Mittwoch, 21. Oktober 2020

Sicherungstechnische Pläne von Piding - die Abhängigkeiten, 2020

Endlich, nach dem Verschlussplankopf, nun die Abhängigkeiten im Verschlussplan! Hier ist der ganze Plan – die Abhängigkeiten zu den Blockfeldern rechts habe ich allerdings weggelassen. Die Leseanleitung folgt gleich, sie ist der eigentliche Inhalt dieses Postings (ein Klick auf dieses und die weiteren Bilder öffnet etwas größere Darstellungen, die ein wenig besser lesbar sind):

Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Den Verschlussplan "liest" man zeilenweise: Links draußen steht eine Fahrt, z.B. "von Ha nach Pi Gleis 2", also "von Hammerau nach Piding in Gleis 2"; und rechts steht nun der Reihe nach
  • wie die Weichen und Riegel dafür stehen müssen;
  • dann ganz rechts, wie andere Fahrstraßenhebel stehen müssen (um z.B. Gegeneinfahrten zu verhindern!);
  • und schließlich in der Mitte, welche Signale dadurch freigegeben werden.
Um diese Zeilen lesen zu können, muss man natürlich die Symbole darin verstehen. Hier kommt ein kurzer Überblick; dazu habe ich jeweils Teile des Plans eng zusammenkopiert, sodass man nur die erklärten Symbole sieht.

Bei den Einträgen stehen manchmal kleine Ziffern, die die Bedienungsreihenfolge der Hebel bis zum Freistellen angeben (besten Dank an ein paar drehscheibe-online-Schreiber, die mir das wieder beigebracht haben!). Ich gehe auf sie nicht weiter ein – am besten selber überlegen, wieso das so sein muss – vielleicht auch nach dem Lesen der folgenden Erklärungen!

Im Bereich der Stellelemente (Weichen und Riegel, dort finden sich aber bei Bedarf auch Sperrschuhe und Hebelersatzschlösser) gibt es auf diesem Plan vier mögliche Symbole, die man am nächsten Bild rechts außen sieht:
  • + ... ganz genau bedeutet das: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen. Dazu muss er aber natürlich vorher in der passenden Stellung stehen, und deshalb ist die Handlungsanweisung: "Stelle der Hebel in diese Stellung, bevor die Fahrstraße verschlossen wird". Im folgenden Bild ist das in der Zeile 7 für die Weiche 10 der Fall, die bei der Einfahrt von Reichenhall ins durchgehende Hauptgleis 2 in die Gerade – die hier die Grundstellung ist – stehen muss.
  • ... Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der umgelegten Stellung verschlossen. Eine Weiche muss also gegen die Grundstellung gestellt werden, und ein Riegelhebel muss umgelegt werden, weil Riegel in der Grundstellung entriegelt sind. Hier ist das einerseits für Riegel VII in Zeile 7 und andererseits für Riegel VIII in Zeile 8 der Fall, weil die von der Spitze her befahrene Weiche 10 dann jeweils passend geriegelt sein muss.
  • durchgestrichenes + ... der Hebel muss für das Einlegen der Fahrstraße in Grundstellung stehen, wird aber nicht verschlossen. Das ist üblicherweise bei Weichen im Durchrutschweg der Fall; ihre Stellung soll für den Fall des Durchrutschens natürlich passend sein, damit es dann kein Auffahren der Weiche gibt, mit Ausscheren des Weichenhebels und daraufhin Riesen-Trara, bis alles wieder geht. Hier sehen wir das in Zeile 1 für die Fahrt von Hammerau her ins Gleis 2: Wenn der Zug über die Weiche 10 durchrutscht, dann soll die bitte in gerader Stellung liegen.
  • durchgestrichenes – ... die Weiche muss gegen die Grundstellung stehen, wird aber nicht verschlossen. Hier ist das für ein Durchrutschen bei der Fahrt von Hammerau ins Gleis 1 so gewollt.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

(Es gibt noch zwei weitere wichtige Symbole für diesen Bereich, nämlich wenn eine Weiche Flankenschutz gewähren soll – bevor ich mich aber verzettle, lasse ich das lieber weg. Das Internet erklärt das sicher irgendwo, vielleicht zeige ich auch einmal einem Verschlussplan damit her).

Das nächste Bild zeigt die Abhängigkeiten zwischen Fahrstraßenhebeln. Hier kommen vor:
  • + ... die Bedeutung ist gleich wie bei den Weichen: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen; oder noch genauer: Es wird verhindert, dass er für diese Fahrstraße umgelegt wird. Der feine Unterschied ergibt sich daraus, dass auf einem Fahrstraßenhebel zwei Fahrstraßen liegen können, und daher wird das + für zwei Fälle verwendet: (a) Der Hebel kann nicht für diese Fahrstraße umgelegt werden, weil die eingelegte Fahrstraße auch auf demselben Hebel liegt, d.h. er wird grad in die andere Stellung gelegt! Im Bild sieht man das in der Zeile 7 für die Fahrstraße f1: Sie liegt auf demselben Hebel wie f21. (b) Er kann nicht umgelegt werden, weil ein "Fahrwegelement" – meistens eine Weiche – nicht passend liegt. Hier sehen wir das in der Zeile 7 ganz rechts außen: Für die Fahrt d müsste die Weiche 10 gegen die Grundstellung stehen (schauen wir uns gleich am Gleisplan an!), für unsere Einfahrt aber in Grundstellung. Beides zugleich geht nicht, damit kann der Fahrstraßenhebel für d nicht umgelegt werden.
  • ... auch hier ist die Bedeutung prinzipiell wie bei den Weichen: Der Hebel wird gegen die Grundstellung verschlossen. Praktisch tritt das bei normalen Gleisplänen aber nur in einem Fall auf, nämlich wenn der Hebel "er selbst ist": Im Bild sehen wir, dass ein – jeweils bei gleichen Fahrstraße steht.
  • schraffiertes + ... das ist eigentlich der interessanteste Fall: Der Hebel wird beim Einlegen der Fahrstraße in der Grundstellung verschlossen, und dafür ist ein besonderer Verschluss nötig. Das ist für Fahrstraßen der Fall, die auf anderen Hebeln liegen und wo keine verschieden liegenden Weichen usw. vorhanden sind. Ein klassischer Fall sind Gegeneinfahrten, ein anderer sind Ein- und entgegengesetzte Ausfahrt am selben Gleis, was natürlich beides verhindert werden muss.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Zuletzt gibt es noch die Symbole unter den Signalhebeln:
  • einflügelig frei ... wenn die eingelegte Fahrstraße den Signalhebel dafür freigibt;
  • zweiflügelig frei ... entsprechend;
  • halt ... interessanterweise gibt es in manchen Fällen diesen zusätzlich eingezeichneten Verschluss. Wieso er nötig ist, ist mir nicht klar.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Mit diesem gesammelten Notationswissen können wir nun die einzelnen Fahrstraßenzeilen studieren. Zu Beginn zeige ich hier noch einmal sehr abstrahiert den wirklich sehr einfachen Gleisplan von Piding mit seinen zwei Hauptgleisen 1 und 2 (Gleis 2 ist das durchgehende), sechs Hauptsignalen (Vorsignale habe ich weggelassen) und den beiden Weichen:


