Im Gegensatz zum "spannenden" Ablaufstellwerk 4 mit der Ablaufanlage und des Gleisbremsen schaut das Stellwerk 3 eher wie ein langweiliges Nebenstellwerk an einer unbedeutenden Stelle des Welser Verschiebebahnhofs aus. Wenn man aber genauer hinsieht ...
Hier sieht man die ganze Anlage im Überblick: Eine Deutsche Einheit, mit einer ganzen Reihe an Signalhebeln, Weichenhebeln und – im Vordergrund – zwei Riegelhebeln. Und diese zwei Hebel sind schon die erste Besonderheit: Denn sie verriegeln, wie man an ihren Aufschriften sieht, die Weichen 213 und 214 – aber diese Weichen sind tatsächlich die Verteilweichen für die Gleise 10 bis 14, in die vom Rollberg her abgelaufen werden kann! (Der Rollzettel aus dem letzten Posting enthielt unter anderem einen Ablauf ins Gleis 10). Wir haben hier also zwei Weichen vor uns, die
- vom Stellwerk 4 aus elektrisch gestellt, aber
- vom Stellwerk 3 aus mechanisch verriegelt werden!
Blockapparat und Hebelbank, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Auf der folgenden Gleistafel sieht man die Lage aller Weichen im Bereich des Stellwerk 3. Die Weichen 213 und 214 sind rechts unten zu sehen, und ein kleines R kennzeichnet ihre Riegelung durch dieses Stellwerk:
Gleistafel, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Tatsächlich muss aber noch über weitere Weichen Einvernehmen zwischen den beiden Stellwerken herrschen: Wenn abgerollt wird, müssen die Weichen 190, 191 und 192 in der Geraden festgelegt werden, weil sie von Abläufen befahren werden können. Zusätzlich muss als Flankenschutzweiche die Weiche 193 in die Ablenkung, also ins Gleis 8 stehen. Erst dann darf das Stellwerk 4 in diese Gleise abrollen. Dass diese Bedingungen erfüllt sind, teilt das Stellwerk 3 dem Stellwerk 4 über ein Za-Feld (Zustimmungsabgabe) mit, das wir auf dem nächsten Bild ganz links sehen:
Blockwerk, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Umgekehrt muss das Stellwerk 3 diese Zustimmung zurückerhalten und zusätzlich die Weichen 213 und 214 verriegeln, um Einfahrten in die Gleise 10 und 12 zuzulassen. In diesem Fall konnte vom Rollberg her die Gleise 10 und 12 nicht mehr erreicht werden, sodass sich diese Zugfahrten und der Abrollbetrieb ebenfalls gegenseitig nicht gefährden können. Auf dem folgenden kleinen Stellpult konnte man erkennen, ob die beiden Weichen Flankenschutz gewähren – wobei ich eigentlich gedacht hätte, dass das schon aus der Rückgabe der Zustimmung vom Stellwerk 4 gefolgt wäre. Eigentlich ist mir der Zweck dieses zusätzlichen Stell- und Anzeigepultes nicht wirklich klar (Norden ist auf diesem Stellpult oben, daher sind die Weichen gegenüber der Gleistafel weiter oben auf dem Kopf stehend):
Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Hier sieht man den Ausschnitt aus meinem Übersichtsplan im Überblicksposting, der diese Situation zeigt:
Lage der Weichen 213 und 214, Wels Vbf, 21.2.1987
Eine ähnliche Situation, wo sich zwei Stellwerke über Weichen "einig" sein müssen, gab es übrigens am SBW500-Doppelstellwerk in Villach; und wir werden ein weiteres Beispiel hier am Welser Verschiebebahnhof auch im nächsten Posting zu den Stellwerken 2b, 2a und 1 sehen.Eine Frage kann man sich hier natürlich stellen: Wozu gibt es überhaupt Einfahrten vom Personenbahnhof her in die Gleise 10 und 12? Ich kann hier nur spekulieren: Züge, die zerlegt werden, fahren natürlich in die Einfahrgruppe, kommen also gar nicht bis zum Stellwerk 3. Andere Züge umfahren der Verschiebebahnhof und interessieren uns hier auch nicht. Aber es mag – zumindest als der Bahnhof geplant wurde – Eilgüterzüge gegeben haben, die hier nur einen kürzeren Halt einlegten, etwa für einen Lokomotivwechsel, und denen während dieses Haltes einige eilige Wagen beigegeben werden sollten. Dafür wäre diese "Überlappung" von Richtungs- und Ausfahrgruppe hilfreich – andere Fälle fallen mir momentan nicht ein.
