Samstag, 2. September 2017

Zwei Bahnhöfe in einem: St.Pölten Alpenbahnhof, 1989

Die schmalspurige Mariazellerbahn und die normalspurige Leobersdorfer Bahn über den Gerichtsberg hatten betrieblich kaum etwas miteinander zu tun, schon gar nicht Ende der 80er Jahre, als das Umladen zwischen den beiden Bahnen praktisch vollständig der Vergangenheit angehörte. Formal war St. Pölten Alpenbahnhof zwar ein Bahnhof, mit einem Bahnhofsvorstand, aber für die zwei Bereiche gab es jeweils eine eigene Fahrdienstleitung und natürlich auch getrennte Sicherungsanlagen. Am Alpenbahnhof war das Heizhaus der Mariazellerbahn, daneben befindet sich nahe dem Alpenbahnhof die Wagenhauptwerkstätte der ÖBB, und zuletzt sind dort auch die Voith-Werke, deren Generaldirektor Brenner damals fleißig mit dem Sammeln von Dampfloks beschäftigt war – das hat einige zusätzliche Schnappschüsse von mehr oder weniger verrosteten Maschinen ergeben.

Ich zeige die Fotos in der Reihenfolge her, wie sie auf meinem Film drauf waren – das geht etwas hin und her, aber sei's drum.

Als erstes sehen wir zwei Bilder des Stellwerks in der Fahrdienstleitung für den normalspurigen Teil. Auf der Leobersdorfer (oder Hainfelder) Seite gab es ein Endstellwerk, für das hier die drei nötigen Felder eines Befehlswerks vorhanden waren. Für den diesseitigen Bahnhofskopf hingegen diente das Stellwerk als Mittelstellwerk, sodass nur ein Ff-Feld vorhanden war. Zuletzt gab es noch ein Ze-Feld, das mit einem entsprechenden Za-Feld in Spratzern korrespondierte. Nur die Spitzenweiche 51 war von hier aus für Zugkreuzungen fernstellbar, die anderen Weichen waren ortsbedient und schlüsselgesperrt.

Wieso ich hier zweimal abgedrückt habe, weiß ich nicht, aber so entstand ein nettes Rätsel: Was ist der (einzige) Unterschied zwischen den beiden folgenden Bildern?

Sicherungsanlage, Fdl Leobersdorfer Bahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Sicherungsanlage, Fdl Leobersdorfer Bahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Hier sieht man den Bahnhof von außen, der Eingang zur Fahrdienstleitung ist ganz rechts:

Bahnhof, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Das nächste Bild zeigt schon die Hebelbank und Blockapparat der Sicherungsanlage für die Mariazellerbahn. Das Einfahrsignal von Gußwerk her war noch ein Formsignal, alle anderen Signale waren durch Lichtsignale ersetzt worden. Alle schwarz lackierten Hebel auf dieser Hebelbank sind Riegelhebel – die Weichen waren also durchgängig ortsbedient.

Stellwerk für Mariazellerbahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Der kleine Blockapparat hatte, wie auf vielen Mittelstellwerken üblich, nur zwei Fahrstraßenfestlegefelder:

Blockapparat, Fdl Mariazellerbahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Interessante Details kann man dem kleinen Signalpult entnehmen: Erstens einmal sieht man hier, dass es Richtung St.Pölten Hauptbahnhof einen Streckenblock gab (wie man auch in diesem Posting über die Stellwerke am Hauptbahnhof nachlesen kann). An Signalsymbolen sieht man
  • das Einfahrsignal A,r (samt seinem Vorsignal a) mit zugehöriger Signaltaste STA;
  • rechts ein Ausfahrsignal R1,3 für Ausfahrten Richtung Schwadorf mit Signaltaste STR;
  • darüber das Ausfahrsignal H1 samt Verschubsignal V1; für das Hauptsignal gab es die STH-Taste, das Verschubsignal wurde über einen Knebel an der Hebelbank gestellt;
  • darüber ein weiteres Ausfahrsignal H3-21 mit Verschubsignal. H3-21: Das sind (21 – 3) / 2 + 1 = 10 Gleise, von denen auf dieses eine Signal ausgefahren werden kann! Warum denn das? Ich denke, dass man damit aus beliebigen Abstellgleisen eine Garnitur zum Hauptbahnhof schieben konnte, ohne erst umständlich auf eines der Gleise 1 oder 3 zu rangieren. Das Verschubsignal an diesem Signal zeigt übrigens "Verschub erlaubt" – am Bild der Hebelbank kann man ganz links erkennen, dass neben dem dritten Riegeldoppelhebel der entsprechende Knebel umgelegt ist.
Für das Einfahrsignal von Gußwerk her gibt es kein Symbol, weil das ja noch ein Formsignal war.
Darüberhinaus sind noch eine SGT (Signalgruppentaste für das Freistellen), eine "GT Ers." (Gruppentaste für das Ersatzsignal) samt Zählwerk sowie eine HaGT (Haltgruppentaste für das Zurücknehmen eines Signals oder Ersatzsignals) auf dem Pult angebracht:

