Kirchstetten hatte noch seine 5007er Endstellwerke mit einem Knebelwerk als Befehlswerk in der
Fahrdienstleitung:
Befehlswerk, Fdl, Kirchstetten, 16.8.1987
Im vorherigen Bild sind man übrigens links oben schön die plombierten Kästen mit den Zweitschlüsseln für alle schlüsselgesperrten Einrichtungen – hier sind das einerseits Weichen in Ladegleise und die dahinterliegenden Sperrschuhe, andererseits Schalter der Fahrleitungsanlage. Wenn dieses Kästchen geöffnet ist, gilt die Signalabhängigkeit als aufgehoben. Darunter gibt es ein zweites Kästchen für Ersatzschlüssel in Diensträume:
Zweitschlüssel, Fdl, Kirchstetten, 16.8.1987
Der Blockapparat hatte keinen hölzernen Blockaufsatz mehr, sondern einen Blechkasten, der über den Blocktasten schwebte. In der Mitte befand sich der Widerrufschlosskontakt (WSK), über den Ba-Feldern die entsprechenden Rücknahmetasten. Die Tasten über den Ff-Feldern sind zum Aktivieren des Gleisanzeigers:
Befehlswerk, Fdl, Kirchstetten, 16.8.1987
Links am Befehlswerk war ein übliches Schieberschloss zum Verschluss einer Mittelweiche angebaut:
Befehlswerk, Fdl, Kirchstetten, 16.8.1987
Und für die Signal- und Blockanzeige sowie die Ersatzsignale gab es dieses kleine Pult. Wozu darauf Richtung Wien eine RWT (Richtungswechseltaste) vorhanden war, ist mir nicht klar – dazu müsste doch auf einem Gleis Gleiswechselbetrieb möglich gewesen sein, wofür aber kein Blockpfeil vorhanden ist:
Fdl, Kirchstetten, 16.8.1987
Allerdings lässt auch das Signal H2 – an einem durchgehenden Hauptgleis! – vermuten, dass hier mehr Fahrmöglichkeiten zumindest geplant waren: Denn für die Fahrt auf das entsprechende Streckengleis hätte eine einfache Grünlampe gereicht, was zusammen mit Rot und Notrot drei Lampen ergibt. Hier sehen wir aber
vier Lampen, also offenbar eine zusätzliche Gelblampe (das Ersatzsignal ist ja rechts angebaut):
Ausfahrsignal H2, Kirchstetten, 16.8.1987
An der Anlage am
Stellwerk 1, andererseits, sind offensichtlich nur Ausfahrten aufs linke Streckengleis möglich: Zwei Knebel sind für die Ausfahrten von den vier Bahnhofsgleisen zuständig, zwei weitere für die Einfahrten – kein Gleiswechselbetrieb. Untypisch ist die Schrankenkurbel, die nicht an der Außenwand angebracht ist, sondern neben der Hebelbank aufgestellt:
Stw.1, Kirchstetten, 16.8.1987
Am Blockaufsatz war ganz oben die Signal- und Blockanzeige angebracht. Darunter befanden sich links Halttasten für die Ersatzsignale (die Klebeetiketten unterhalb der Tasten zeigen konsequent den Text "ERSAZ SIG") und rechts daneben der Warnsummer – offiziell "Erinnerungseinrichtung" genannt – für einen Schranken in km42.990, mit einer "PT", also vermutlich einer Prüftaste, um den Summer zu testen:
Stw.1, Kirchstetten, 16.8.1987
Und hier sehen wir eine Konstruktion, deren Zweck mir nicht klar ist. Sie sieht eigentlich so aus, als ob sie den Summer ansteuern würde: Wenn ich's richtig sehe, war hier fliegend ein Schalter zwischen die Knebel für A und H eingehängt. Wenn man einen der Knebel umlegte (A vermutlich nach links, H nach rechts), wurde der Schalter geschlossen. Das Kabel ging dann weiter zur Schrankenkurbel, wo wohl irgendwo ein Kontakt den Strom unterbrach. Das klingt einerseits logisch, andererseits zweifle ich aber doch sehr an dieser Erklärung, und zwar aus mehreren Gründen:
- Erstens kann ich mir nicht vorstellen, dass eine sicherheitsrelevante Anlage so "hemdsärmelig" aufgebaut wird. Zum Beispiel ist das Kabel am Schalter nur angelötet – es gibt nicht die geringste Art einer Zugentlastung, wofür ein einfacher Kabelbinder schon gereicht hätte. Nicht einmal ich als Hobbyelektriker hätte diese Konstruktion so zusammengebastelt – dass ein Fachmann so etwas abliefert, glaube ich einfach nicht. Und was wäre im Falle eines Unfalls passiert? Hätte die ÖBB tatsächlich Bilder dieser Anlage abgeliefert und behauptet, dass damit die Sicherheit erhöht worden wäre, da der Schranken mit höherer Sicherheit geschlossen war? Ich weiß nicht, wen das überzeugt hätte ...
