Montag, 5. Januar 2015

5007 mit Gleiswechselbetrieb: Neulengbach, 1987

Neulengbach hatte ein klassische Stellwerksanordnung mit einem Befehlswerk in der Fahrdienstleitung und zwei Endstellwerken der Bauart 5007 – allerdings war der Bahnhof auf einer Seite ganz, auf der anderen vorbereitend für Gleiswechselbetrieb ausgerüstet!

Hier sieht man das breite Befehlswerk in der Fahrdienstleitung. Man kann sich die Anzahl der Knebel für die fünf Bahnhofsgleise leicht ausrechnen: Jeweils drei Knebel sind für Einfahrten von und Ausfahrten auf jedes Streckengleis nötig, also insgesamt 3 ⋅ 2 ⋅ 4 = 24 – genau so viele befinden sich hier auch am unteren Schieberkasten. Tatsächlich war aber, wie wir weiter unten sehen werden, der Gleiswechselbetrieb Richtung St.Valentin nicht in Betrieb genommen worden, die entsprechenden Knebel waren also tot.

Am oberen Schieberkasten befinden sich vier weitere Knebel:
  • Ganz links legt einer die beiden Schlüssel die Mittelweichen 31 und 32 samt ihren Sperrschuhen fest.
  • Ganz rechts wird entsprechend die Weiche 36 verschlossen.
  • Daneben befinden sich zwei weitere Knebel, der Aufschriften ich leider nicht mehr entziffern kann – irgendetwas mit "2 gl." und "Gl.1": An ihren Zweck erinnere ich mich leider nicht mehr.

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Hier sieht man die typische Blockfelderbeschriftung bei Gleiswechselbetrieb: Je ein Ba- und Fa-Feld "von o.nach Str.gl 1" und eines "von o.nach Str.gl 2" auf jeder Seite:

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Vor dem kleinen Signal- und Blockbedienungspult war eine Glasscheibe eingelassen, unter der der aufgerollte graphische Fahrplan angebracht werden konnte – tatsächlich war man hier aber zur bequemeren Ausführung einer Mappe oberhalb des Bedienungspultes zurückgekehrt. Man erkennt hier übrigens, dass Richtung Salzburg noch kein Gleiswechselbetrieb eingerichtet war, auch wenn die Knebel am Befehlswerk dafür schon vorgesehen waren. Wieso es dann aber auch auf dieser Seite eine RWT=Richtungswechseltaste gab, ist mir unklar (auf der anderen waren es natürlich zwei, RWT1 und RWT2):

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Kurz später sind zwei Durchfahrten auf den durchgehenden Hauptgleisen gestellt:

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Auf einem Nebentisch stand schon die Ablöse der alten Stellwerke: Das Bedienpult eines VGS80 samt entsprechendem Kabelwust für Anzeigen und Tasten:

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Fdl, Neulengbach, 10.8.1987

Die Anlage der Bauart am Stellwerk 2 sieht absolut klassisch aus: Unter dem Blockapparat die Reihe freier Hebelplätze, wo früher die Signalhebel montiert waren, daneben die Weichen- und Riegelhebel.

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Tatsächlich gab es aber eine Besonderheit: An der folgenden Reihe der Weichenhebel sieht man, dass für die Weichen 51 bis 54 Weichenhebel vorhanden waren (und für die Weiche 52 ein Riegelhebel), für die Weichen 55 bis 58 aber nur Riegelhebel:

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Der Grund war, dass die Weichen der zwei Gleisverbindungen 55-56 und 57-58 schon elektrisch gestellt wurden. Die Riegelhebel waren nötig, um die Weichen in die mechanische Logik der 5007-Fahrstraßenschieber zu integrieren. Die zwei Weichenpaare verfügten über gekuppelte Antriebe, daher waren hier neben der Weichengruppentaste und einer WUT für den Auffahrwecker (WUT=Wecker-Unterbrecher-Taste) nur zwei Weichentasten WT57/58 und WT55/56 vorhanden:

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Wenn man den Blockapparat genauer ansieht, sieht man, dass die Blockfelder noch mit "von" und "nach" St.Valentin bezeichnet sind. Eine Parallelein- oder -ausfahrt war also nicht möglich, d.h. Gleiswechselbetrieb gab es auf dieser Seite keinen. Auch der Gleisanzeiger am vorigen Bild ist zu klein für Gleiswechselbetrieb: Er erlaubt 10 Fahrtstraßen, also fünf Ein- und fünf Ausfahrten, die jeweils fest auf ein Streckengleis führen.