Signalpult, Fdl Mariazellerbahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Hier ist der Gleisplan der Fahrstraßenprüfbereiche. Im Unterschied zu den Anschriften am Signalpult sind hier nur drei Hauptgleise hinter dem Gleis 1 eingezeichnet (und nicht zehn). Die gelben Klebeziffern am Signalpult lassen aber vermuten, dass es hier in den Jahren davor Änderungen gab, die man hier nicht nachgetragen hat ...

Gleisplan der Hauptgleise, Fdl Mariazellerbahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Das waren alle Bilder aus der Fahrdienstleitung der Mariazellerbahn – weiter geht es draußen:

1099.005, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Der Lokführer hat mich freundlicherweise auf den engen Führerstand gelassen, wo diese beiden Bilder entstanden sind:

Führerstand der 1099.005, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Führerstand der 1099.005, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Rechts hinter dem Zug kann man das auf Frei stehende Ausfahrsignal H1 erkennen – offenbar wird diese Garnitur nun also leer zum Hauptbahnhof zurückgedrückt, um von dort dann eine Fahrt Richtung Mariazell zu beginnen:

1099.005, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

1099.005, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Als Reserve war am Alpenbahnhof üblicherweise diese 2092 zugange:

2092.001, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Vor der Remise stehen hier drei 1099er, drinnen mindestens eine weitere:

1099.006, 1099.010 und 1099.012, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

1099.006, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Die alte 2093 aus den 20er Jahren war restauriert worden und stand auch in der Zugförderung herum:

2093 001, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Am südlichen Ende des Normalspurteils habe ich noch Bilder am Stellwerk 1 aufgenommen. Hier sieht man, ziemlich abgeschnitten und mit dem Geist des Stellwerks, die Sicherungsanlage:

Sicherungsanlage, Stw.1, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Statt der Formsignalhebel waren Hebelersatzschlösser montiert worden:

Signalschlösser auf der Hebelbank, Stw.1, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Neben dem Blockapparat (der keine Besonderheit hat) war das Schlüsselwerk für die Lichtsignale auf den Schieberkasten gestellt worden:

Blockapparat und Schlüsselwerk für Signale, Stw.1, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Für die drei Hauptgleise reichte dieser kleine Gleisanzeiger mit zwei Fahrstraßenknebeln am Schieberkasten:

Gleisanzeiger, Stw.1, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Und hier sieht man das gar nicht kleine Stellwerksgebäude von außen:

Stellwerk 1, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

1989 hatte Brenner die Pt47 138 aus Polen gekauft, um sie später als 919.138 bei Sonderfahrten einzusetzen. Ende April stand sie noch unaufgearbeitet am Alpenbahnhof:

Pt47 138, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Pt47 138, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Als Denkmal war diese Zahnradlok vom Erzberg aufgestellt:

69.06, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Vom Leobersdorfer Bahnsteig habe ich im regnerischen Wetter noch einmal auf die Mariazellerbahnseite hinüberfotografiert, wo man das niedrige Bahnhofsgebäude sehen kann:

Bahnhofsgebäude an der Mariazellerbahn, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

Und dann habe ich mich mit diesem Zug in die niederösterreichischen Alpen begeben:

2143 017 + 2143 028, St.Pölten Alpenbf., 30.4.1989

2 Kommentare:

  1. Die Sicherungsanlagen am Normalspurbahnhof sind noch die gleichen. Lediglich wurde ein Mittelbahnsteig errichtet und vermutlich 1 Gleis geopfert. Der Schmalspurbahnhof wird jetzt komplett umgebaut und die alte Sicherungsanlage wird sicher auch ersetzt werden.

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    1. Das Gleis 1 wurde nicht geopfert. Es wurde nur in Richtung Aufnahmegebäude verlegt, wo vorher der Seitenbahnsteig war.

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