Der Reihe nach studieren wir nun die einzelnen Fahrstraßen. Das erste Bild zeigt die Einfahrt f2 aus Bad Reichenhall in Gleis 2 und die Ausfahrt c Richtung Hammerau (im Folgenden erspare ich mir in Skizzen und Text die hochgestellte 1 für Hp 1). Die Signale habe ich nun ein wenig von den Gleisen entfernt gezeichnet, damit die farbigen Striche der Fahrstraßen hinpassen (es werden noch mehr). Die Fahrstraße f2 endet zwar am Signal C, aber dahinter ist noch der Durchrutschweg eingezeichnet, der über die Weiche 3 hinausreicht:


Das nächste Bild zeigt die Einträge für diese beiden Fahrten im Verschlussplan. Wir beginnen mit der Einfahrt und füllen der Reihe nach nun die einzelnen Bereiche aus:
  • Weichenstellung: Die Weiche 10 wird in Grundstellung festgelegt (+) und geriegelt (Riegel VII –); die Weiche 3 im Durchrutschweg muss in Grundstellung gestellt werden (durchgestrichenes +).
  • Fahrstraßenausschlüsse ganz rechts: Fast alle anderen Fahrstraßen sind ausgeschlossen, auch die Einfahrt a1, weil sie einen Teil des Durchrutschweges von f2 beanspruchen würde. Die einzige Ausnahme ist die Ausfahrt c "in der Verlängerung", weil ja Durchfahrten am Gleis 2 erlaubt sind. Wie sind die genauen Symbole? Bei f2 steht natürlich ein –, weil das die Hebelstellung für diese Fahrstraße selbst ist. Die Fahrstraße f1 für die Einfahrt ins andere Gleis kann nicht eingelegt werden, weil die Weiche 10 anders stehen müsste (und weil sie am selben Fahrstraßenhebel liegt), daher erhält sie ein +. Auch die Ausfahrt d ist wegen anderen Stellung der Weiche 10 unmöglich. Alle anderen Fahrten sind aber prinzipiell möglich: Die Gegenausfahrt auf E und alle Ein- und Ausfahrten am anderen Bahnhofskopf, weil die Weiche 3 ja nicht verschlossen wird. Daher muss man alle diese Fahrstraßen (bis auf c, wegen der erlaubten Durchfahrt) auch mit besonderen Ausschlüssen verhindern, und daher werden sie mit schraffierten + markiert.
  • Signalfreigaben: Das Einfahrsignal F wird für Hp 1 freigegeben.
Für die Ausfahrt habe ich die Einträge direkt darunter hingeschoben. Dadurch sind nun die Kopierzeichen " vorne leider missverständlich; hier sollte stehen "aus Gleis 2 nach Ha":
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung festgelegt (+), aber keine Verriegelung nötig, weil ja vom Herzstück her befahren.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle anderen Fahrten am selben Bahnhofskopf sind natürlich augeschlossen; daher hat c selbst ein –, die zwei Gegeneinfahrten a2 und a21 brauchen einen besonderen Verschluss (schraffiertes +), die Fahrstraßen a1 und b sind wegen Minusstellung der Weiche 3 nicht möglich (+). Am anderen Bahnhofskopf ist alles erlaubt: Ausfahrten sowieso, sie führen ja von c weg (auch eine Ausfahrt e aus demselben Gleis 2 ist möglich! – zwei kurze Züge könnten auf Gleis 2 stehen und jeweils in entgegengesetzte Richtung ausfahren), Einfahrt f2 in Gleis 2 auch wegen erlaubter Durchfahrt; aber auch – und das ist unüblich – eine gleichzeitige Einfahrt f1 ins Gleis 1. Das geht nur, weil das Signal B weit vor der Weiche 3 steht und daher der Durchrutschweg dieser Einfahrt nicht bis zu dieser Weiche und damit in die Fahrstraße c reicht.
  • Signalfreigaben: Das Ausfahrsignal C wird für Hp 1 freigegeben. Wieso das Signal B zusätzlich in Haltstellung verschlossen wird, obwohl ja die Fahrstraße b schon ausgeschlossen ist, ist mir nicht klar.

