Freitag, 13. September 2019

Historische Fotos aus Innichen, Mai 1990

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Im Mai 1990 sind wir von Lienz aus, wo wir den 60. Geburtstag meiner Mutter gefeiert hatten, mit der Bahn zu einem Italienurlaub aufgebrochen. Und beim Umsteigen in Innichen konnte ich da zufällig drei Bilder aufnehmen, die ich tatsächlich als historisch bezeichnen würde. Vorher kommen aber noch drei Bilder, die sozusagen jedermann aufnehmen hätte können ...

Innichen hatte damals tatsächlich noch eine mechanische Sicherungsanlage mit zwei Endstellwerken – und auf der Lienzer Seite standen dafür noch zwei Formsignale. Das erste, das Vorsignal, war allerdings schon lange nicht mehr eingebunden und stand immer in Stellung Vorsicht (ich habe es auch sieben Jahre vorher aufgenommen):

Einfahrvorsignal, San Candido/Innichen, Mai 1990

Das Einfahrsignal, ein klassisches österreichisches zweiarmiges Formsignal, war dagegen – wie auch zwei Jahre vorher – stellbar:

Einfahrsignal, San Candido/Innichen, Mai 1990

Die Elektrifizierung war fertiggestellt, und für einige Jahre war der Güterverkehr auf dieser Strecke groß genug, dass sich in Innichen immer wieder mehrere Triebfahrzeuge der zwei Bahnen trafen. Ein Exemplar der damals relativ neuen kleinen Verschubloks der Reihe 214.4000 war dort auch stationiert und offenbar gut beschäftigt:

ÖBB 1044.019, FS E636 065, ÖBB 1042.630 und FS 214 4168, San Candido/Innichen, Mai 1990

Hier kommen nun aber die noch interessanteren Bilder – nämlich von den Sicherungsanlagen. Damals war es in Italien nicht leicht, zu Sicherungsanlagen vorzudringen – schon gar nicht, wenn man so wie ich praktisch kein Wort italienisch kann. Nun ist Innichen alter Tiroler Boden, aber die Herren auf der Eisenbahn verstanden in den meisten Fällen kein Wort deutsch (ob tatsächlich oder weil sie das so wollten, will ich nicht beurteilen). Aber irgendwie habe ich es geschafft, für einige Minuten in die Fahrdienstleitung zu kommen – und dort stand tatsächlich das alte Befehlswerk noch aus Monarchiezeiten: Es muss zu diesem Zeitpunkt also um die 75 Jahre oder älter gewesen sein. Von der Bauart war es ein Siemens&Halske-Knebelwerk, noch mit der ganz alten Knebelbauart. Die Aufschriften waren natürlich schon in den 1920ern gegen italienischsprachige getauscht worden, und so stand da nun, von rechts nach links, auf wunderschön gegossenen Schildern:
  • Arrivi da Lienz
  • Chiusura deviatoi
  • Partenze per Lienz
  • Partenze per Fortezza
  • Chiusura deviatoi
  • Arrivi da Fortezza
oder, auf deutsch,
  • Einfahrten aus Lienz
  • Verschluss der Weichen [Richtung Lienz]
  • Ausfahrten nach Lienz
  • Ausfahrten nach Franzensfeste
  • Verschluss der Weichen [Richtung Franzensfeste]
  • Einfahrten aus Franzensfeste
Leider konnte ich die Anlagen auf den Stellwerken nicht aufnehmen (schon aus Zeitgründen, wegen unseres Anschlusses; aber ich bezweifle, dass mich irgendjemand auch nur in die Nähe der Stellwerke gelassen hätte); ich würde annehmen, dass dort noch die alten SBW500-Apparate aus Südbahnzeiten gestanden sind. Zusammen waren das sicher die letzten Anlagen österreichischer Typen in Italien, weil sowohl im Kanaltal wie auch auf der Brennerbahn (inklusive Brennero/Brenner) längst italienische Anlagen in Betrieb waren – nur hier, wo auf der ÖBB-Seite ein österreichisches Signal nötig war, hatte es bis zur Elektrifizierung keinen Grund oder auch keine gemeinsame Basis gegeben, die Anlagen zu modernisieren.

Wie auch immer: Ich bilde mir ein, dass außer mir niemand eine Aufnahme dieses Apparats besitzen dürfte:

Befehlswerk, Fdl, San Candido/Innichen, Mai 1990

Auf einer zweiten Aufnahme sieht man die Vorderseite leider viel dunkler. Dafür kann man an der Seite die "Zulieferung aus Österreich" in Form der Erinnerungsschilder für Hilfssperren erkennen:

Befehlswerk, Fdl, San Candido/Innichen, Mai 1990

Zuletzt gibt es noch ein weiteres Bild, nämlich vom Bedienpult der neuen Sicherungsanlage, die hier gerade geprüft wird. Davor sitzt der Fahrdienstleiter (capo del movimento), der hier offenbar ganz klassisch eine Meldung in einem Vormerk erfasst:

Bedienpult des neuen Relaisstellwerks, Fdl, San Candido/Innichen, Mai 1990

Das war's von diesem altösterreichischen und dann italienischen Bahnhof, den ich danach nie mehr besucht habe. Vielleicht findet jemand diese Bilder so interessant wie ich!

4 Kommentare:

  1. Griaß Di, Harald,

    die Eisenbahner in Südtirol müssen alle Deutsch können; wenn sie das verleugnen, dann verar...en sie einen, und das tun sie gerne und oft.

    Die Blockfelder "Verschluß der Weichen nach ..." auf der Anlage in Innichen entsprechen wohl den österreichischen Fa-Feldern. Der Fahrstraßenverschluß findet bei der gezeigten Stellwerksform (wie bei allen Regelstellwerken) durch Umlegen der entsprechenden Fahrstraßenknagge im Wärterstellwerk statt. Durch das daraufhin folgende Blocken des Ff-Feldes durch den StwW unter gleichzeitiger Entblockung des Fa-Feldes am Befehlswerk des Fdl findet die Festlegung der Fahrstraße statt; aber das weißt Du ja wohl. Diese doppelte Sicherung ist ein österreichisches Spezifikum, vor allem bei mechanischen Anlagen.

    Zum Abschluß Deiner Präsentation alter Sicherungsanlagen sei Dir jedenfalls herzlicher Dank ausgesprochen. Dein Blog ist eine unschätzbar wertvolle Quelle für Liebhaber und Fachleute von Sicherungsanlagen, nicht nur der Bilder, sondern auch der Erklärungen und Beschreibungen halber. Ich hoffe, er bleibt noch lange online, sonst muß ich mir etwas einfallen lassen, um das alles (zumindest für mich) zu sichern.

    Es grüßt Dich herzlich
    SiDi,
    der Signalmeister aus Wörgl

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    1. Erklärungen sind immer gut - wer weiß, wer hier vorbeistolpert und sich drüber freut ...
      Und das Blog wird "für immer" (solange "Gott Google" will) online bleiben; ein paar Ideen habe ich schon noch für Postings über die nächsten Jahre ...

      H.M.

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  2. Ich bin zwar fachfremd und nur deutsch-italienischer Eisenbahnenthusiast, aber ich finde die Dokumentationen sehr interessant, schön und erhaltenswert!

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