Ein einfacher Schlosstyp
Ich schlage ein Schloss vor, das Schlüssel von tosischer Form verwendet, allerdings damit nicht mehrere Zuhaltungen bewegt, sondern die Form nur zur Prüfung an einem Prüfprofil verwendet. Hier ist eine Zeichnung eines solchen Schlüssels und seines Prüfprofils:
Der Schlüssel kann sich nur drehen, wenn alle Zacken durch das Prüfprofil „schlüpfen“.
Die Anzahl der sich gegenseitig ausschließenden Schlüsselformen reduziert sich durch diese einfache Prüfung des korrekten Schlüssels gegenüber einem echten tosischen Schloss allerdings drastisch: Denn alle Schlüssel, die keine längere Zacke haben, passen nun ebenfalls in dieses Schloss – im folgenden Bild sind die zwei roten Zacken gekürzt, das Prüfprofil ist das gleiche:
Ich habe eine Zeitlang herumgerechnet und denke, dass für modellbahnerische Zwecke eine Bauart mit 30 verschiedenen Schlüsselformen ausreicht – das lässt sich mit 5 Zacken und 3 Zackenlängen erreichen. Die Liste der 30 Schlüsselformen gebe ich später an.
Eine Zuhaltung wie bei richtigen Schlössern sehe ich nicht vor: Der vom Schlüssel bewegte Schieber ist das einzige bewegte Element. Wie wird er aber ohne Zuhaltung in seinen Endpositionen festgehalten?
- In der „unteren“ Position, in der der Schlüssel frei entnommen werden kann, hält ihn nur eine Feder fest. Er soll aber beim Entsperren durch den Schlüssel zwangsläufig in diese Position bewegt werden, sodass die Feder nur als zusätzliches Sicherungselement dient. Das ist eine sicherungstechnisch zulässige Konstruktion, die z.B. auch beim Gruppenverschluss des deutschen Einheitsstellwerks oder beim Neutralschieber der österreichischen Bauart 5007 eingesetzt wird.
- In der „oberen“ Position, wo der Schlüssel im Schloss eingesperrt ist, soll dieser den Schieber mit seinem Bart in der korrekten Position halten. Die Feder belastet dabei den Schlüssel zusätzlich, sodass er durch die erhöhte Reibung nicht „einfach so“ sich verdreht (was sicherheitstechnisch kein Problem wäre, aber unschön).
Es ist vermutlich einfacher, an einer Animation zu zeigen, wie der Vorschlag für das Schloss funktioniert:
Das hellblaue Rechteck ist das (von oben gesehene) Prüfprofil, das den Schlüsselbart prüft. Die Befestigung dieses Prüfprofils und auch des unteren Federendes erfolgt an einem kleinen Holzblock, der auch ein Teil der Schieberführung ist.
Schlüsselformen und Prüfprofile
Die dreißig Schlüsselformen haben jeweils fünf Zacken mit drei möglichen Längen:
- 0 = kurz
- 1 = mittel
- 2 = lang
Wir müssen nun eine Liste von Kombinationen finden, wo jede Kombination an irgendeiner Stelle „länger“ ist als alle anderen Kombinationen: Denn dann wird jeder Schlüssel in jedem „fremden“ Schloss am Prüfprofil an dieser Stelle anstoßen und daher nicht umgesperrt werden können. Hier sind dreißig Kombinationen, die diese Eigenschaft haben (ich habe sie mit etwas Nachdenken und einem kleinen Programm zur Überprüfung mehr oder weniger erraten). Als Abkürzung habe ich jeder Form einen einzelnen Buchstaben gegeben – zusammen mit ä, ö, ü und ß haben wir im Deutschen ja genau 30 Buchstaben:
Kürzel Bartform Kürzel Bartform Kürzel Bartform a 00112 k 02101 u 11200 b 00121 l 02110 v 12001 c 00211 m 10012 w 12010 d 01012 n 10021 x 12100 e 01021 o 10102 y 20011 f 01102 p 10120 z 20101 g 01120 q 10201 ä 20110 h 01201 r 10210 ö 21001 i 01210 s 11002 ü 21010 j 02011 t 11020 ß 21100
Unser 12100-Schlüssel oben ist also ein x-Schlüssel.