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Als nächstes schauen wir uns die Fahrten am Gleis 2 der Gegenrichtung an. Hier gibt es in Piding, wie schon ein paar Mal erwähnt, die Besonderheit, dass für die Einfahrt von Hammerau her zwei Fahrstraßen vorgesehen sind – vermutlich ist sowas nur auf ganz wenigen mechanischen Stellwerken eingerichtet. Die Fahrt auf Hp 1 habe ich hier mit a2 bezeichnet, die Fahrt auf Hp 2 mit a2(60) – sie hat den verkürzten Durchrutschweg, der nicht bis zu Weiche 10 reicht:


Um die Ausschlüsse herauszufinden, brauchen wir allerdings wieder alle Fahrstraßen, die ich hier nun explizit eingezeichnet habe. Die drei Fahrstraßen, die uns interessieren, haben etwas dickere Pfeile bekommen:


Und los geht's, zuerst mit der "normalen Einfahrt" a2:
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung geriegelt, Weiche 10 im Durchrutschweg in Grundstellung gestellt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle Fahrstraßen außer der Ausfahrt e "in der Verlängerung" für die Durchfahrt (und natürlich der Fahrstraße a2 selbst) sind ausgeschlossen; die meisten mit besonderen Ausschlüssen, die Fahrstraßen am selben Bahnhofskopf in und aus Gleis 1 aber wegen anderer Weichenstellung ohne besonderen Ausschluss.
  • Signalfreigaben: Einfahrsignal A mit Hp 1 freigegeben.
Die Ausfahrt e am anderen Ende ist auch analog wie c:
  • Weichenstellung: Weiche 10 in Grundstellung gestellt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Alle Fahrstraßen am selben Bahnhofskopf ausgeschlossen; Ausfahrten am anderen Bahnhofskopf und die Einfahrt ins Gleis 2 für eine Durchfahrt erlaubt. Hier ist aber die Einfahrt ins andere Gleis 1 ausgeschlossen, weil ihr Durchrutschweg hinter dem Signal D in die Weiche 10 hineinreicht.
  • Signalfreigaben: Ausfahrsignal E mit Hp 1 freigegeben.
Zuletzt noch die besondere Einfahrt a2(60) mit 60 km/h auf Hp 2 ins durchgehende Hauptgleis 2:
  • Weichenstellung: Weiche 3 in Grundstellung geriegelt, aber Weiche 10 nun irrelevant.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Fast wie bei a2, nur sind nun die Einfahrt f1 aus der Gegenrichtung aufs Kreuzungsgleis und auch die Ausfahrt d daraus erlaubt. Die letztere Fahrt macht in der Praxis vermutlich kaum einen Sinn, aber die Einfahrt f1 erlaubt nun eben, Kreuzungen durchzuführen, ohne dass ein Zug vor einem Einfahrsignal warten muss – der ganze Sinn der Sache (außer dass momentan in Piding fahrplanmäßig nicht gekreuzt wird ...).
  • Signalfreigaben: Einfahrsignal A mit Hp 2 freigegeben, wegen des verkürzten Durchrutschweges von 100 m.
Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Einfahrt und Ausfahrt für Gleis 1 in Richtung Freilassing sind jetzt sicher schon klar. Hier ist das Diagramm dazu:


Und hier die Aufstellung der Ausschlüsse zuerst für die Einfahrt f1:
  • Weichenstellung: Weiche 10 gegen die Grundstellung und geriegelt.
  • Fahrstraßenausschlüsse: Nichts anderes geht, außer der Einfahrt a2(60) in Gleis 2 mit kurzem Durchrutschweg für diese wichtige Kreuzungsmöglichkeit und einer nur theoretisch interessanten gleichzeitigen Ausfahrt c Richtung Hammerau. Die Ausfahrt b ist ausgeschlossen, weil am Gleis 1 keine Durchfahrten erlaubt sind.
  • Signalfreigaben: Natürlich Einfahrsignal F mit Hp 2 freigegeben.
Die Ausfahrt b auf der anderen Seite erlaubt keine anderen Fahrten am gleichen Bahnhofskopf (schließt also alles mit a und c aus), aber auch die Einfahrt f1 ist wegen verbotener Durchfahrt und die f2 wegen überlappendem Durchrutschweg ausgeschlossen. Nur die Ausfahrten d und e könnten gleichzeitig stattfinden:

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020

Zuletzt fehlen noch die Einfahrt a1 und die Ausfahrt d:


Die erstere ist zwar voll eingerichtet, aber wie besprochen wegen des Reisendenübergangs nicht einlegbar. Die Ausfahrt d ist ganz analog zur Ausfahrt b, nur "umgekehrt". Ich erspare mir die nun schon eher telefonbuchartige Aufzählung und denke, dass jeder, der die obigen Anmerkungen mit Freude durchgelesen hat, nun auch mit Vergnügen selber die letzten Symbole zusammensammelt. Hier ist das Ergebnis:

Ausschnitte des Verschlussplans, Piding, Juli 2020


Und damit belasse ich's mit diesem Plan, und diesem Bahnhof!

Wenn man bedenkt, dass dies fast der kleinstmögliche Plan für einen Durchgangsbahnhof ist (die eine Besonderheit der kurzen Einfahrt macht ihn ein wenig "größer"), dann ist das schon ein enormer Planungs- und Denkaufwand, den man hier treiben muss, damit das alles vom Konzept her sicher ist; gar nicht zu denken an den realen Bau der Anlagen, innen wie außen, die diese Regeln dann sicherstellen müssen. Und das musste und muss für alle Bahnhöfe durchprojektiert werden, die irgendwann einmal Stellwerke erhalten haben oder erhalten werden.

Nächstens dann Fotos von anderen Formsignalen, darunter einem weiteren, das erst 2016 aufgestellt wurde.

Sonntag, 11. Oktober 2020

Sicherungstechnische Pläne von Piding - Verschlussplankopf, 2020

Hier ist, nach Lage- und Hebelplan, der Verschlussplan von Piding, in voller Schönheit (Klick öffnet ein etwas größeres Bild):

Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Wie liest man soetwas? – und, für Wagemutige oder Fachleute, wie erstellt man so etwas? Ich werde im Folgenden versuchen, (fast) alle Zeichen auf diesem Plan und vor allem ihre Aussage zu erklären. Das wird sicher eine Menge Text und einige Bilder erfordern – aber vielleicht freut sich der eine oder andere drüber, das einmal im Detail zu sehen. Piding ist ein extrem kleiner Bahnhof mit nur zwei Weichen, daher kann man hier viele Dinge nicht zeigen, die es in größeren Bahnhöfen gibt: Es gibt schon einmal keine Flankenschutzweichen und keine Gleissperren, und solche Dinge wie Zwieschutzweichen oder Zwischensignale fehlen natürlich auch. Trotzdem – es gibt genügend zu sehen.

