Mittwoch, 21. Oktober 2020

Sicherungstechnische Pläne von Piding - die Abhängigkeiten, 2020

Endlich, nach dem Verschlussplankopf, nun die Abhängigkeiten im Verschlussplan! Hier ist der ganze Plan – die Abhängigkeiten zu den Blockfeldern rechts habe ich allerdings weggelassen. Die Leseanleitung folgt gleich, sie ist der eigentliche Inhalt dieses Postings (ein Klick auf dieses und die weiteren Bilder öffnet etwas größere Darstellungen, die ein wenig besser lesbar sind):

Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Den Verschlussplan "liest" man zeilenweise: Links draußen steht eine Fahrt, z.B. "von Ha nach Pi Gleis 2", also "von Hammerau nach Piding in Gleis 2"; und rechts steht nun der Reihe nach
  • wie die Weichen und Riegel dafür stehen müssen;
  • dann ganz rechts, wie andere Fahrstraßenhebel stehen müssen (um z.B. Gegeneinfahrten zu verhindern!);
  • und schließlich in der Mitte, welche Signale dadurch freigegeben werden.
Um diese Zeilen lesen zu können, muss man natürlich die Symbole darin verstehen. Hier kommt ein kurzer Überblick; dazu habe ich jeweils Teile des Plans eng zusammenkopiert, sodass man nur die erklärten Symbole sieht.

Bei den Einträgen stehen manchmal kleine Ziffern, die die Bedienungsreihenfolge der Hebel bis zum Freistellen angeben (besten Dank an ein paar drehscheibe-online-Schreiber, die mir das wieder beigebracht haben!). Ich gehe auf sie nicht weiter ein – am besten selber überlegen, wieso das so sein muss – vielleicht auch nach dem Lesen der folgenden Erklärungen!

Im Bereich der Stellelemente (Weichen und Riegel, dort finden sich aber bei Bedarf auch Sperrschuhe und Hebelersatzschlösser) gibt es auf diesem Plan vier mögliche Symbole, die man am nächsten Bild rechts außen sieht:
  • + ... ganz genau bedeutet das: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen. Dazu muss er aber natürlich vorher in der passenden Stellung stehen, und deshalb ist die Handlungsanweisung: "Stelle der Hebel in diese Stellung, bevor die Fahrstraße verschlossen wird". Im folgenden Bild ist das in der Zeile 7 für die Weiche 10 der Fall, die bei der Einfahrt von Reichenhall ins durchgehende Hauptgleis 2 in die Gerade – die hier die Grundstellung ist – stehen muss.
  • ... Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der umgelegten Stellung verschlossen. Eine Weiche muss also gegen die Grundstellung gestellt werden, und ein Riegelhebel muss umgelegt werden, weil Riegel in der Grundstellung entriegelt sind. Hier ist das einerseits für Riegel VII in Zeile 7 und andererseits für Riegel VIII in Zeile 8 der Fall, weil die von der Spitze her befahrene Weiche 10 dann jeweils passend geriegelt sein muss.
  • durchgestrichenes + ... der Hebel muss für das Einlegen der Fahrstraße in Grundstellung stehen, wird aber nicht verschlossen. Das ist üblicherweise bei Weichen im Durchrutschweg der Fall; ihre Stellung soll für den Fall des Durchrutschens natürlich passend sein, damit es dann kein Auffahren der Weiche gibt, mit Ausscheren des Weichenhebels und daraufhin Riesen-Trara, bis alles wieder geht. Hier sehen wir das in Zeile 1 für die Fahrt von Hammerau her ins Gleis 2: Wenn der Zug über die Weiche 10 durchrutscht, dann soll die bitte in gerader Stellung liegen.
  • durchgestrichenes – ... die Weiche muss gegen die Grundstellung stehen, wird aber nicht verschlossen. Hier ist das für ein Durchrutschen bei der Fahrt von Hammerau ins Gleis 1 so gewollt.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

(Es gibt noch zwei weitere wichtige Symbole für diesen Bereich, nämlich wenn eine Weiche Flankenschutz gewähren soll – bevor ich mich aber verzettle, lasse ich das lieber weg. Das Internet erklärt das sicher irgendwo, vielleicht zeige ich auch einmal einem Verschlussplan damit her).

