte.
- Die meisten Blockfelder sind wie üblich paarweise verbunden (Ba und Be, Ff und Fa).
- Tatsächlich sind die Schaltungen etwas komplexer – so laufen etwa die Verbindungen zwischen Ff- und Fa-Feldern über das zugehörige Be-Feld. Aber solche technisch nötigen Feinheiten will dieses Diagramm nicht darstellen.
- Die Ts-Felder und das Ss-Feld sind natürlich mit entsprechenden Isolierschienen am Gleis verbunden, sodass sie von Zugfahrten ausgelöst werden (das habe ich am Diagramm nicht eingezeichnet).
- Schon sehr veraltet war damals auch der Felderstreckenblock Richtung Wien
– hier ein paar Erklärungen dazu:
- Von Wien ist das E-Feld (Endfeld) über das Ss-Feld (Streckenschaltfeld) geschaltet – die prinzipielle Erklärung dafür steht in diesem Posting über St.Michael: Wenn zur Rücknahme einer Einfahrt das Ts-Feld von der Fahrdienstleitung aus entblockt wird, darf es trotzdem nicht möglich sein, den Rückblock Richtung Himberg abzugeben, wenn der Zug noch nicht in Gramatneusiedl eingetroffen ist. Dieses gefährliche Rückblocken wird durch das – dann noch nicht vom Zug entblockte – Ss-Feld verhindert. Das reguläre Blocken des Endfeldes blockt darüberhinaus über die mechanische Kupplung mit dem Be-Feld den Befehl zurück in die Fahrdienstleitung – was wiederum nur möglich ist, wenn die Tastensperre durch die Zugfahrt schon ausgelöst wurde.
- Nach Wien bewirkt das Hb-Feld (Hilfsblockfeld) schon alle nötigen Sperren im Befehlswerk. Die eigentliche Befehlsabgabe erfolgt aber über das A-Feld (Anfangsfeld), das erst geblockt werden kann, wenn einerseits das Hb-Feld geblockt ist und andererseits ein Rückblock von Himberg eingegangen ist. Damit ist die Zugfolgesicherung garantiert.
- Wie schon erwähnt, gibt es auf jedem Stellwerk ein Za-Feld (Zustimmungsabgabefeld), um Einfahrten auf den schlecht einsehbaren Gleisen 5 bis 11 zu erlauben. Allerdings gibt es als Gegenstück dazu keine Ze-Blockfelder, sondern nur Lampen. Vermutlich wurde die Zustimmung hier über Dauerstrom bewirkt – das wäre sinnvoll, damit bei einem zurückfallenden Ze-Feld etwa wegen eines Störstromes ein Signalrelais abfallen und das Einfahrsignal auf Halt werfen würde.
Nach dieser längeren Erklärung kommen aber nun die paar Aufnahmen. Die Hebelbank am
Stellwerk 2 war ziemlich groß:
Hebelbank mit Gleisanzeiger, hinten Blockapparat, Stw.2, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Das zweite Innenfoto zeigt die große Bedienungstafel über dem Blockapparat.
- Oben sind die Signal- und Blockausleuchtungen angebracht.
- Unten links ist die Überwachung von vier Schrankenanlagen, davon ein Anrufschranken.
- Unterhalb der Ausfahrsignal-Sysmbole befinden sich die Tasten zur Signal- und Blockbedienung (in dieser Richtung bestand ja ZG-Block).
- Rechts außen sind die Anzeigen und Tasten für die Zustimmungen vom Stellwerk 1 angebracht:
Stw.2, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Neben den vier elektrischen Schranken befand sich in Gramatneusiedl noch ein ortsbedienter Schranken, dessen Drahtzug ich hier von unten aufgenommen habe:
Stw.2, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Zuletzt hier ein Bild dieses Gebäudes – man sieht, dass aus Energiespargründen die alten großen Fenster zugemauert und durch einige kleinere ersetzt worden waren:
Stellwerk 2, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Im Bahnhof ist mir ein alter 5046 entgegengekommen, der – soviel ich mich erinnere – für die Pendelfahrten nach Wampersdorf zuständig war:
5046.124(?), Gramatneusiedl, 24.5.1987
Diese 1042 hat noch (außer der Prüfziffer) Metallziffern, was damals schon eher selten war:
1042.692 mit einem Güterzug, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Die Hebelbank am
Stellwerk 1 war nicht ganz so groß. Neben dem Blockapparat sieht man einen Schrankenantrieb, der hier mit einem Gummibaum verziert worden war:
Hebelbank mit Gleisanzeiger, hinten Blockapparat, Stw.1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Am Blockapparat waren die Tastensperren nach oben verlegt, sodass zwei Plätze des sechsfeldrigen Gehäuses für Za-Feld und Endfeld verwendet werden konnten:
Blockapparat, Stw.1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Eine Einfahrstraße ist hier noch festgelegt, der Streckenblock ist aber schon zurückgeblockt und damit auch der Befehl zurückgegeben:
Blockapparat, Stw.1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Hier sieht man endlich im Detail die Anzeigen und Tasten für den Zustimmungsempfang (am Stellwerk 2 ist dieselbe Ausrüstung auf der großen Anzeigetafel ganz rechts vorhanden). MIt einer ZT (Zustimmungstaste) und der ZAT (Zustimmungsanforderungstaste) konnte eine Zustimmung angefordert werden – dann begann am anderen Stellwerk m.W. die entsprechende Za-Lampe zu blinken. Nach Abgabe der Zustimmung leuchtete diese Lampe dort, am anfordernden Stellwerke leuchtete die passende Ze-Lampe. Mit dem Auflösen der Fahrstraße fiel die Zustimmung wieder zurück, sie konnte aber auch manuell über ZT und ZRG (Zustimmungsrückgabegruppentaste) zurückgegeben werden:
Signalanzeige- und -bedientafel, Stw.1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Die Stiege zum Wärterraum war hier außen am Stellwerk angebracht, und das Geländer war nicht wirklich großartig vertrauenswürdig:
Stellwerk 1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Von vorne sieht man die großen Fenster, die hier noch nicht verkleinert wurden – im Winter wird es da oben, vor allem bei entsprechenden Wind über die flache Gegend, ziemlich kalt gewesen sein:
Stellwerk 1, Gramatneusiedl, 24.5.1987
Zuletzt noch ein Bild des gar nicht so großen Bahnhofsgebäudes:
Bahnhof, Gramatneusiedl, 24.5.1987