Ich werde den Plan von oben nach unten erklären und beginne daher mit den eher chaotischen Anmerkungen und Symbolen über dem eigentlichen Verschlussplan – die eigentliche Verschlusstafel kommt erst zum Schluss.

Als erstes sieht man im Kopf eine Anmerkung zu den zugelassenen Durchfahrten: Nur bei Fahrten über Gleis 2 können jeweils Ein- und Ausfahrsignal zugleich auf Frei gestellt werden. Insofern ist Piding für mechanische Stellwerke typisch geplant: Durchfahrten sind nur auf dem durchgehenden Hauptgleis möglich, nicht aber am Hauptgleis 1, das nur für Kreuzungen (oder, theoretisch, auch für endende und beginnende Züge) verwendet werden kann. Interessant sind die angegebenen Endpunkte der Strecke, nämlich Freilassing und Bad Reichenhall: Das sind nicht die Nachbarbahnhöfe – es sind die Endbahnhöfe der Hauptbahn mit der Streckennumer 5740; während die Strecke von Bad Reichenhall bis Berchtesgaden als Nebenbahn mit der Streckennummer 5741 klassifiziert ist.

Angaben zu Durchfahrten am Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Das nächste Bild zeigt die Symbole der Isolierschienen und Schienenkontakte, die die Auflösung der Fahrstraßenfelder bewirken. Die Auslösestellen liegen außerhalb der Weichen, sodass bei einer Einfahrt die Fahrstraße durch das Freifahren des Isolierabschnitts durch die letzte Achse des Zuges schon aufgelöst wird, wenn der Zug noch über die Weiche fährt. Das hat früher dazu geführt, dass – besonders bei längeren Fahrstraßen – bei zügigem Zurücklegen des Fahrstraßenhebels die Weichen unter dem Zug umgestellt werden konnten. Durch die Isolierung der Weichen wird das hier über die Hebelsperren an den Weichenhebeln verhindert:

Verbindungen für Fahrstraßenauflösung, Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Eine weitere Gruppe von Linien deutet die Verbindungen für den Streckenblock an – einerseits für den Felderstreckenblock zum Nachbarbahnhof Bad Reichenhall (mit Kürzel Br), andererseits zu den Isolierschienen für die Zugmitwirkung:

Verbindungen für Streckenblock, Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Darunter beginnt der eigentliche Verschlussplan. Seine erste Zeile nummeriert links die Hebelplätze von 1 bis 26, rechts die Plätze der Fahrstraßenhebel und Blockfelder von 1 bis 10. Fahrstraßenhebel und Blockfelder sind eigentlich übereinander angeordnet – hier sind sie aber nebeneinander dargestellt:

Hebel- und Felderplätze am Verschlussplan, Piding, Juli 2020

In der nächsten Zeile sehen wir unter der Überschrift "Signalhebel" die Ausrüstung der einzelnen Signale.
  • Ganz außen sehen wir die Ausfahrvorsignale Vc und Ve. Sie sind zweibegriffige Signale, weil bei ihnen (im Unterschied zu den Einfahrsignalen) auf der rechten Seite des Mastfußes kein Balken gezeichnet ist, der den Zusatzflügel darstellt. Das Symbol auf der linken Seite des Mastfußes bedeutet, dass dieses Signale mit einer elektrischen Scheibenkupplung ausgerüstet sind. Diese dient dazu, beim Zurückstellen eines Einfahrsignals auch das davor stehende Ausfahrvorsignal zurückfallen zu lassen, obwohl der Hebel im Stellwerk noch umgelegt ist – dadurch wird erreicht, dass das Vorsignal vor einem haltzeigenden Hauptsignal immer in Warnstellung steht.
  • Weiter innen sind die Einfahrsignale F und A mit ihren weit draußen stehenden Vorsignalen dargestellt. Die Einfahrsignale sind dreibegriffig (d.h. sie können Hp0, Hp1 und Hp2 zeigen) und daher zweiflügelig ungekuppelt; und die Vorsignale dazu haben einen beweglichen Zusatzflügel, der über den schwarzen Balken angedeutet ist. Beim Einfahrsignal A ist oberhalb des Flügels auch ein kleines "Dach" über dem waagrechten Flügel zu sehen, das ein Ersatzsignal symbolisiert. Außerdem ist dort wieder die Fußnote **) angeführt, die die Sperre der Fahrt ins Gleis 1 beschreibt.
  • In der Mitte sind die vier Ausfahrsignale mit ihrer Ausrüstung skizziert. Alle vier sind auch mit Ersatzsignalen ausgerüstet. Das Ausfahrsignal E am durchgehenden Hauptgleis 2 ist einflügelig (kann also Hp0 und Hp1 zeigen), und die Linie und das kleine Rechteck am Mastfuß bedeuten, dass es mit einer Flügelkupplung ausgestattet ist, sodass es beim Befahren der Isolierschiene vom Zug auf Halt "geworfen" wird.
  • Das Ausfahrsignal D am Kreuzungsgleis 1 daneben ist zweiflügelig gekuppelt (die schräge Verbindungslinie zwischen den beiden Flügeln deutet die feste Kupplung an), weil hier über die Weiche 10 in ablenkender Stellung ausgefahren wird. Es kann also Hp0 und Hp2 anzeigen. Als einziges Ausfahrsignal hat es keine Flügelkupplung. Die Regelung dafür ist die Folgende – nachzulesen z.B. in den Blockgrundsätzen auf www.blocksignal.de unter III. Streckenblockung, §8. Streckenblockung zweigleisiger Bahnen (obwohl hier zweigleisig steht, gilt die folgende Regel auch für eingleisige Strecken), Punkt (6):
  • Die Ausfahrsignale der Gleise, aus denen zwei hintereinander fahrende Züge auf dasselbe Signal ausfahren könnten, wenn das Signal nach der Ausfahrt des ersten Zuges vorschriftswidrig auf Fahrt stehen bliebe, sind mit elektrischer Flügelkupplung zu versehen, die bezweckt, daß der Signalflügel nach der Ausfahrt des Zuges selbsttätig in die Haltlage zurückkehrt. Elektrische Flügelkupplung erhalten hiernach alle für durchgehende Hauptgleise geltende Ausfahrsignale, sowie die Gruppen-Ausfahrsignale.
  • Das einflügelige Ausfahrsignal C am durchgehenden Hauptgleis 2 ist wie das Signal E der Gegenrichtung ausgestattet.
  • Beim zweiflügeligen gekuppelten Ausfahrsignal B am ersten Gleis schließlich ist der Geschwindigkeitsanzeiger für 20 km/h symbolisch dargestellt; und zusätzlich dahinter, und etwas "übermalt", eine Flügelstromkupplung! – die tatsächlich vorhanden ist (siehe auch die Bilder im ersten Posting zu Piding), aber nach der obenstehenden Regel eigentlich nicht nötig wäre. Warum ist sie trotzdem da? Keine Ahnung – vielleicht werden neue Formsignale nur mehr mit sowas ausgeliefert? Und hier sieht man noch einen Verweis auf eine weitere Fußnote *), deren Inhalt ich leider nicht kenne (versteckt sich der zugehörige, kürzere Text auch auf dem umgeschlagenen Teil des Plans?).
  • Unterhalb der Signalsymbole sehen wir wieder, wie schon bei der Zeichnung der Hebelbank, die Ausstattung der Signalhebel mit Hebel- und Unterwegssperren:

