Mittwoch, 15. Mai 2013

Das Ende des österreichischen Regelstellwerks 5007?

Nach mehr als 100 Jahren wird – zumindest in Österreich – das österreichische Regelstellwerk 5007 wohl bald endgültig verschwunden sein. Nach dem tragischen Unfall in Eggendorf plant die ÖBB INFRA offenbar, alle Stellwerke, die auf diesem Typ basieren, vorrangig durch ESTW-Neubauten zu ersetzen. Dazu gehören auch die mannigfaltigen Mischformen elektromechanischer Anlagen, die früher als 212 und jetzt als EM5007 bezeichnet sind.

Ich kenne die Anzahl der betroffenen Anlagen nicht – "aus dem Bauch" würde ich sie aber noch auf um die 100 in ganz Österreich schätzen. Ihre vollständige Außerbetriebnahme wird also schon noch einige Jahre auf sich warten lassen. Trotzdem ist der Tag nicht mehr fern, an dem das letzte österreichische Blockfeld rattern wird.
In anderen Ländern, zumindest in Tschechien, der Slowakei und Ungarn, dürften noch einige dieser Anlagen stehen und die österreichischen Anlagen wohl überleben. Weitere Kandidaten sind Slowenien (das allerdings meines Wissens in den letzten Jahrzehnten seine Eisenbahnen durchgreifend modernisiert hat), eventuell Kroatien und womöglich Gebiete der Ukraine. In Italien hingegen dürften die letzten österreichischen Blockfelder mit der Ablösung der SBW500-Anlage in San Candido/Innichen im Mai 1990 verschwunden sein.

Noch lange dürften "Siemens-Blockfelder" allerdings in Deutschland überleben, wo noch viele Stellwerke mit mechanischen Sicherungsanlagen, auch in größeren Bahnhöfen, in Betrieb sind. Ein Ersatz dieser Anlagen durch ESTWs wird wohl noch Jahrzehnte brauchen.

Dienstag, 14. Mai 2013

Mein 12SA-Stellwerk: Folgeabhängigkeit zwischen Hauptsignal und Vorsignal

English version of this posting

Als letztes Verschlusselement des 12SA zeige ich hier noch die Folgeabhängigkeit zwischen Hauptsignal und Vorsignal.

Diese Abhängigkeit wird durch einen einfachen Bolzen bewerkstelligt, der entweder in die Rolle des Vorsignalhebels oder jene des Hauptsignalhebels eingreift. Am einfachsten sieht man die Wirkung dieser Abhängigkeit in einem Video. Das folgende Video zeigt den Ablauf beim Freistellen:
  • Zuerst wird der Hauptsignalhebel nach oben in die Freistellung gestellt.
  • Dann wird mit dem Hebel der Folgeabhängigkeit der Bolzen nach rechts bewegt, wo er über ein Loch in der Hebelrolle das Hauptsignal in Freistellung verriegelt.
  • Nun kann der Vorsignalhebel ebenfalls nach oben gestellt werden.

Freistellen von Haupt- und Vorsignal

Hier folgt eine Serie von Einzelbildern, die denselben Vorgang zeigen:

Grundstellung

Freistellen des Hauptsignals

Freistellen des Hauptsignals

Freistellen des Hauptsignals

Abhängigkeitshebel umlegen

Freistellen des Vorsignals

Freistellen des Vorsignals

Beim Haltstellen spielen sich die Vorgänge in umgekehrter Reihenfolge ab:

Zurückstellen von Vor- und Hauptsignal

Bei meinem 12SA-Stellwerk ist eine gleichartige Folgeabhängigkeit zwischen Fühlschienenhebeln und zugehörigen Einfahrsignalhebeln vorhanden. Sie ist nötig, damit die elektrische Festlegung, die ja direkt nur den Fühlschienenhebel festlegt, indirekt auch eine Voraussetzung für das Freistellen des Einfahrsignals ist.

Ein letzter Einsatz dieser Abhängigkeit dient dem simplen Ausschluss zwischen Gegeneinfahrten. Ein Beispiel dafür sieht man an diesem Bild vom 12SA-Stellbock in Horn:

Signalbock, Horn, 20.9.1986

Sonntag, 12. Mai 2013

Mein 12SA-Stellwerk: Elektrischer Fahrstraßenverschluss

English version of this posting

Nach langer langer Zeit folgen hier wieder einmal ein paar Beschreibungen weiterer Teile meines 12SA-Stellwerks.