- Zweitens ist die technische Konstruktion ziemlich anfechtbar: Die Feder im Zugweg des Schalters führt zu einem undefinierten Schaltpunkt, wo man ja eigentlich das Gegenteil erreichen will: Dass nämlich bei einer definierten Aktion (Umlegen eines Knebels) sehr sicher der Zustand des Schalters wechselt. Auch das spricht sehr für ein Laien-Experiment.
- Schließlich befindet sich an der Schrankenkurbel links ein großer Schaltkontakt, von dem ein ordentlich geführtes Kabel nach unten führt. Wenn man also den Zustand des Schrankens auswerten hätte wollen, hätte man diesen Anschluss ja schon gehabt und doch wohl hoffentlich die restliche Schaltung damit aufgebaut.
Was immer das für eine Konstruktion war, sie muss einen anderen Zweck gehabt haben:
Stw.1, Kirchstetten, 16.8.1987
Wegen der doppelten Gleisverbindungen auf beiden Seiten gab es hier mehr Weichen- und Riegelhebel als auf anderen kleinen Bahnhöfen an der Westbahn:
Stw.1, Kirchstetten, 16.8.1987
Auf dem kleinen Stellwerk waren keine Blumenkästen angebracht, obwohl es dafür entsprechende Halterungen gab:
Stellwerk 1, Kirchstetten, 16.8.1987
Am
Stellwerk 2 sehen wir im Prinzip dieselbe Anlage nocheinmal. Auch hier gab es eine doppelte Gleisverbindung, auch hier gab es einen Schrankenantrieb. Und hier gab es ebenfalls die zusammengebastelte Verdrahtung – nur gab es hier zumindest am Blockaufsatz keinen Warnsummer. Der Zweck der fliegenden Schalter und Drähte bleibt rätselhaft ...
Stw.2, Kirchstetten, 16.8.1987
Für eine Einfahrt ist kurz darauf das Befehlsfeld entblockt, die Fahrstraße festgelegt und das Einfahrsignal auf frei gestellt:
Stw.2, Kirchstetten, 16.8.1987
Stw.2, Kirchstetten, 16.8.1987
Auch hier steht eine Schrankenkurbel neben der Hebelbank, an ihr fehlt aber offensichtlich jeder elektrische Anschluss:
Stw.2, Kirchstetten, 16.8.1987
Gegenüber stand für einen weiteren Schranken dieser Südbahnwerke-Antrieb:
Stw.2, Kirchstetten, 16.8.1987
Eine Gleisverbindung lag, unüblicherweise, innerhalb der Abzweigweiche in ein Überholgleis:
Weiche 55, Kirchstetten, 16.8.1987
Hier sieht man das kleine Stellwerk, das mit seinen ziemlich kleinen Fenstern doch ganz gemütlich wirkt. Die Scheune im Hintergrund ist übrigens in dem "Schönbrunnergelb" gestrichen, das in Niederösterreich so weit verbreitet ist:
Stellwerk 2, Kirchstetten, 16.8.1987
Auf dem letzten Bild sieht man das Bahnhofsgebäude und, dahinter, den hölzernen Güterschuppen (laut Google-Maps scheint er noch zu stehen, auch wenn die Laderampe davor verschwunden ist):
Bahnhof, Kirchstetten, 16.8.1987