Das nächste Bild zeigt die Abhängigkeiten zwischen Fahrstraßenhebeln. Hier kommen vor:
  • + ... die Bedeutung ist gleich wie bei den Weichen: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen; oder noch genauer: Es wird verhindert, dass er für diese Fahrstraße umgelegt wird. Der feine Unterschied ergibt sich daraus, dass auf einem Fahrstraßenhebel zwei Fahrstraßen liegen können, und daher wird das + für zwei Fälle verwendet: (a) Der Hebel kann nicht für diese Fahrstraße umgelegt werden, weil die eingelegte Fahrstraße auch auf demselben Hebel liegt, d.h. er wird grad in die andere Stellung gelegt! Im Bild sieht man das in der Zeile 7 für die Fahrstraße f1: Sie liegt auf demselben Hebel wie f21. (b) Er kann nicht umgelegt werden, weil ein "Fahrwegelement" – meistens eine Weiche – nicht passend liegt. Hier sehen wir das in der Zeile 7 ganz rechts außen: Für die Fahrt d müsste die Weiche 10 gegen die Grundstellung stehen (schauen wir uns gleich am Gleisplan an!), für unsere Einfahrt aber in Grundstellung. Beides zugleich geht nicht, damit kann der Fahrstraßenhebel für d nicht umgelegt werden.
  • ... auch hier ist die Bedeutung prinzipiell wie bei den Weichen: Der Hebel wird gegen die Grundstellung verschlossen. Praktisch tritt das bei normalen Gleisplänen aber nur in einem Fall auf, nämlich wenn der Hebel "er selbst ist": Im Bild sehen wir, dass ein – jeweils bei gleichen Fahrstraße steht.
  • schraffiertes + ... das ist eigentlich der interessanteste Fall: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen, und dafür ist ein besonderer Verschluss nötig. Das ist für Fahrstraßen der Fall, die auf anderen Hebeln liegen und wo keine verschieden liegenden Weichen usw. vorhanden sind. Ein klassischer Fall sind Gegeneinfahrten, ein anderer sind Ein- und entgegengesetzte Ausfahrt am selben Gleis, was natürlich beides verhindert werden muss.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Zuletzt gibt es noch die Symbole unter den Signalhebeln:
  • einflügelig frei ... wenn die eingelegte Fahrstraße den Signalhebel dafür freigibt;
  • zweiflügelig frei ... entsprechend;
  • halt ... interessanterweise gibt es in manchen Fällen diesen zusätzlich eingezeichneten Verschluss. Wieso er nötig ist, ist mir nicht klar.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Mit diesem gesammelten Notationswissen können wir nun die einzelnen Fahrstraßenzeilen studieren. Zu Beginn zeige ich hier noch einmal sehr abstrahiert den wirklich sehr einfachen Gleisplan von Piding mit seinen zwei Hauptgleisen 1 und 2 (Gleis 2 ist das durchgehende), sechs Hauptsignalen (Vorsignale habe ich weggelassen) und den beiden Weichen:


Der Reihe nach studieren wir nun die einzelnen Fahrstraßen. Das erste Bild zeigt die Einfahrt f2 aus Bad Reichenhall in Gleis 2 und die Ausfahrt c Richtung Hammerau (im Folgenden erspare ich mir in Skizzen und Text die hochgestellte 1 für Hp 1). Die Signale habe ich nun ein wenig von den Gleisen entfernt gezeichnet, damit die farbigen Striche der Fahrstraßen hinpassen (es werden noch mehr). Die Fahrstraße f2 endet zwar am Signal C, aber dahinter ist noch der Durchrutschweg eingezeichnet, der über die Weiche 3 hinausreicht:


Das nächste Bild zeigt die Einträge für diese beiden Fahrten im Verschlussplan. Wir beginnen mit der Einfahrt und füllen der Reihe nach nun die einzelnen Bereiche aus:
  • Weichenstellung: Die Weiche 10 wird in Grundstellung festgelegt (+) und geriegelt (Riegel VII –); die Weiche 3 im Durchrutschweg muss in Grundstellung gestellt werden (durchgestrichenes +).
  • Fahrstraßenausschlüsse ganz rechts: Fast alle anderen Fahrstraßen sind ausgeschlossen, auch die Einfahrt a1, weil sie einen Teil des Durchrutschweges von f2 beanspruchen würde. Die einzige Ausnahme ist die Ausfahrt c "in der Verlängerung", weil ja Durchfahrten am Gleis 2 erlaubt sind. Wie sind die genauen Symbole? Bei f2 steht natürlich ein –, weil das die Hebelstellung für diese Fahrstraße selbst ist. Die Fahrstraße f1 für die Einfahrt ins andere Gleis kann nicht eingelegt werden, weil die Weiche 10 anders stehen müsste (und weil sie am selben Fahrstraßenhebel liegt), daher erhält sie ein +. Auch die Ausfahrt d ist wegen anderen Stellung der Weiche 10 unmöglich. Alle anderen Fahrten sind aber prinzipiell möglich: Die Gegenausfahrt auf E und alle Ein- und Ausfahrten am anderen Bahnhofskopf, weil die Weiche 3 ja nicht verschlossen wird. Daher muss man alle diese Fahrstraßen (bis auf c, wegen der erlaubten Durchfahrt) auch mit besonderen Ausschlüssen verhindern, und daher werden sie mit schraffierten + markiert.
  • Signalfreigaben: Das Einfahrsignal F wird für Hp 1 freigegeben.
Für die Ausfahrt habe ich die Einträge direkt darunter hingeschoben. Dadurch sind nun die Kopierzeichen " vorne leider missverständlich; hier sollte stehen "aus Gleis 2 nach Ha":
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung festgelegt (+), aber keine Verriegelung nötig, weil ja vom Herzstück her befahren.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle anderen Fahrten am selben Bahnhofskopf sind natürlich augeschlossen; daher hat c selbst ein –, die zwei Gegeneinfahrten a2 und a21 brauchen einen besonderen Verschluss (schraffiertes +), die Fahrstraßen a1 und b sind wegen Minusstellung der Weiche 3 nicht möglich (+). Am anderen Bahnhofskopf ist alles erlaubt: Ausfahrten sowieso, sie führen ja von c weg (auch eine Ausfahrt e aus demselben Gleis 2 ist möglich! – zwei kurze Züge könnten auf Gleis 2 stehen und jeweils in entgegengesetzte Richtung ausfahren), Einfahrt f2 in Gleis 2 auch wegen erlaubter Durchfahrt; aber auch – und das ist unüblich – eine gleichzeitige Einfahrt f1 ins Gleis 1. Das geht nur, weil das Signal B weit vor der Weiche 3 steht und daher der Durchrutschweg dieser Einfahrt nicht bis zu dieser Weiche und damit in die Fahrstraße c reicht.
  • Signalfreigaben: Das Ausfahrsignal C wird für Hp 1 freigegeben. Wieso das Signal B zusätzlich in Haltstellung verschlossen wird, obwohl ja die Fahrstraße b schon ausgeschlossen ist, ist mir nicht klar.

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Als nächstes schauen wir uns die Fahrten am Gleis 2 der Gegenrichtung an. Hier gibt es in Piding, wie schon ein paar Mal erwähnt, die Besonderheit, dass für die Einfahrt von Hammerau her zwei Fahrstraßen vorgesehen sind – vermutlich ist sowas nur auf ganz wenigen mechanischen Stellwerken eingerichtet. Die Fahrt auf Hp 1 habe ich hier mit a2 bezeichnet, die Fahrt auf Hp 2 mit a2(60) – sie hat den verkürzten Durchrutschweg, der nicht bis zu Weiche 10 reicht:


Um die Ausschlüsse herauszufinden, brauchen wir allerdings wieder alle Fahrstraßen, die ich hier nun explizit eingezeichnet habe. Die drei Fahrstraßen, die uns interessieren, haben etwas dickere Pfeile bekommen:


Und los geht's, zuerst mit der "normalen Einfahrt" a2:
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung geriegelt, Weiche 10 im Durchrutschweg in Grundstellung gestellt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle Fahrstraßen außer der Ausfahrt e "in der Verlängerung" für die Durchfahrt (und natürlich der Fahrstraße a2 selbst) sind ausgeschlossen; die meisten mit besonderen Ausschlüssen, die Fahrstraßen am selben Bahnhofskopf in und aus Gleis 1 aber wegen anderer Weichenstellung ohne besonderen Ausschluss.
  • Signalfreigaben: Einfahrsignal A mit Hp 1 freigegeben.
Die Ausfahrt e am anderen Ende ist auch analog wie c:
  • Weichenstellung: Weiche 10 in Grundstellung gestellt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle Fahrstraßen am selben Bahnhofskopf ausgeschlossen; Ausfahrten am anderen Bahnhofskopf und die Einfahrt ins Gleis 2 für eine Durchfahrt erlaubt. Hier ist aber die Einfahrt ins andere Gleis 1 ausgeschlossen, weil ihr Durchrutschweg hinter dem Signal D in die Weiche 10 hineinreicht.
  • Signalfreigaben: Ausfahrsignal E mit Hp 1 freigegeben.
Zuletzt noch die besondere Einfahrt a2(60) mit 60 km/h auf Hp 2 ins durchgehende Hauptgleis 2:
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung geriegelt, aber Weiche 10 nun irrelevant.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Fast wie bei a2, nur sind nun die Einfahrt f1 aus der Gegenrichtung aufs Kreuzungsgleis und auch die Ausfahrt d daraus erlaubt. Die letztere Fahrt macht in der Praxis vermutlich kaum einen Sinn, aber die Einfahrt f1 erlaubt nun eben, Kreuzungen durchzuführen, ohne dass ein Zug vor einem Einfahrsignal warten muss – der ganze Sinn der Sache (außer dass momentan in Piding fahrplanmäßig nicht gekreuzt wird ...).
  • Signalfreigaben: Einfahrsignal A mit Hp 2 freigegeben, wegen des verkürzten Durchrutschweges von 100 m.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Einfahrt und Ausfahrt für Gleis 1 in Richtung Freilassing sind jetzt sicher schon klar. Hier ist das Diagramm dazu:


Und hier die Aufstellung der Ausschlüsse zuerst für die Einfahrt f1:
  • Weichenstellung: Weiche 10 gegen die Grundstellung und geriegelt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Nichts anderes geht, außer der Einfahrt a2(60) in Gleis 2 mit kurzem Durchrutschweg für diese wichtige Kreuzungsmöglichkeit und einer nur theoretisch interessanten gleichzeitigen Ausfahrt c Richtung Hammerau. Die Ausfahrt b ist ausgeschlossen, weil am Gleis 1 keine Durchfahrten erlaubt sind.
  • Signalfreigaben: Natürlich Einfahrsignal F mit Hp 2 freigegeben.
Die Ausfahrt b auf der anderen Seite erlaubt keine anderen Fahrten am gleichen Bahnhofskopf (schließt also alles mit a und c aus), aber auch die Einfahrt f1 ist wegen verbotener Durchfahrt und die f2 wegen überlappendem Durchrutschweg ausgeschlossen. Nur die Ausfahrten d und e könnten gleichzeitig stattfinden:

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Zuletzt fehlen noch die Einfahrt a1 und die Ausfahrt d:


Die erstere ist zwar voll eingerichtet, aber wie besprochen wegen des Reisendenübergangs nicht einlegbar. Die Ausfahrt d ist ganz analog zur Ausfahrt b, nur "umgekehrt". Ich erspare mir die nun schon eher telefonbuchartige Aufzählung und denke, dass jeder, der die obigen Anmerkungen mit Freude durchgelesen hat, nun auch mit Vergnügen selber die letzten Symbole zusammensammelt. Hier ist das Ergebnis:

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020


Und damit belasse ich's mit diesem Plan, und diesem Bahnhof!

Wenn man bedenkt, dass dies fast der kleinstmögliche Plan für einen Durchgangsbahnhof ist (die eine Besonderheit der kurzen Einfahrt macht ihn ein wenig "größer"), dann ist das schon ein enormer Planungs- und Denkaufwand, den man hier treiben muss, damit das alles vom Konzept her sicher ist; gar nicht zu denken an den realen Bau der Anlagen, innen wie außen, die diese Regeln dann sicherstellen müssen. Und das musste und muss für alle Bahnhöfe durchprojektiert werden, die irgendwann einmal Stellwerke erhalten haben oder erhalten werden.

Nächstens dann Fotos von anderen Formsignalen, darunter einem weiteren, das erst 2016 aufgestellt wurde.

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