Doch zurück zur Sicherungsanlage: Auf dem Gleisplan oben sind die Ausfahrsignale Richtung Hauptbahnhof noch als Formsignale gezeichnet – tatsächlich waren hier aber schon lange Lichtsignale aufgestellt. Sie wurden aber noch immer über die originalen Signalhebel gestellt, nur eben über elektrische Kontakte statt über Drahtzüge. Auf dem ersten Bild und auch auf dem folgenden Bild sieht man diese Hebel, denen die Seile fehlen.
Blockwerk und Signalhebel, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Man sieht hier auch, dass neben den VES weitere Firmen Einheitsstellwerke bauten:
Firmenschild J.Gast von 1939, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Interessant sind auch die folgenden Blockfelder: Links sehen wir ein übliches Wechselstromfeld, für Fahrten von den Gleisen 6 und 8 in die Einfahrgruppe.
Das sind wohl Züge, die aus Richtung Linz kommen und nun hier zerlegt werden sollten. Interessanterweise können auf diese Art nur zwei Gleise der zehngleisigen Einfahrgruppe, nämlich die Gleise 108 und 110, erreicht werden. Wenn mehr zu zerlegende Züge knapp hintereinander aus Richtung Linz kamen, mussten sie im Fall des Falles also wohl hier "gestapelt" werden.Das nächste Feld ist, für die umgekehrte Richtung, ein übliches Wechselstromfeld für Einfahrten vom Personenbahnhof in die Gleise 8 bis 12 – siehe dazu die Überlegungen ein Stück weiter oben. Das folgende Fahrstraßenfestlegefeld ist ein bei der Deutschen Einheit übliches Gleichstromfeld, wie man am fehlenden Anker (schwarzen Balken im Blockfenster) erkennen kann. Daneben allerdings befinden sich zwei weitere Fahrstraßenfestlegefelder, und die haben einen Anker, sind also Wechselstromfelder! Das kann eigentlich nur bedeuten, dass diese Felder nicht wie üblich von einem Zug, sondern von einem anderen Stellwerk aus aufgelöst werden – und das kann eigentlich nur das Fdl-Stellwerk 5 aus dem vorherigen Posting sein. Genaueres weiß ich hier allerdings nicht:
Blockfelder, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Hier folgen einige Bilder der Blocksperren im Untergestell, die ich wie üblich mit Begeisterung abgebildet habe. Eine Erklärung der Funktion dieser Sperren gibt es in mehreren Fachbüchern über Einheitsstellwerke, daher erspare ich sie mir hier einmal (vielleicht habe ich irgendwann einmal Lust, die Bewegung dieser Elemente darzustellen ...):
Blocksperren, Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Blocksperren (zwei Wiederholungssperren, drei Fahrstraßenfestlegesperren), Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Blocksperren (eine Wiederholungssperre, eine Fahrstraßenhebelsperre), Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Blocksperren (eine tote Rückblocksperre, zwei Fahrstraßenhebelsperren, eine Wiederholungssperre), Stw.3, Wels Vbf, 21.2.1987
Und zum Schluss sieht man hier noch ein Bild des ziemlich langweiligen Stellwerksgebäudes. Die Weichen haben übrigens Stellgewichte, was nicht zur Deutschen Einheit passt – entweder war auch hier auf die Innenspannwerke verzichtet worden, so wie in Attnang-Puchheim, oder die Einheits-Weichenantriebe waren irgendwann durch österreichische Antriebe ersetzt worden, wie in Lochau-Hörbranz. Leider erkennt auf dem Bild die Antriebe nicht zuverlässig; wenn ich tippen müsste, würde ich allerdings eher die zweite Möglichkeit wählen:
Stellwerk 3, rechts im Hintergrund Stellwerk 4, Wels Vbf, 21.2.1987
Soviel also zu einem nur auf den ersten Blick uninteressanten Stellwerk!
Das nächste Posting zeigt dann die drei Stellwerke am Ostende des Verschiebebahnhofs.