12SA-Stellwerke wurden ja nicht nur auf Nebenbahnen wie der Murtalbahn, der Ybbstalbahn oder auch den Bahnen im "Rieder Kreuz" eingesetzt, sondern auch auf Hauptbahnen. Mein Stellwerk war in Steyrling auf der Pyhrnbahn im Einsatz, und für diesen Hauptbahneinsatz war diese Type mit zusätzlichen "Features" erweiterbar, die auf Nebenbahnen in der Regel nicht verwendet wurden. Eine erste solche Erweiterung habe ich schon beschrieben, nämlich der Einsatz auffahrbarer Weichenhebel. Darüberhinaus waren auf meinem Stellwerk noch folgende zwei Funktionalitäten vorhanden:
  • Über Fühlschienen wurde sichergestellt, dass keine Weichen unter einem Zug umgestellt wurden. Solche Fühlschienen wurden aber wegen ihres großen Verschleißes spätestens in den dreißiger Jahren überall ausgebaut, sodass die zwei entsprechenden Hebel auf meinem Stellwerk "leer liefen".
  • Zumindest für Einfahrstraßen mit ihren spitz befahrenen Weichen war auch ein elektrischer Fahrstraßenverschluss möglich – die zwei grünen Kästen links und rechts enthalten eine entsprechende Mechanik, die ich hier beschreiben möchte.
Weil diese elektrische Festlegung nicht direkt auf die Fahrstraßenschieber, sondern auf die Fühlschienenhebel wirkte, waren diese Hebel nicht abgebaut worden. Da für Einfahrten der Fühlschienenhebel der jeweiligen Spitzenweiche nach dem Umlegen des Fahrstraßenhebels nach oben gestellt werden musste und in dieser Stellung den Fahrstraßenschieber festlegte (siehe dieses Posting mit dem Verschlussplan des Stellwerks), konnte durch ein Verschließen des Fühlschienenhebels mittelbar die Fahrstraße festgelegt werden.

Schauen wir uns die Details dieses Verschlusses einmal an.

Hier sieht man den linken elektrischen Verschluss (noch immer verdreckt davon, dass das Stellwerk vor 10 Jahren bei den Donau- und Kamp-Hochwässern zwei Tage lang vollständig unter Wasser stand). Hinter der Glasscheibe ist der weiße Blendenteil sichtbar, was bedeutet, dass der Fühlschienenhebel nicht umgelegt ist und daher die Fahrstraße nicht festgelegt:

Elektrischer Verschluss nicht festgelegt

Leider unscharf sieht man hier, wie der grüne Blendenteil anzeigt, dass der Fühlschienenhebel umgelegt und festgelegt ist – nur ... leider habe ich die Verbindung zum Fühlschienenhebel hier ausgebaut, daher steht er in Wirklichkeit noch immer nach unten. Weil das Foto also eigentlich falsch ist, werde ich es irgendwann durch ein korrektes und scharfes ersetzen ... momentan muss es hier noch aushelfen:

Elektrischer Verschluss festgelegt

Schauen wir uns aber, nun am rechten Verschlusskasten, genau an, wie die Teile zusammenwirken. Das nächste Bild zeigt in der Mitte den Fühlschienenhebel. Man erkennt, dass der Sperrgewichtshebel hinten verlängert ist und einen Fortsatz nach oben hat:

Sperrgewichtshebel des rechten Fühlschienenhebels

Hier ist dieser Fortsatz besser zu erkennen, und auch, dass er von einem Bolzen durchquert wird, der mit einem Steg verbunden ist, der im elektrischen Verschluss verschwindet:

Sperrgewichtshebel des rechten Fühlschienenhebels

Hier sieht man den Fortsatz samt dem durchgesteckten Bolzen aus noch größerer Nähe und auch, dass eigentlich zwei Stangen in den Verschlusskasten gehen, zwischen denen der Bolzen angebracht ist. Der Fühlschienenhebel und sein Sperrgewichtshebel befinden sich hier noch immer in der Grundstellung:

Sperrgewichtshebel des rechten Fühlschienenhebels

Nun wird der Sperrgewichtshebel angehoben (was nur geht, wenn der Fahrstraßenhebel für eine Einfahrstraße umgelegt ist). Dadurch wird der Bolzen ein wenig in den Verschlusskasten hineingeschoben:

Sperrgewichtshebel vorne angehoben

Wie üblich kann nun der Hebel umgelegt werden (normalerweise wäre meine linke Hand hier am Sperrgewicht, aber ich habe sie zum Fotografieren gebraucht):

Umstellen des Fühlschienenhebels

Danach lässt sich der Sperrgewichtshebel senken. Durch die schräge Ausnehmung wird der Bolzen nun aus dem Verschlusskasten herausgezogen, und der Verschluss tritt ein (wie, schauen wir uns gleich an):

Sperrgewichtshebel vorne gesenkt

Sperrgewichtshebel vorne gesenkt

Ein Anheben des Sperrgewichts ist nun nicht mehr möglich, weil sich der Bolzen nicht mehr in den Verschlusskasten schieben lässt. Wodurch ist aber dieser Verschluss eingetreten? Um das zu demonstrieren, habe ich den Verschlusskasten abgebaut und geöffnet. Hier sieht man ihn – links unten sieht man den Bolzen, der in den Sperrgewichtshebel eingreift und der nach vorne herausgezogen wird:

Elektrischer Verschluss ausgebaut

Die Verschlusswirkung zeigt ich anhand zweier Videos. Auf dem ersten sieht man das Zusammenwirken dreier Hebel im unteren Teil des Verschlusskastens:
  • Der erste, den ich bewege, wird über den ...
  • ... zweiten, der rechts nach oben geht, die Blende in die Verschlussstellung drehen.
  • Der dritte, ganz hinten, ist der eigentliche Verschlusshaken, der hinter einen Steg am Ende der Stangen fällt, die vorne den Bolzen tragen.

Zusammenwirkende Hebel im Verschlusskasten

Im folgenden sieht man nun die Abläufe beim Festlegen und Auflösen:
  • Beim Festlegen wird der Bolzen herausgezogen, und über die ersten beiden Hebel wird die Verschlussblende angehoben. Ein Fortsatz am spitzen, grünen Ende der Blende hakt dabei in einem U-förmigen Haken ein, der die Blende nun angehoben hält. Zugleich ist der große Verschlusshaken hinter dem Steg eingefallen, sodass nun der Bolzen vorne verschlossen ist.
  • Entweder durch den Zug selbst oder durch einen Taster am Bahnsteig wird nach der Zugfahrt der Magnet erregt, der oben hinter der Blende sichtbar ist. Er zieht seinen Anker an (was ich hier mit dem Finger simuliere) und befreit dadurch die Blende aus dem U-Haken. Die Blende fällt nach unten und hebt über den zweiten Hebel den großen Verschlusshaken nach oben – Steg und Stangen und Bolzen können sich nun wieder durch den Sperrgewichtshebel nach hinten bewegt werden, sodass der Fühlschienenhebel zurückgelegt werden kann.

Verschluss und Auflösung

Am Verschlusskasten ist oben eine Taste angebracht, die üblicherweise durch eine Plombe verschlossen ist. Mit dieser Taste kann der Anker des Magneten ebenfalls angedrückt werden und damit der Verschluss aufgehoben werden, wenn eine elektrische Störung eintritt oder eine Zugfahrt nicht stattgefunden hat:

Elektrischer Verschluss, Hilfstaste

Elektrischer Verschluss, Entriegelungshebel der Hilfstaste

Zum Schluss noch ein Verweis auf ein Bild des Museumsstellwerks in Windischgarsten, das eine gleichartige Anlage besaß:

http://www.wandern.com/land/at/oberoesterreich/urlaubsregion-pyhrn-priel/ausflugsziele/kultur/eisenbahnmuseum.html

Die Stellwerksmuseen in Ljubljana (Slowenien) und in Hradec Králové (Tschechien) haben beide 12SA-Anlagen – allerdings habe ich auf keinem der Fotos unter stellwerke.pechstein.net einen solchen elektrischen Verschluss gesehen.

Nächstes Posting zu meinem 12SA: Folgeabhängigkeit zwischen Hauptsignal und Vorsignal