Signalsymbole am Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Zu den Fahrstraßenhebeln gibt es nicht viel zu sagen. Weil jeder von ihnen zwei Umschlagrichtungen (nach oben oder nach unten) hat, ist über die Kreuze oben angedeutet, dass hier je ein Hebel für zwei Fahrstraßen reicht. Bei den Bezeichnungen sieht man, dass bei den Signalen, die mehrere Fahrten erlauben, die Fahrtraßen unten mit der Gleisnummer ergänzt werden; und zusätzlich werden alle Fahrstraßen, die eine Fahrt auf Hp1 erlauben, mit einer hochgestellten 1 versehen:

Fahrstraßensymbole am Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Zuletzt hier noch ein Überblick über die Blockfelder:
  • In der untersten Zeile am folgenden Ausschnitt sind die Bezeichnungen der Felder angeführt: Ff für Fahrstraßenfestlegefeld, E für Endfeld, A für Anfangsfeld und Erl für Erlaubnisfeld.
  • In der obersten Zeile steht zweimal N für "Nachdrückklinke" (die Blocktasten können einem während des Blockens "aus der Hand rutschen", trotzdem kann man fertigblocken), beim Erlaubnisfeld zeigt das Rechteck einen "Verschlusswechsel" an (er erzwingt das Blocken des Feldes sogar bei Drücken ohne Induktorstrom, weil dadurch eine Blocksperre schon einen sicherheitsrelevanten Zustandswechsel vorgenommen hat).
  • Darunter sind die Blockfelder symbolisch gezeichnet: Ausgefüllter Kreis heißt "in Grundstellung rot" – das sind hier die Ff-Felder, weil sie die Signalhebel sperren und erst bei der Fahrstraßenfestlegung freigeben; weißer Kreis heißt "in Grundstellung weiß", hier die Felder der Streckenblockung. Ob ein Feld in Grundstellung ge- oder entblockt ist, sieht man am kleinen Pfeil daneben: Pfeil unten = geblockt, Pfeil oben entblockt. Die langen Pfeile bei den Ff-Feldern deuten auf eine verlängerte Druckstange hin, die mit der (komplizierten) Fahrstraßenfestlegesperre zusammenarbeitet. Ein kleines x bedeutet zuletzt "Hilfsauflösung" (wobei, wozu? Wir haben hier FHTs mit Zählwerken – wird auch damit gerechnet, dass die nicht funktionieren?)
  • In der nächsten Reihe sind die Symbole der Blocksperren angegeben: Fahrstraßenfestlegesperren unter den Ff-Feldern, Rückblockungssperre unter dem Endfeld, Erlaubnissperre mit Anfangssperre unter Anfangs- und Erlaubnisfeld.
  • Zuletzt sind hier noch die Signale angeführt, die die Signalwellen der Blocksperren antreiben. Bei der Anfangssperre sind das zwei verschiedene Signale, daher wird die Welle über nicht zwangsläufige Antriebe von beiden Signalschubstangen verdreht – eine Form des "logischen Oders" in einem mechanischen Stellwerk.

Blockfeldsymbole am Verschlussplan, Piding, Juli 2020

Und wieder wird mein Text so lang, dass ich die Beschreibung des eigentlichen Verschlussplans auf ein weiteres Posting verschiebe!

Sicherungstechnische Pläne von Piding - Lageplan und Hebelbank, 2020

Wie im letzten Posting zu Piding versprochen, möchte ich heute ein wenig genauer auf die sicherungstechnischen Pläne dieses Bahnhofs schauen – vielleicht ist ja der eine oder andere interessiert an all den Informationen, die man dort erkennen kann. Die Pläne hängen als Ausdruck der CAD-Zeichnung über der Hebelbank, und man kann darauf die drei grundlegenden Pläne erkennen, die für die Bediener des Stellwerks relevant sind:
  • Oben den sicherungstechnischen Lageplan,
  • rechts unten den Verschlussplan
  • und links unten der Aufriss der Hebelbank.

Sicherungstechnische Pläne, Piding, Juli 2020

Über diese Pläne hinaus gibt es natürlich eine Menge weiterer Pläne, vor allem natürlich Schaltpläne für alle elektrischen Einrichtungen; dann die sogenannte "Verschlussanordnung", wo u.a. die detaillierte Bestückung der Fahrstraßen- und Signalschieber mit den Verschlussstücken beschrieben wird (allgemeiner wird das bei Stellwerken manchmal als "Sperrenplan" bezeichnet), und dann weitere Detailpläne etwa zur Führung der Kabel und der Drahtzugleitungen oder zu den Details von Bahnübergängen.