Das Prüfprofil, als Gegenstück zum Schlüssel, hat einen Bart, bei dem gegenüber dem Schlüssel jeweils kurz mit lang vertauscht ist. So ist das Prüfprofil für einen x-Schlüssel (12100) von der Form 10122.
Die Summe von zueinanderpassendem Schlüsselbart und Prüfprofil ergibt immer 22222, daher kann man das Prüfprofil zu einem Schlüssel als 22222 – Bartprofil berechnen.
Gruppenschlösser
Durch „schwächere“ Prüfprofile kann man Schlösser herstellen, die von mehreren Schlüsseln gesperrt werden können. Eine mögliche Anwendung solcher „Gruppenschlösser“ erkläre ich später. Das Prüfprofil 00000 z.B. würde alle 30 Schlüssel zulassen – was in der Praxis aber natürlich unsinnig wäre. Hier sind einige mögliche Prüfprofile, die genau 2, 3 oder 6 Schlüsselformen zulassen:
Passende Schlüssel Prüfprofil Passende Schlüssel Prüfprofil Passende Schlüssel Prüfprofil ac 22010 amo 12110 amoyzä 02110 dj 20210 bnp 12101 ejntvw 10201 fk 20120 cqr 12011 gl 20102 jvw 10211 my 02210 yöü 01211 oz 02120 pä 02102 sö 01220 tü 01202 uß 01022
Eine Anmerkung: Auch die real eingesetzten Schlüssel lassen prinzipiell solche „Gruppenschlösser“ zu: Bei den tosischen Schlössern muss eine Zuhaltung den Riegel in mehreren Stellungen passieren lassen (oder ganz entfallen). Bei den Bartschlössern kann durch das Entfallen von Reifblechen eine Gruppe von 6 Schlüsseln dasselbe Schloss sperren. Ich weiß allerdings nicht, ob solche Schlösser in der Realität eingesetzt werden (und ich bezweifle es, ehrlich gesagt).
Noch eine Anmerkung: Gruppenschlösser realisieren ein „mechanisches logisches Oder“ – ein solches Schloss kann aufgesperrt werden, wenn eine Bedingung A oder eine Bedingung B gilt. Dasselbe Problem tritt auch in mechanischen Stellwerken auf, und man stellt dabei fest, dass sicherungstechnisch akzeptable Lösungen nicht leicht zu konstruieren sind. Realisierte Lösungen dafür sind u.a. der „Neutralschieber“ der österreichischen Regelbauart 5007 und der „Gruppenverschluss“ des deutschen Einheitsstellwerks.Im nächsten Posting werde ich mich der Gesamtkonstruktion, den Baumaterialien sowie einigen speziellen Konstruktionsteilen widmen.
Hallo Harald,
AntwortenLöschenin diesem Link:
http://www.lcu.de/person/epterode/sicherung.html
hat der Erbauer ein recht einfaches Schlüsselwerk mit Möbelschlössern gebaut, die m. E. alle Anforderungen, auch hinsichtlich der Preiswürdigkeit, erfüllen. Auf den Modulbahnhöfen des FREMO sind diese mittlerweile recht verbreitet-
Gruß,
Sebastian
Gute (kleine) Sache! Ich will dennoch eine "große" Konstruktion durchziehen und auch Hintergründe beschreiben - u.a. wieso ist die Konstruktion so, wie sie ist? und wie projektiert man Schlüsselwerke/Zentralschlösser? ... vielleicht gefällt's jemand, vielleicht auch nicht!
LöschenH.M.