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Neben der Weichenbedienung waren am Blockaufsatz noch angebracht:
  • Eine Erinnerungseinrichtung für einen Schranken,
  • die Gleisbesetzungstafel
  • und die Bedientafel mit der Rückblocktaste und doppelten Halttasten für die Ersatzsignale, die hier noch als 29b bezeichnet sind. Wieso die Halttasten hier HaGT, also als Haltgruppentasten heißen, obwohl sie doch laut Aufschrift einzelnen Signalen zugeordnet sind, ist mir nicht wirklich klar.
Am Blockapparat sieht man, dass das Befehlsempfangsfeld für eine Einfahrt entblockt und die zugehörige Fahrstraße festgelegt ist:

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Die Signalanzeigen waren im Stromversorgungskasten integriert, der hinten an der Wand hing. Für die Durchfahrt zeigen Einfahrsignal samt Einfahrvorsignal sowie das Ausfahrvorsignal grünes Licht:

Stw.2, Neulengbach, 10.8.1987

Hier sieht man das Stellwerk mit den typischen Schutzplatten auf der Wetterseite:

Stellwerk 2, Neulengbach, 10.8.1987

Direkt vor dem Stellwerk lag die Weiche 55 – elektrisch angetrieben, aber mechanisch verriegelt:

Stellwerk 2, Neulengbach, 10.8.1987

Mitten im Bahnhof lag ein ein Schranken, dessen Antriebsräder – wohl als Ersatz für Flügelräder – mit rot-weißen Segmenten bemalt waren:

Kleeblatt-Schrankenantrieb, Neulengbach, 10.8.1987

Kurz darauf wurde er geschlossen, ...

Schranken, Neulengbach, 10.8.1987

... und die 1189.05 – hergerichtet für die 150-Jahr-Feiern – stampfte durch den Bahnhof. Leider hab ich sie beliebig unglücklich erwischt – zu dunkel und hinter Fahrleitungs- und Signalmast. So ist das halt, wenn man überrascht wird:

1189.05, Neulengbach, 10.8.1987

Am Stellwerk 1 stand nun aber tatsächlich eine für Gleiswechselbetrieb hergerichtete Anlage.

Stw.1, Neulengbach, 10.8.1987

Der lange Gleisanzeiger enthält nun alle möglichen Fahrten:
  • von Strgl.1 auf Gl.4, 2, 1, 3, 5,
  • nach Strgl.1 von Gl.4, 2, 1, 3, 5,
  • von Strgl.2 auf alle Bahnhofsgleise und
  • nach Strgl.2 von allen Bahnhofsgleisen:

Stw.1, Neulengbach, 10.8.1987

Am Blockapparat befand sich, analog zur Fahrdienstleitung, ein Be-Feld je Streckengleis:

Stw.1, Neulengbach, 10.8.1987

Hier sieht man (etwas dunkel) das kleine Signalpult. Am ZG (der in beiden Richtungen rot zeigt) sieht man klar die Möglichkeit des Gleiswechselbetriebs:

Stw.1, Neulengbach, 10.8.1987

Direkt vor dem kleinen Stellwerk lag die Weiche 8:

Stellwerk 1, Neulengbach, 10.8.1987

Der Schranken daneben war schon geschlossen, weil kurz darauf wieder ein Lokzug Richtung Wien durchratterte:

2067.089, Neulengbach, 10.8.1987

Am Gleis 4 stand eine Doppelgarnitur von 4030ern, die bald darauf Richtung Wien fahren wird:

4030.201, Neulengbach, 10.8.1987

6030.201, Neulengbach, 10.8.1987

Und zuletzt noch ein Bild des typischen Elisabethbahn-Gebäudes:

Bahnhof, Neulengbach, 10.8.1987

5 Kommentare:

  1. Wieder einmal ein sehr interessanter Bericht. Interessant ist auch, dass auch das neue VGS 80 anscheinend nicht schon ab Werk für Gleiswechselbetrieb in Richtung Linz ausgerüstet war, wie man an den einfachen Blockpfeilen schön sehen kann.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Tatsächlich - darauf hab ich gar nicht geschaut. Einfahrsignale wurden aber schon beide aufgestellt ...

      Löschen
    2. Interessant, dass die Weiche 55 elektrisch gestellt wurde, obwohl sie direkt unter dem Stellwerk lag. Normalerweise würde man annehmen, dass bei einem Stellwerk wo es sowohl manuell als auch elektrisch ferngestellte Weichen gibt, die Weichen die sich weiter weg vom Stellwerk befindent elekrisch gestellt werden und die näher beim Stellwerk befindlichen manuell ferngestellt werden.

      Löschen
    3. Ich denke, ein Grund war, dass diese doppelten Gleisverbindungen neu gebaut wurden und dort gleich "modernisierenderweise" elektrische Antriebe eingebaut wurden. Außerdem lagen diese Weichen in der Überhöhung, was mechanische Betätigung nicht gerade vereinfacht - auch das ist ein Grund für elektr.Antriebe.
      H.M.

      Löschen
  2. Zur Anmerkung von Leo.K.:
    Na ja. Schaltungstechnisch waren solche Stellwerke schon für Gleiswechselbetrieb ausgerüstet. Es gab sowohl Einfahrzugstraßen vom falschen Gleis (siehe 2.Einfahrsignal) aber auch Ausfahrten auf das falsche Gleis konnten gestellt werden. Da das Nachbarstellwerk noch nicht auf Gleiswechselbetreib umgebaut war, fehlten dann halt die Streckenblockbedingungen und das Ausfahrsignal blieb in halt. Damit das auf dem Stellpult eindeutig ist, hat man die Richtungswechseltasten und die Ausleuchtung der Richtungspfeile für die Gegengleisfahrten zunächst weggelassen.

    AntwortenLöschen