Ich werfe nun der Reihe nach Blicke auf die drei Pläne.

Sicherungstechnischer Lageplan


Auf diesem Plan ist einerseits die genaue Lage der Gleise, Weichen, Signale, Bahnübergänge eingetragen. Zur Lagebestimmung enthält der Plan die Hektometerangaben der Strecke:


Die Standpunkte der Signale ergeben sich dabei aus vielen Randbedingungen, wie Gefahrpunktabständen und Durchrutschwegen oder Bremswegen. Prinzipiell könnte man diese Abstände aus physikalischen Formeln berechnen; in Deutschland sind aber die meisten dieser Distanzen je nach Streckenhöchstgeschwindigkeit fest vorgegeben (im Unterschied dazu werden etwa in Österreich m.W. die Vorsignalabstände für jeden Standort neu berechnet und können daher beliebige "unrunde" Werte annehmen). Die relevanten Distanzen sind ebenfalls im Plan eingetragen, wie man hier für das Einfahrsignal A sehen kann:


Dann sieht man auf diesem Plan viele weitere Einrichtungen "in der freien Natur", etwa die Lage von Kabelkanälen, Drahtzügen, Schalthäusern, der Lage des Stellwerks selbst (mit der Darstellung der Hebelbank – als schwarzer Balken – und dem Standpunkt des Bedieners – als schwarzer Punkt –), aber auch der Position des Empfangsgebäudes und anderer markanter Bauten, wie hier der nicht mehr verwendeten "Rampe":


Dann, und ganz wichtig, sind in dem Plan aber abstrakt die Fahrmöglichkeiten im Bahnhof eingetragen, als Teil dessen, was wann manchmal auch "Betriebsprogramm" nennt. Hier sieht man die entsprechenden Pfeile der Einfahr- und Ausfahrstraßen:



Interessant und außergewöhnlich für ein mechanisches Stellwerk ist, dass es in Piding zwei Einfahrstraßen ins Gleis 1 aus Richtung Hammerau gibt:
  • Bei der Fahrt a21 wird mit Streckenhöchstgeschwindigkeit auf Hp1 eingefahren,
  • bei der Fahrt a2(60) mit 60 km/h auf Hp2.
Der Grund dafür ist, dass bei der zweiten Fahrmöglichkeit der Durchrutschweg nur 100 m betragen muss; und weil das entsprechende Ausfahrsignal E beim Umbau um knapp 100 m zurückgesetzt wurde (genau deshalb, damit diese Fahrstraße sinnvoll ist) und damit der Durchrutschweg vor der Spitzenweiche 3 endet, ist nun zugleich eine Einfahrt von Bad Reichenhall in Gleis 1 möglich: Dadurch können bei Zugkreuzungen beide Einfahrsignale zugleich auf Frei gestellt werden, es muss also kein Zug warten. Diese Möglichkeit wird allerdings aktuell nicht ausgenützt, weil in Piding fahrplanmäßig keine Zugkreuzungen stattfinden; und die Schienen am Gleis 1 war bei meinem Besuch so verrostet, dass es offenbar auch keine außerplanmäßigen Kreuzungen gibt.

Auf dem Lageplan sind auch Angaben zum Gefälle vor den Einfahrsignalen vorhanden, aus denen sich eine eventuelle Verlängerung der Gefahrpunktabstände ergibt. Auf der Reichenhaller Seite hat sich allerdings jemand verrechnet oder verschrieben – 3 Promille sind 1:333 und nicht 1:133:


Darüber hinaus gibt es diverse Symbole an den Weichen, hier etwa an der Weiche 10 die Darstellung von Isolierstößen (die abgeknickten Linien), Ausstattung mit Riegeln, Gleisschaltmittel (hier zur Auflösung der Einfahrstraßen auf Signal f und der Ausfahrstraßen d und e1), der Drahtzugleitungen (die Linie parallel zu den Gleisen) und noch viel mehr, das ich jetzt übergehe:


Hebelbank


Der Plan der Hebelbank links unten gibt einerseits die wichtigsten Maße der Hebelbank an; insbesondere die Abstände der Trageisen sind für die Bauausführung wichtig, weil sie die großen Kräfte beim Umstellen der Hebel aufnehmen können müssen. Man sieht, dass im Bereich der Hebel die Träger unter der Decke genau unter der Aufständerung der Hebelbank verlaufen, sodass der Zwischenboden des Stellwerks nicht auf Biegung beansprucht wird.

Plan der Hebelbank, Piding, Juli 2020

Auf der Hebelbank sind die Hebel symbolisch dargestellt, und an den strichlierten Symbolen sieht man, dass schon viele Hebel hier abgebaut wurden. Vier Symbole verdienen es, dann man sie erklärt:
  • Erstens sind manche Hebel mit einem Bogen verbunden. Das kennzeichnet gekuppelte Hebel, die einerseits für Riegel verwendet werden, andererseits für dreibegriffige Formsignale.
  • Die als gekuppelt dargestellten Hebel für die Einfahrsignale sind allerdings tatsächlich Signalwinden, was über die oberhalb gezeichneten Kurbelsymbole und die Umschalter für die Kurbelrichtung gekennzeichnet ist.
  • Eine ganze Reihe von Hebeln ist mit einem größeren oder auch zusammengequetschteren H versehen – das kennzeichnet eine Hebelsperre, also eine elektromagnetische Sperre, die das Umlegen des Hebels (eigentlich schon das Ziehen der Handfalle) verhindert, wenn bestimmte Bedingungen nicht erfüllt sind. Der jeweilige Grund für die Sperren ist bei den Hebeln folgender:
    • Bei den Weichenhebeln sind die Gleisstromkreise angeschlossen (deren Symbole wir auf dem Lageplan gesehen haben), sodass sie bei besetzter Weiche nicht umgestellt werden können.
    • Bei den Ausfahrsignalen B und C Richtung Hammerau verhindert der Selbstblock über Hebelsperren bei belegter Strecke das Freistellen.
    • Auf der gegenüberliegenden Seite werden sowohl das Einfahrsignal F wie die Ausfahrsignale D und E bei offenen Schranken des Bahnübergangs gegen Freistellen gesperrt.
    • Zuletzt haben auch die Ausfahrvorsignale Hebelsperren, die (wohl) die Hebel nur freigeben, wenn sowohl das Einfahrsignal, wo das Vorsignal steht, wie auch das zugehörige Ausfahrsignal in Freistellung sind.
  • Zuletzt sind die Signalhebel der Hauptsignale mit einem U für "Unterwegssperre" markiert: Diese Sperre (mit den leicht erkennbaren "Zähnen" an den Seilrollen) verhindert, dass ein Signalhebel nur teilweise zurückgelegt wird und damit ein weiteres Mal freigestellt werden könnte:

Plan der Hebelbank, Piding, Juli 2020

Neben der Hebelbank ist der Blockaufsatz dargestellt:
  • Die unterste Reihe zeigt die Fahrstraßenhebel.
  • Darüber sind die Blockfelder aufgezeichnet: Links die beiden Fahrstraßenfestlegefelder mit zwei Leerplätzen dazwischen, rechts die drei Felder des Felderstreckenblocks Richtung Bad Reichenhall. Über den Blockfeldern sieht man die Symbole der mechanischen Blocksperren, die sich tatsächlich unterhalb der Fahrstraßenhebel befinden.
  • Oberhalb der Blockfelder sind verschiedene Einrichtungen wie FHT (Fahrstraßenhilfstasten zur Auflösung von Fahrstraßen bei Störungen, mit angedeuteten Zählwerken), WUT (Weckerunterbrechungstasten) und Spiegelfelder zur Anzeige einiger Signalstellungen skizziert.
  • Rechts neben dem Blockapparat kennzeichnet schließlich ein Rechteck das "Stell- und Meldetafel für Selbstblock und Ersatzsignale":
  • Und süß ist die kleine Kurbel, die rechts an das Blockwerk gezeichnet ist ...

Plan des Blockapparats, Piding, Juli 2020

Übrigens ist bei der Fahrstraße a1 eine Anmerkung **) angeführt, die auf dem Plan rechts unten erklärt wird – nur leider ...

Fußnote, Piding, Juli 2020

... ist der Plan hier umgeschlagen: Hier steht, dass das Einlegen dieser Fahrstraße durch ein Sperrstück verhindert wird. Der Grund dafür ist wohl, dass bei einer Einfahrt von Hammerau in Gleis 1 der Fußgängerübergang beim Signal B nicht gesichert werden kann; die Einrichtung eines Schrankens oder einer anderen Sicherungsanlage war zu teuer, eine freizügige Auswahl des Kreuzungsgleises ist aber nicht nötig: Eine Kreuzung mit Einfahrt aus Hammerau in Gleis 2 und aus Bad Reichenhall in Gleis 1 reicht.

Daher ist übrigens auch auf der Signalwinde für das Einfahrsignal F nur mehr das Gleis 2 erwähnt – einmal mit der kurzen Einfahrt als "Gl.2 kz." und dann mit der Einfahrt mit langem Durchrutschweg als "Gl.2". Auf dem Schildchen ist aber links Platz gelassen für eine spätere Ergänzung von "Gl.1" – die allerdings nie mehr kommen wird, weil schon 2022 ein ESTW auch dieses Stellwerk ersetzen soll:

Schildchen der rechten Signalwinde, Piding, Juli 2020

Hier mache ich nun doch Schluss für heute: Denn der viel abstraktere Verschlussplan verdient, mit all seinen Symbolen und seiner Logik, ein eigenes Posting.

Donnerstag, 24. September 2020

Ein (fast) fabriksneues Formsignal in Piding, 2020

Hier sind ein paar Aufnahmen von Signalen und Stellwerk in Piding, südlich von Freilassing an der Strecke nach Berchtesgaden. Mein erstes Foto ist eher mäßig – es zeigt, hinter vertikalen Lichtmasten, das freistehende Ausfahrsignal E mit der ausfahrenden S-Bahn Richtung Bad Reichenhall:

Ausfahrsignal E, Piding, Juli 2020

Piding bekam 2016 einen Mittelbahnsteig, und dafür mussten die Gleise verlegt und Signale versetzt werden.

Bahnhof, Piding, Juli 2020

Unter anderem wurde eine nagelneues Form-Ausfahrsignal am Gleis 1 knapp vor dem neuen Fußgängerübergang errichtet. Nach damaligen Vorschriften (so wurde es mir im Drehscheibe-Online-Forum erklärt – man muss nach den zielführenden Antworten etwas suchen) wurde dabei auch eine Beschränkung auf 20 km/h vorgeschrieben. So sieht dieses Signal aus:

2016 errichtetes Ausfahrformsignal B, Piding, Juli 2020

2016 errichtetes Ausfahrformsignal B, Piding, Juli 2020

2016 errichtetes Ausfahrformsignal B, Piding, Juli 2020

2016 errichtetes Ausfahrformsignal B, Piding, Juli 2020

In einem folgenden Posting werde ich weiteres ziemlich neues Formsignal zeigen – man fragt sich: Ist Deutschland das einzige Land, wo noch neue Formsignale errichtet werden? Ich habe mich im britischen Signalbox-Forum einmal erkundigt, wie es dort mit den jüngsten "Semaphores" aussieht – und tatsächlich: Auch dort werden noch immer Formsignale neu aufgestellt. Ein Beispiel, das mir genannt wurde, ist die Henwick Signalbox in Worcester, wo 2018 ein neuer Semaphor aufgestellt wurde. In Putbus wurden allerdings offenbar erst heuer neue Formsignale errichtet, damit ist "Deutschland vorn" – aber die Briten schlafen sicher nicht!

Aber zurück nach Piding. Hier sind einige Bilder aus dem Stellwerk. Zuerst ein Bild der ganzen Anlage, mit Hebelbank und Blockapparat:

Hebelbank, Piding, Juli 2020

Auf den folgenden Bildern zeige ich einzelne Teile des Stellwerks. Im nächsten Posting will ich dann einen neugierigen Blick auf den Plan werfen, der – nicht ganz gerade – auch hier über der Anlage sozusagen als Bedienungsanleitung hängt.

Ich beginne mit der Hebelbank von links. Piding hat mittlerweile nur mehr ein einzelnes Kreuzungsgleis, das heißt, es sind gerade einmal zwei Weichen nötig, zusätzlich zu den sechs Hauptsignalen (zwei für die Einfahrten, vier für die Ausfahrten). Hier sieht man das linke Ende der Hebelbank, mit den beiden Weichenhebeln und jeweils links daneben den beiden dazugehörigen Riegelhebeln:

Hebelbank, Piding, Juli 2020

Die Weichennummern lassen erkennen, dass der Bahnhof früher viel mehr Gleise gehabt haben muss: Die äußerste Spitzenweiche hat die Nummer 10! Ihre Riegel tragen die römischen Nummern VII und VIII:

Weichen- und Riegelhebel der Weiche 10, Piding, Juli 2020

Die heutige Spitzenweiche auf der anderen Seite ist die Weiche 3, mit den Riegeln II und III:

Weichen- und Riegelhebel, Piding, Juli 2020

Unterhalb des Trageeisens der Hebelbank erkennt man die Kuppelrollen für den Riegel, der hier die Plusstellung der Weiche riegelt:

Weichen- und Riegelhebel, Piding, Juli 2020

Hier ist ein Detailfoto von der Rückseite der Hebel, wo man die 5mm starken Drahtseile und die Antriebe der Verschlussbalnken im Schieberkasten an denHebeln der Weiche 10 sieht:

Hebelrückseiten, Piding, Juli 2020

Ein Bild traue ich mich vom Schieberkasten zu zeigen – es spiegelt leider sehr, aber man kann immerhin den gesenkten mittleren Verschlussbalken des Riegels VII erkennen:

Schieberkasten, Piding, Juli 2020

Danach kommt die Reihe der Signalhebel beziehungsweise, für die Einfahrsignale A und F, Signalwinden:

Signalhebel und -winden, Piding, Juli 2020

Signalhebel und -winden, Piding, Juli 2020

Am Gleis 2 stehen die Ausfahrsignale E und C, die für Durchfahrten mit den Ausfahrsignalen Ve und Vc vorsignalisiert werden: Vc steht dafür beim Einfahrsignal F und Ve beim Einfahrsignal A, und so sind auch die Hebel angeordnet. Für die Vorsignale der Einfahrsignale gibt es keine eigenen Hebel, da diese, wie in Deutschland sehr häufig, mit ihren Hauptsignalen gemeinsam gestellt werden:

Signalhebel und -winden, Piding, Juli 2020


Auf diesem Bild sieht man, dass alle Signalhebel mit Ausnahme der Signalwinde für A Hebelsperren haben. Welchen Zweck diese Sperren jeweils haben, ist mir nicht klar:

  • Bei den Vorsignalen könnte erreicht werden, dass ein Umlegen des Hebels nur möglich ist, wenn sowohl das jeweilige Ausfahrsignal wie auch das Einfahrsignal am Standort des Vorsignals auf Frei stehen (aber wird das nicht mechanisch über die jeweiligen zwei Signalschieber erreicht?).
  • Beim Einfahrsignal F könnte der Grund die Deckung des Bahnübergangs sein, d.h. das Signal kann nur freigestellt werden, wenn der Schranen geschlossen ist.
  • Bei den Ausfahrsignalen Richtung Hammerau ist es wohl die Sperre durch den Streckenblock (bei fehlender Richtung oder bei belegter Strecke).
  • Bei den Ausfahrsignalen Richtung Reichenhall, wo noch Felderstreckenblock besteht, könnte der Grund wie beim Einfahrsignal F die Sicherung des Bahnübergangs sein:
 
Signalhebel und -winden, Piding, Juli 2020

Die folgenden Bilder zeigen die Signalwinde des Signals F etwas näher:

Signalwinde für Einfahrsignal F, Piding, Juli 2020

Signalwinde für Einfahrsignal F, Piding, Juli 2020

Signalwinde für Einfahrsignal F, Piding, Juli 2020

Unter dem ganz rechten Signalhebel für das Ausfahrvorsignal Ve hat der Hersteller sein Fabriksschild angebracht:

Vorsignalhebel, Piding, Juli 2020

Fabriksschild, Piding, Juli 2020

Der Blockapparat enthält links die beiden Fahrstraßenfestlegefelder und rechts die Felder für den Streckenblock Richtung Bad Reichenhall. Richtung Hammerau ist der Felderstreckenblock schon ersetzt, daher fehlen hier die Blockfelder:

Blockapparat, Piding, Juli 2020

Unter dem Blockapparat befinden sich die Fahrstraßenhebel und Blocksperren:

Fahrstraßenhebel und Blocksperren, Piding, Juli 2020

Für die Blockbedienung Richtung Hammerau und die Bedienung der Ersatzsignale dient dieses kleine Pult, das am Blockapparat angebaut ist:

Stell- und Meldetafel für Selbstblock und Ersatzsignale, Piding, Juli 2020

Über dem linken Blockapparat ist ein riesiger Kasten für bis zu 24 Bedienungstasten angebracht, in dem sich aber grade mal eine verlorene Weckerunterbrechertaste (WUT) befindet – ich kann allerdings nicht entziffern, welcher Wecker damit unterbochen werden kann:

Blockapparat, Piding, Juli 2020

Damit belass ich's einmal – im nächsten Posting zeige ich noch ein paar sonstige Einrichtungen am Stellwerk und werfe, wie gesagt, einen Blick auf den sicherungstechnischen Plan.